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Samstag, 6. Oktober 2018

Der Samstag-Nachmittag-Film

Ob es etwas mit dem Dritten Reich zu tun hat, ist eine ganz andere Frage als die, ob es sich hier um einen großartigen Film handelt oder nicht. Diese Frage ist eine, die sich entlang der Archetypen entscheidet, die Kunst ausmachen - oder nicht. Eine Irrtumsweiche, an der sowohl plumpe "Deutschankläger" scheitern wie "Deutschverteidiger".

Der Leser möge selbst sein Urteil fällen, wonach er sich entscheidet. Tatsache bleibt, daß wir es hier mit hochinteressanten Fragen zu tun haben. Und mit ganz bemerkenswerten schauspielerischen Leistungen. Allen voran - Spencer Tracy in der Rolle des Richters. Ihm folgen der offenbar untrennbar von der amerikanisierenden Krankheit zu denkenden Richard Widmark, also leider blaß wie immer, einer aber wunderbar berührenden Marlene Dietrich, sowie einem beeindruckend nuancierten Maximilian Schell.

Es geht aber immer um allgemeine Fragen. Davon zu distanzieren sollte zur Bildung gehören. Seine konkrete Hineinweisung ist eine ganz andere Frage. Diesen Horizont muß der Seher also imaginieren, als vorgestellte oder - und das ist wichtig - vorzustellende weil gewollte Sinnhorizontale. Ob alles historisch wirklich so war, ist eine ganz andere Frage als der Film vorgeben könnte. Und - so darf man keinen Film sehen: Als Dokumentation. Ein Spielfilm ruft nur Archetypen auf. Ihre konkrete Gestalt (die nur Geschichte sein kann, und zwar immer) ist ein ganz anders Problem.

Das Link zum gesamten Film ist unsicher, der Leser möge es versuchen. Aber wenn es nicht funktioniert, wird er sich (leider) von Teil zu Teil auf Youtube klicken müssen. Dessen erster Teil hier vorgestellt wird. 

Leider, freilich, verläßt der Film gegen Schluß hin geistige Fragestellungen, Tragödie also, geht über zu "realen" Beurteilung der Fragen um Hitler-Deutschland, und versucht doch politisch zu werden, also aktuell als Zeitfigur zu wirken. Das ist schde, das hätte er nicht notwendig gehabt. Die Frage um den Nürnberger Prozeß als schweres Unrecht, allem zum Trotz, ist da auch damit nicht erledigt, sie ist bestenfalls vertagt und als eine nächste zu eröffnende dargestellt.

Denn wie man es auch dreht und wendet, Pädagogik zerstört jeden Film - und damit auch jede kathartische Wirkung. Weil man den Betrachter aus der Identifikation reißt und in den Voluntarismus schiebt. Hat man es aber tatsächlich nicht geschafft, künstlerische Wahrheit mit historischer Wahrheit in eins zu bringen, dann sollten sich die Filmemacher (und wir geneigter Leser, die wir aber die Antwort doch kennen, oder?) ihren Kopf zerbrechen, ob es überhaupt eine politische Aussage geben kann, die nicht dem Wahrheitsboden der (archetypischen!) Kunst entspricht.

Kunst hat nämlich immer recht. Und schon gar rechter als die Absicht, eine Deutung vorzuschreiben. Hat sie nicht rechter, ist sie keine Kunst.







*280718*