Wer
da freilich glaubt, daß die obersten Militärs und Exekutivchefs der
Weltmächte auf der Nudelsuppe daher geschwommen sind und denselben
lächerlichen Mist denken, wie er in den Bevölkerungen kursiert oder
diesen Zuordnungskriterien gehorche, der irrt gewaltig. Auch der VdZ
hat immer den allerbesten Eindruck von den Exekutiven gehabt, zumindest
gibt es innerhalb deren Organisationen Leute mit so tief getäuftem
Hausverstand und Realitätssinn, daß man nur den Hut ziehen kann. Wie
auch anders? Diese Leute haben mit Realitäten zu tun, mehr als alle die Harvard-Absolventen und Uni-Wien-Magistrierten Fuzzis, deren
Gedankenwerke meist das Papier nicht wert sind, auf dem es zu lesen
steht. Täte das jemand. Denn der Instinkt der Menschen ist schon
richtig. Lernen, lernen kann man nur von ganz anderen Leuten etwas.
Und
einer von diesen überaus hoch zu schätzenden Persönlichkeiten dieses
Genres ist (unter vielen anderen) der amerikanische
Strategie-Wissenschaftler William S. Lind. Er zeigt in diesem Vortrag,
der zu seinem Grundwerk, der These über den "Krieg der vierten
Generation" gehört, daß die Ordnung der Kriege seit dem 30jährigen Krieg
derzeit völlig umbricht. Damals, 1648, im Frieden von Münster, hat sich
der Staat endgültig das Monopol über den Krieg gesichert. Mit gehöriger
Zustimmung der Bevölkerungen aller Länder. Die die marodierenden, aber im Grunde auf eigene Rechnung herumziehenden Soldaten leid und über
alles froh war, wo eine ordnende Macht diese Landplagen an den nächsten
Galgen hing. Was ja passierte.
Sämtliche
Bevölkerungen Westeuropas, aus denen ja auch die USA hervorging, waren
also mehr als einverstanden, daß ein "Staat" das Gewaltmonopol (für
Krieg) endgültig an sich zog. Das hat sich bereits in der
Renaissance angedeutet. Denn wenn ehrbeflissene Ritter nur noch dazu
gut sind, auf Tournieren ihre "Kunst" zu zeigen, merkt niemand, daß das
wahre Kriegsgeschehen bereits von Musketieren, von Schützenreihen
übernommen wurde.
Genau
das ist auch in der Kriegstechnik nach dem 30jährigen Krieg passiert.
Krieger wurden unwichtig, ja ein Hindernis. Ab sofort (das hatte der
Krieg gezeigt) ging es um "Bediener von Technik". Die mußten gar nichts
mehr "können", die mußten schon gar nicht ehrerfüllte
Kulturrepräsentanten sein, im Gegenteil! Sie wurden umso wichtiger,
umso "besser", je weniger sie Ehre und Persönlichkeit in den Kampf
einbrachten. Je williger dem staatlichen Befehlshaber - desto besser.
Persönliche Motive waren nur noch hinderlich. Das wurde durch die vielen
Gehenkten auch signalisiert. Die für die Bevölkerung nur noch eine
Plage und Last waren. Also konnten die Regierenden (der Absolutismus war
in der Startrampe, oft schon gestartet, wie in Frankreich) sich auf die
Bevölkerung auch verlassen, sie stand hinter ihnen.
Seit
dem "Westfälischen Frieden" von 1648 haben wir es also nur noch mit
"Krieg zwischen Staaten" zu tun. Vorher, in der gesamten
Menschheitsgeschichte, war ein Krieg eine Summe vieler einzelner
Ereignisse gewesen. Als Krieg zwischen Familien, Stämmen, Städten,
Religionen, ethnischen Gruppen und Rassen, Kulturen, Unternehmen und
Wirtschaftsgesellschaften, sie alle fochten seit je Kriege aus. Indien
wurde nicht von "Großbritannien" erobert, sondern von privat
finanzierten wie geführten Armeen der Ostindien-Gesellschaft, die auch
eine Kriegsflotte unterhielt. (In Kanada war es nicht anders.) Und dem
setzte "der Staat" nun ein Ende. (In Indien freilich nicht einmal noch
im 19. Jahrhundert.)
Das
war seit je eine Realität. Aber diese Realität ändert sich heute. Denn
mehr und mehr finden sich staatliche Armeen nicht mehr staatlichen
Armeen gegenüber, sondern Armeen der "4. Generation". Gruppen von
Kriegern, die wie in alten Zeiten für alle möglichen Gründe kämpfen. Und
in ihrem Kampf für "ewiges Leben" (das ist ja der wahre Kern jedes
Kampfes) die Interessen von Wirtschaften, Stämmen, Religionen und so
weiter bis zu ihrem Tod erkämpfen wollen.
Damit
kehrt die alte Konstellation von Krieg zurück. Wo Krieg und Verbrechen
kaum noch unterscheidbar werden. Die Ordnung VOR dem westfälischen
Frieden kehrt also zurück. Weil diese Ordnung sich heute als falsch
angelegt erfährt. Und wo immer staatliche Armeen auf solcherart
motivierte und aufgestellte Armeen treffen - verlieren sie. Das ist den
Soldaten bis zum Rang eines Obersten auch noch recht oft klar. Nicht
klar ist es aber den Generälen, den obersten Führern.
Warum
ist das so? Weil sich die Staaten in einer tiefen Krise befinden, ohne
daß sie deren Dimension erahnen. Und diese Krise ist eine Krise der
Legitimität.
Und
hier beginnt die Diskussion um den "deep state", den "tiefen Staat",
ihr wahres Gesicht zu zeigen. Wenn sich diese Legitimitätsfrage auch
nicht - noch! - überall gleichermaßen deutlich stellt, so ist sie
weltweit zu beobachten. Denn "der Staat" ist Objekt privater,
persönlicher Jagd geworden. Es geht heute überall nur noch darum, auf
den Staat, auf die Regierungen möglichst viel Einfluß zu gewinnen, sie
möglichst unter Druck zu setzen, um den eigenen Interessen gefügig zu
sein. Das ist der Moment des "Establishments", einer mit den wahren
Legitimitätsbedürfnissen der Bevölkerungen nicht mehr
zusammenstimmenden, ja diese immer offener, immer frecher düpierenden
gesellschaftlichen Schichte.
Worüber
sich alle sicher sein können ist, daß der nächste Präsident seines
Staates ein Mitglied dieses Establishments sein wird. Und nichts wird
sich ändern. Auch wenn das Volk - weltweit, überall - immer mehr darauf
erpicht ist, eine Führung zu erhalten (meist: zu wählen), die NICHT "zu
diesem Establishment" gehört. Aber Lind meint, daß er jedem versichern
könne: Das wird nicht passieren.
Morgen Teil 2)
131018*