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Freitag, 19. Oktober 2018

Warum Kinder gar kein Geld kosten (2)

Teil 2) Die Folgen sind vielfältig und furchtbar




Umso mehr ist das Ergebnis der Untersuchung eine kaum zu überschätzende Anregung für die Gesetzgeber, sich endlich einmal mit dem Thema unter realistischeren Bedingungen auseinanderzusetzen, als das bisher geschieht. Und erst so wichtig wurde, als Ende der 1960er Jahre die Scheidungsraten sprunghaft, nach fast weltweiter Einführung einer "einvernehmlichen Scheidung" sogar auf die dreifache Höhe anstiegen. So daß sich die Gesetzgebung gezwungen sah Regelungen einzuführen, für deren Kostenaspekte man aber kaum tragfähige Daten hatte. Also ging man von hypothetischen Annahmen aus, und rechnete einfach mit Durchschnitten aus den Aufwendungen bestehender Haushalte, die man für weitere Personen weiterrechnete. Die Studie legt nahe, daß diese Annahmen über Ausgaben, Fiktion sind und in der Realität nicht getätigt werden. Die Praxis der Menschen ist anders.

Die Kosten für Kinder vor allem hat man damit bei weitem zu hoch angesetzt. Bei Haushalten mit Ehepaaren um das Doppelte, bei Singlehaushalten sogar um bis zum Vierfachen, als der Realität entspricht. Bei Haushalten mit niedrigem Einkommen um 300 Prozent, bei solchen mit mittleren und höheren Einkommen sogar um 400 Prozent.

Damit hat man aber für viele, ja die meisten Unterhaltspflichtigen, im Scheidungsfall sehr oft existentielle Notlagen geschaffen, während die Unterhaltszahlungen trotzdem nicht bzw. nicht ganz geleistet werden können. Alleine in den USA betragen deshalb die Unterhaltsrückstände 120 Milliarden Doller, und sind auch in unseren Ländern vergleichbar hoch. Weil die bis heute verwendeten hypothetischen Ansätze Zahlungspflichten ergeben, die von einem Durchschnittsverdiener oft nicht zu bewältigen sind. 

Die heutigen Unterhaltssysteme haben also einen eigentlich nicht zu rechtfertigenden "Profitfaktor", der auf Kosten der Unterhaltszahler geht. Und er nicht nur die Situation zwischen den Geschiedenen und den Kindern betrifft, sondern einen ganzen Rattenschwanz an weiteren Profiteuren weil Kostenfaktoren - nicht zuletzt die Gerichte!** - nach sich ziehen.

Diese Rückstände aber sind keineswegs einfach dem Unwillen der Zahler zuzuschreiben! Vielmehr spüren die genau, daß sie mit ihren Unterhaltsleistungen nicht einfach nur die Kosten abdecken, sondern per Gesetzesverpflichtung den Geldempfängern auch noch ein "finanzielles Zuckerl" lassen müssen. Damit entsteht Unwille, zurecht! Und das Klima zwischen den Eltern wird erheblich belastet. Weil der Geldempfänger (in 90 Prozent der Fällen die Frau) sich zu diesem Körberlgeld auch noch berechtigt sieht. 

Deshalb wäre es höchste Zeit, daß die Unterhaltshöhen den wirklichen Kosten angepaßt werden. So wie es höchste Zeit wäre, die in unseren Gesetzen festgeschriebene "beiden Seiten adäquate Lebensweise" nicht einfach nur zugunsten der Zahlungsempfänger auszulegen. Denn ein Alimentezahler kann oft (und gerade in unteren bis mittleren Einkommenslagen) jenen Lebensstandard, den er der anderen Seite ermöglichen muß, weil seinem vom Gericht festgestellten Einkommen nach "selbst hat", bei weitem nicht erreichen.

Das alles kommt davon, daß weil es bislang niemand "besser wußte" (oder wissen wollte) und weil das Thema in jedem Fall emotional hoch besetzt ist, hat auch niemand offenbar darüber ernsthaft einmal nachgedacht.* Es stellt sich aber nun die dringende Frage, ob man damit nicht enorm viele Unterhaltspflichtige komplett ungerechtfertigt in eine oft so unbewältigbare Lage gebracht hat*** und ob damit nicht so viel Unfriede in diese meist ohnehin schwierigen Situationen getragen wurde.

In den USA hat sich jedenfalls bereits eine Bewegung formiert, die die gesetzliche Neuregelung dieser Angelegenheit zum Ziel genommen hat, die nur deshalb so viel Leid verursacht, weil niemand die Realität anschauen will.







*Die Scheidungs- und Unterhaltsgesetze gehen interessanterweise nach wie vor einerseits zwar von moderner Gleichheit im Scheidungsfall, in den daraus erwachsenden Folgen aber immer noch von der früheren Annahme aus, daß die Frau (mit den Kindern) der schwächere Teil ist, den es zu schützen gilt. Was zwar richtig ist, auch "unter moderneren Bedingungen", aber nur dann erfüllbar sein kann, wenn dies auch in der Frage der Rechte und Pflichten beider VOR der Scheidung gälte.

**Die ständig erhöhten (weil den angeblich steigenden, fiktiven Kosten der Kinder angepaßten) Alimentezahlungen sind für Alimentepflichtige enorme Belastungen, weil jedesmal hohe Gerichts-, bei Rekursen auch Anwaltskosten anfallen.  Denn überall, auch in den USA, werden die Alimente gemäß dem "Anspannungsgesetz" einer fiktiv berechneten "Soll-Einkommenssteigerung" des Alimentezahlers angepaßt, gegen das zuweilen Einspruch zu erheben ist, weil auch hier oft nicht realen Einkommensperspektiven entsprochen wird. In den USA ist das ein Business aus enger Zusammenarbeit von Richtern, Anwälten, Sachverständigen etc., das ein jährliches Volumen von 50 Milliarden Dollar umfaßt.

***Nach einer Studie aus dem Jahre 2001 fallen alleine in Österreich jährlich 1600 weitere unterhaltspflichtige Geschiedene in die Obdachlosigkeit, sind jedenfalls nicht existenzfähig.






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