Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 7. November 2018

Ein Rückschritt, der bereits angelegt war (1)

Wer da freilich glaubt, daß die obersten Militärs und Exekutivchefs der Weltmächte auf der Nudelsuppe daher geschwommen sind und denselben lächerlichen Mist denken, wie er in den Bevölkerungen kursiert oder diesen Zuordnungskriterien gehorche, der irrt gewaltig.  Auch der VdZ hat immer den allerbesten Eindruck von den Exekutiven gehabt, zumindest gibt es innerhalb deren Organisationen Leute mit so tief getäuftem Hausverstand und Realitätssinn, daß man nur den Hut ziehen kann. Wie auch anders? Diese Leute haben mit Realitäten zu tun, mehr als alle die Harvard-Absolventen und Uni-Wien-Magistrierten Fuzzis, deren Gedankenwerke meist das Papier nicht wert sind, auf dem es zu lesen steht. Täte das jemand. Denn der Instinkt der Menschen ist schon richtig. Lernen, lernen kann man nur von ganz anderen Leuten etwas. 

Und einer von diesen überaus hoch zu schätzenden Persönlichkeiten dieses Genres ist (unter vielen anderen) der amerikanische Strategie-Wissenschaftler William S. Lind. Er zeigt in diesem Vortrag, der zu seinem Grundwerk, der These über den "Krieg der vierten Generation" gehört, daß die Ordnung der Kriege seit dem 30jährigen Krieg derzeit völlig umbricht. Damals, 1648, im Frieden von Münster, hat sich der Staat endgültig das Monopol über den Krieg gesichert. Mit gehöriger Zustimmung der Bevölkerungen aller Länder. Die die marodierenden, aber im Grunde auf eigene Rechnung herumziehenden Soldaten leid und über alles froh war, wo eine ordnende Macht diese Landplagen an den nächsten Galgen hing. Was ja passierte.

Sämtliche Bevölkerungen Westeuropas, aus denen ja auch die USA hervorging, waren also mehr als einverstanden, daß ein "Staat" das Gewaltmonopol (für Krieg) endgültig an sich zog. Das hat sich bereits in der Renaissance angedeutet. Denn wenn ehrbeflissene Ritter nur noch dazu gut sind, auf Tournieren ihre "Kunst" zu zeigen, merkt niemand, daß das wahre Kriegsgeschehen bereits von Musketieren, von Schützenreihen übernommen wurde. 

Genau das ist auch in der Kriegstechnik nach dem 30jährigen Krieg passiert. Krieger wurden unwichtig, ja ein Hindernis. Ab sofort (das hatte der Krieg gezeigt) ging es um "Bediener von Technik". Die mußten gar nichts mehr "können", die mußten schon gar nicht ehrerfüllte Kulturrepräsentanten sein, im Gegenteil! Sie wurden umso wichtiger, umso "besser", je weniger sie Ehre und Persönlichkeit in den Kampf einbrachten. Je williger dem staatlichen Befehlshaber - desto besser. Persönliche Motive waren nur noch hinderlich. Das wurde durch die vielen Gehenkten auch signalisiert. Die für die Bevölkerung nur noch eine Plage und Last waren. Also konnten die Regierenden (der Absolutismus war in der Startrampe, oft schon gestartet, wie in Frankreich) sich auf die Bevölkerung auch verlassen, sie stand hinter ihnen.

Seit dem "Westfälischen Frieden" von 1648 haben wir es also nur noch mit "Krieg zwischen Staaten" zu tun. Vorher, in der gesamten Menschheitsgeschichte, war ein Krieg eine Summe vieler einzelner Ereignisse gewesen. Als Krieg zwischen Familien, Stämmen, Städten, Religionen, ethnischen Gruppen und Rassen, Kulturen, Unternehmen und Wirtschaftsgesellschaften, sie alle fochten seit je Kriege aus. Indien wurde nicht von "Großbritannien" erobert, sondern von privat finanzierten wie geführten Armeen der Ostindien-Gesellschaft, die auch eine Kriegsflotte unterhielt. (In Kanada war es nicht anders.) Und dem setzte "der Staat" nun ein Ende. (In Indien freilich nicht einmal noch im 19. Jahrhundert.)

Das war seit je eine Realität. Aber diese Realität ändert sich heute. Denn mehr und mehr finden sich staatliche Armeen nicht mehr staatlichen Armeen gegenüber, sondern Armeen der "4. Generation". Gruppen von Kriegern, die wie in alten Zeiten für alle möglichen Gründe kämpfen. Und in ihrem Kampf für "ewiges Leben" (das ist ja der wahre Kern jedes Kampfes) die Interessen von Wirtschaften, Stämmen, Religionen und so weiter bis zu ihrem Tod erkämpfen wollen. 

Damit kehrt die alte Konstellation von Krieg zurück. Wo Krieg und Verbrechen kaum noch unterscheidbar werden. Die Ordnung VOR dem westfälischen Frieden kehrt also zurück. Weil diese Ordnung sich heute als falsch angelegt erfährt. Und wo immer staatliche Armeen auf solcherart motivierte und aufgestellte Armeen treffen - verlieren sie. Das ist den Soldaten bis zum Rang eines Obersten auch noch recht oft klar. Nicht klar ist es aber den Generälen, den obersten Führern.

Warum ist das so? Weil sich die Staaten in einer tiefen Krise befinden, ohne daß sie deren Dimension erahnen. Und diese Krise ist eine Krise der Legitimität. 

Und hier beginnt die Diskussion um den "deep state", den "tiefen Staat", ihr wahres Gesicht zu zeigen. Wenn sich diese Legitimitätsfrage auch nicht - noch! - überall gleichermaßen deutlich stellt, so ist sie weltweit zu beobachten. Denn "der Staat" ist Objekt privater, persönlicher Jagd geworden. Es geht heute überall nur noch darum, auf den Staat, auf die Regierungen möglichst viel Einfluß zu gewinnen, sie möglichst unter Druck zu setzen, um den eigenen Interessen gefügig zu sein. Das ist der Moment des "Establishments", einer mit den wahren Legitimitätsbedürfnissen der Bevölkerungen nicht mehr zusammenstimmenden, ja diese immer offener, immer frecher düpierenden gesellschaftlichen Schichte. 

Worüber sich alle sicher sein können ist, daß der nächste Präsident seines Staates ein Mitglied dieses Establishments sein wird. Und nichts wird sich ändern. Auch wenn das Volk - weltweit, überall - immer mehr darauf erpicht ist, eine Führung zu erhalten (meist: zu wählen), die NICHT "zu diesem Establishment" gehört. Aber Lind meint, daß er jedem versichern könne: Das wird nicht passieren.

Morgen Teil 2)




131018*