Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 18. Oktober 2018

Nur ist das nicht das Problem, um das es geht

Die Schwierigkeit, die sich mit einem Konzern wie Bayer, der unlängst den Agrarriesen Monsanto kaufte, ergibt, liegt nicht darin, daß den Führungskräften dieser gigantischen Kapital- und damit Bewegungs- und damit Machtkonzentration ethische Mängel nachgesagt werden können. Was im Einzelfall sicher zutrifft, bewegt sich im großen Ganzen auch bei diesen Wirtschaftskapitänen und Geldanlegern im selben Bereich fallweiser menschlicher Schwäche wie bei jedem anderen Menschen. Auch glaubt der VdZ nicht an die Gefährlichkeit von "Glyphosat", nicht generell, und glaubt eher den Stimmen, die bei verantwortetem Einsatz dieses Allround-Pflanzenschutzmittels seine immensen Vorteile (und seine theoretische Unbedenklichkeit für Mensch und Tier) von dessen Unbedenklichkeit sprechen. Bis heute soll es ja tatsächlich keinen einzigen Erweis geben, daß dieses Herbizid und Fungizid auf Menschen schädliche Auswirkungen hat.

Nein, der VdZ glaubt nicht an das generelle Böse, das hinter allen diesen Menschen steht. Generell wollen auch diese Menschen Gutes, Richtiges tun, der VdZ ist sich dessen sicher. Und das Interview, das Tichys Einblick ins Netz stellte, zeigt das auch. Der Mann scheint doch sympathisch, vernünftig, ja seriös? Und spricht er nicht eine gewaltige Herausforderung an, der sich "die Welt" gegenübersieht, wenn er zeigt, daß sich bei dem erwarteten Wachstum der Weltbevölkerung auf 10 Milliarden im Jahre 2050 (also in 30 Jahren) die Ertragsmenge der Landwirtschaft um 50 Prozent (das ist die Hälfte der heutigen Produktivität!) steigern muß. 

Das alles ergibt sich rein rechnerisch. Es ergibt sich, wenn man die statistischen Daten der Welt zusammenfaßt und gegeneinander stellt. Dann erkennt man ein abstraktes Problem, und diesem Problem stellen sich diese globalen Konzerne. Und überzeugen damit nicht wenige, gerade in den Führungsebenen der Politik. 

Also alles in Butter? Denn wo läge eine andere Lösung für diese auf uns zukommende Aufgabe, so viele Menschen zu ernähren? Ist nicht ebenfalls statistisch die Lebenserwartung weltweit beträchtlich gestiegen? Ist nicht der Hunger so weitgehend bekämpft, wie noch nie in der Menschheitsgeschichte? Ist nicht der Gesundheitszustand besser denn je? Ist nicht der Bildungs- weil Schulungsgrad der Menschheit so hoch, wie er es noch nie war?

Tja, Herrschaften, da beginnt das wahre Problem. Das sich auf den ersten Blick kaum erschließt. Warum? Weil hier ein ethisches Problem in seiner Abstraktion auftaucht, die scheinbar nur mit abstrakten, soll heißen: universalen, globalen Maßnahmen zu lösen ist. Aber das ist die Crux.

Denn die Antwort auf die Frage, was an solchen Konzernen unethisch sein soll, läßt sich nicht lösen, wenn man glaubt, daß sich dieses abstrakte ethische Ansinnen - die Weltbevölkerung muß ernährt werden - an sich als ethische Frage stellt. Genau das nämlich tut es nicht! Ja, werter Leser, er hat richtig gehört: Wir sind nicht dazu da, ein abstraktes ethisches Anliegen auf eben dieser Ebene der Abstraktion (=Universalität) zu lösen! Das widerspricht dem Prinzip der Moral, das widerspricht dem Prinzip der Sittlichkeit. 

Vielmehr sind zwar statistische Erhebungen möglich, die eine Frage zeigen, die sich an zahllosen Regionalpunkten aufwirft, aber ebenso muß es diesen Regionalpunkten überlassen werden, sie zu lösen. Indem man sie im Stich läßt? Nein! Sondern weil jedes Problem in ein Gesamtfeld von Problemen eingebunden ist, und immer nur konkret zu lösen ist. Das ist die Aufgabe, die sich uns stellt. 

Was damit gemeint ist, soll nur angerissen werden: Während es bis vor wenigen Jahrzehnten in Deutschland alleine 80 Betriebe gab, die sich der Entwicklung von ertragreichen, widerstandsfähigen, regionalen Bodengegebenheiten und Wetterbedingungen angepaßtes Saatgut widmeten (und davon lebten), sind es heute nur noch eine Handvoll, und sie alle kämpfen mit dem Rotz. Denn sie sind alle gegen diese Großkonzerne chancenlos. 

Die nicht nur aus der Dynamik der Kapitalkonzentration heraus ganz andere Möglichkeiten (auch der Preisgestaltung) haben, sondern die universale Lösungen anbieten. Die zwar viele Kollateralschäden bringen, aber den will jeder angesichts der Lösung einer abstrakten ethischen Frage vernachlässigbar erscheinen. Und letztlich über diese Kollateralschäden weit mehr schaden als nützen, so schwer das im ersten Moment zu sehen ist.

Es geht also um eine völlig anders geartete, völlig anders zu stellende Frage, wenn man das Problem des "Welthungers und seiner Sättigung" ansieht. Das zur reinen Abstraktion geworden gar nicht - GAR NICHT - gelöst werden kann. Stattdessen täuschen wir uns, indem wir eine Abstraktion zum Konkreten machen, und diese Abstraktion direkt lösen wollen. Aber so ist keine Abstraktion lösbar. Auch Hunger stellt sich immer konkret, und hat eine ganz reale Einbindung in Umfeld und Lokalität.

Es geht nämlich bei allem um die grundlegende Frage, was der Mensch und wie und wo zu tun hat. Verfehlt er diese Kategorie, ist alles andere sinnlos und damit schon prinzipiell falsch. Der Sinn aber ist nicht etwas, dem ich mich widme, nachdem ich Konkretes gelöst habe, sondern das, was dem konkreten Lösen VORANgehen muß. Muß. Sinn als das eigentlich Welttragende (sic!) aber ist gleichermaßen kein Abstraktum, das als es selbst direkt ansteuerbar und damit erfüllbar wird.

Zurück auf Bayer gebogen heißt daß, daß man nicht sagen kann, daß Bayer oder Monsanto oder Glyphosat "böse" oder "falsch" sind. Aber ganz sicher kann man sagen, daß mit der Adressierung dieses einen Problems - Hunger - das als abstrakte Frage "Welthunger? - Natürlich nicht!" eine Reihe von Kollateralschäden ausgelöst werden wird, die das frühere, besiegte Problem vor der Wirklichkeit wie ein Rotzbömmerl im Taschentuch aussehen läßt. Um das eine zu lösen, wird ein weit Umgreifenderes zerstört, wir werden darüber noch berichten. Denn auch das Problem des Kapitalismus ist weit komplexer als "gut und böse"-Kategorien aufwerfen könnten. Die sind nur Hilfsgriffe, mit denen wir etwas unbestimmt Gefühltes handfest machen und "aburteilen". Und dabei aber meist kräftig irren.

Dem VdZ ist klar, daß das für viele Leser sehr schwer zu verstehen sein könnte. Schon gar weil wir nicht mehr gewöhnt sind, damit nicht mehr umgehen können, daß sich ethische Fragen nicht in Abstrakta ergießen, wollen sie gelöst werden, sondern daß sie sich als abstrakte ethische Probleme ("Welthunger") durch konkretes Ansteuern gar nicht auflösen lassen. Er verspricht deshalb, das Thema wieder aufzugreifen und weiterzuführen.









*220918*