Dem VdZ gegenüber wurde einmal geäußert, er lebe "in ständiger idealistischer Selbstüberforderung". Natürlich war das als Vorwurf gemeint, der ihn nicht nur endgültig entwaffnen weil bis auf die Knochen bloßstellen sollte, sondern aus dem definitiven Grund heraus, daß der VdZ eigentlich überhaupt nichts weiter zu äußern habe, weil er eines nicht treffe: Die Realität. Während der Kläger ihn durchschaut und an Einsicht übertroffen habe.
Nun mag das nicht nur die Rede eines Jorge Bergoglio sein, sondern der VdZ weiß schon: Es ist die Rede einer ganzen Generation der Priesterschaft (und der Dunstkreis des Klägers ist eine solche), die einen eigentümlichen Begriff von "Realität" und "Realismus" hat. Einen Begriff, der damit meint, daß sich alles "auf sich selbst zurücksetzen" könne, nein müsse, um so fern jeder Selbstüberspannung, eben: entspannt, der Gegenwart zu begegnen.
Das ist aber ein großer Fehler. Es ist der Fehler, den Ortega Y Gasset meint, wenn er schreibt, daß der Mensch in seinem Wesen "utopisch" ist. Damit meint Y Gasset nämlich nicht, daß er sich ständig "überfordern" und nie "er selbst sein" soll, sondern daß dieses Hinausspannen auf etwas, das den Menschen übersteigt, nicht nur dem Wesen aller Dinge entspricht - in der Selbsttranszendierung auf einen Ort hin, auf ein Ideal hin (ohne daß es mit Idealismus etwas zu tun hätte, denn Idealismus ist wiederum etwas völlig anderes als das Hinspannen auf eine Idee) - daß also dieses Hinspannen erst und überhaupt bewirkt, daß etwas es selbst IST.
Was sich nämlich nicht auf die Idee von ihm (vereinfacht gesagt) hinspannt, IST überhaupt nicht. Leben ist ein Hinspannen auf etwas Übersteigendes. Wer sich nicht "idealistisch selbst überfordert" lebt also nicht, sondern ist tot.
Es gibt dagegen leider den Gebrauch, "Realismus" und Leben als ein "auf sich selbst zurücksetzen" zu sehen. Er ist überall weit verbreitet, drückt sich in dem ziemlich dummen Sätzchen "So bin ich eben" am plakativsten aus, und hat vor allem bereits Generationen von Künstlern auf dem Gewissen. Die Wirklichkeit und Realität damit verkürzen, daß sie der Gegenwart ihr eigentliches Lebensmoment, den des Hinausspannens auf ein Morgen, auf eine Utopie, auf eine Idee, abschneiden. Das Ergebnis ist nicht aber ruhige Selbstgewißheit aus der solcherart definierten Gegenwart hinaus - denn eine Gegenwart als statischen, zeitlichen Moment gibt es gar nicht, kein Mensch hat sie je gesehen - sondern ein Abschlaffen im Sinne eines Zurücksteigens, eines Degradierens, also einer Minderung.
Nimmt man den Dingen (als allem, was es da als Welt und in Welthaftigkeit gibt) ihre Spannung auf eine Idee hin, nimmt man ihnen ihre Gegenwart, man nimmt ihnen buchstäblich ihr Sein. Denn wie schon Thomas v. Aquin sagt, ist das Sein ein Actu, ein Aktivum. Oder es ist nicht. Es ist eine Tätigkeit, kein ruhendes "eben so und so sein". Und diese Tätigkeit besteht für alles Lebende darin, daß es, auf daß es überhaupt lebe, sich nach der Idee von sich ausstrecke.
Ein "Sei Du selbst" ohne Telos, ohne Ziel, ohne etwas auf das sich der Mensch hinstreckt, ist nicht nur "schwierig" (weshalb sich ja alle Menschen, die diese "Philosophie" von sich behaupten ständig so anstrengen müssen, was sie auf "die Gesellschaft", die "Tradition", den "Konservativismus" etc. zurückführen), es ist überhaupt unmöglich. Wer das OBEN (Ideal, Idee) aber ablehnt, das Bessere, auf das er sich hinstreckt, streckt sich nach dem Unteren. Er bleibt also nicht "in der Gegenwart" (im Realismus) stehen, nein, seine Utopie ist lediglich das Vernichten-Sollende als Ziel. Denn des Menschen Gegenwart ist lediglich der Punkt des "auf dem Weg seins" - hierhin oder dorthin - liegt in seiner Freiheit.
Ein "Sei Du selbst" ohne Telos, ohne Ziel, ohne etwas auf das sich der Mensch hinstreckt, ist nicht nur "schwierig" (weshalb sich ja alle Menschen, die diese "Philosophie" von sich behaupten ständig so anstrengen müssen, was sie auf "die Gesellschaft", die "Tradition", den "Konservativismus" etc. zurückführen), es ist überhaupt unmöglich. Wer das OBEN (Ideal, Idee) aber ablehnt, das Bessere, auf das er sich hinstreckt, streckt sich nach dem Unteren. Er bleibt also nicht "in der Gegenwart" (im Realismus) stehen, nein, seine Utopie ist lediglich das Vernichten-Sollende als Ziel. Denn des Menschen Gegenwart ist lediglich der Punkt des "auf dem Weg seins" - hierhin oder dorthin - liegt in seiner Freiheit.
Was also als tödliche Waffe in dem erwähnten Vorwurf gemeint war, ist in Wahrheit eine erschütternde Selbstaussage eines Todes, den zu sterben der VdZ lieber noch einige Jahre oder Jahrzehnte hinausschieben wollte. Der aber leider, und zwar wirklich: leider enorm viele Menschen befallen hat.* Die meinen, es gäbe diesen Stuhl, auf den zurückzusetzen "Gegenwartsbezogenheit" und "Realismus" wäre. Aber ein solches Zurücksetzen gibt es nicht. Es würde Tod, also: nicht mehr leben bedeuten.
Damit also etwas "realistisch" sein kann, muß es sich nach sich selbst ausspannen, um sich so, in diesem eigentümlichen Tod den das Sein als Zustand bedeutet, in die Welt zu aktualisieren. Als Frucht einer Gnade, die nicht verdient, aber umso realer ist. In der Gegenwart leben heißt nämlich genau das: In der Gnade des Teilhabens am Sein zu leben, das je neu in die Welt hereinplatzt.
Wenn die Kirche diese Sichtweise in vielen Fällen aufgibt, wird sie nicht zu einer "realistischeren Kirche", die also vermeintlich barmherziger wäre, weil sie nicht ständig "überfordere", oder an den anderen Forderungen stelle, die dieser nie erfüllen könne, sondern sie wird zu einer nicht mehr vorhandenen Kirche. Weil sie das Wesen der Weltwerdung nicht nur verfehlt, sondern durch das Wesen der Nichtung ersetzt.
*Im Besonderen hat es nicht nur die Kirche in Gestalt zahlloser "Seelsorger" befallen, sondern auch die Kunst, namentlich vor allem die Filmbranche, die Schauspielerei. Die durch diesen Verlust jeder Spannung, durch diesen vermeintlichen "Realismus" buchstäblich vor die Hunde geht und notgedrungen die Häßlichkeit - als das inkarnierte Ahnen des Nichts - zum Ideal erhoben hat. Also ohne es zu wissen erst recht eine Hinspannung lebt, aber diesmal als Hinspannung ins Nichts.
Wer etwa die Filme eines Ulrich Seidl oder Andreas Prochaska gesehen hat, weiß, was gemeint ist. Interessanterweise weiß der VdZ aus persönlicher Erfahrung, daß genau dieses Ziel aber nie erreicht wird, weil gar nicht erreichbar ist, so daß an seine Stelle, also an die Stelle des Realismus, tatsächlich das Ziel des Häßlichen eintritt. Vor dem man dann fallweise doch wieder zurückschreckt (Prochaska; Seidl geht da brutal drüber, denn "Wahrheit ist ja zumutbar", und diese Realität sei ja die "Wahrheit" - nein, ist sie nicht!), und so weiter, und so fort. In Wahrheit weiß keiner dieser Generation von "Künstlern" und "Realitätssuchern", was sie tun.
*Im Besonderen hat es nicht nur die Kirche in Gestalt zahlloser "Seelsorger" befallen, sondern auch die Kunst, namentlich vor allem die Filmbranche, die Schauspielerei. Die durch diesen Verlust jeder Spannung, durch diesen vermeintlichen "Realismus" buchstäblich vor die Hunde geht und notgedrungen die Häßlichkeit - als das inkarnierte Ahnen des Nichts - zum Ideal erhoben hat. Also ohne es zu wissen erst recht eine Hinspannung lebt, aber diesmal als Hinspannung ins Nichts.
Wer etwa die Filme eines Ulrich Seidl oder Andreas Prochaska gesehen hat, weiß, was gemeint ist. Interessanterweise weiß der VdZ aus persönlicher Erfahrung, daß genau dieses Ziel aber nie erreicht wird, weil gar nicht erreichbar ist, so daß an seine Stelle, also an die Stelle des Realismus, tatsächlich das Ziel des Häßlichen eintritt. Vor dem man dann fallweise doch wieder zurückschreckt (Prochaska; Seidl geht da brutal drüber, denn "Wahrheit ist ja zumutbar", und diese Realität sei ja die "Wahrheit" - nein, ist sie nicht!), und so weiter, und so fort. In Wahrheit weiß keiner dieser Generation von "Künstlern" und "Realitätssuchern", was sie tun.
*120918*