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Dienstag, 27. November 2018

Zum Wesen des Internet als Wesensmerkmal einer Zeit (2)

Teil 2) Warum es nicht unvernünftig ist, so zu denken




Doch gibt es eine Situation, in der jeder Staat sogar ganz offen die Kontrolle über die Vorgänge in seinem Land an sich zieht. Und das ist der Krieg. Unter dem obersten Ziel des Erhalts des Bestandes des Ganzen nimmt er sich das Recht, alle Vorgänge, die nicht direkt diesem Ziel dienen, zu beschränken und zu bekämpfen. Und formt sich selbst zur Ideologie um.

Damit kommen wir auch möglichen Motiven näher, die ein Staat (wie die USA) haben könnte, solche Totalüberwachung und Manipulation einzusetzen. Und damit stehen wir mitten in den Auswirkungen des Kalten Krieges, wie er die USA spätestens ab 1947 - obwohl gerade ein Weltkrieg zu Ende gegangen war - in den Zustand eines Dauerkriegs versetzte. Mit direkten Auswirkungen, wie sie sich dann in Maßnahmen des "social engineering" ausdrückte. Die Auflösung ethnisch-religiöser Identitäten, die sich besonders gegen den Katholizismus wandte, weil der immer als "fünfte Kolonne im Staat" Opposition sein konnte, ist nur eine davon, wir haben davon schon oft gehandelt. Letztlich läßt sich sogar der angebliche Grundsatz der freien Demokratien - die Trennung von Staat und Kirche - darauf zurückzuführen. Denn er heißt ja in Wahrheit: Unterwerfung der Religion und damit aller Menschen unter die Ideologie des Staates.

So nebenbei: Wir reden hier vom "Staat" als wäre er ein Täter. Sind es nicht immer Personen, mit denen wir es zu tun haben? Ja und nein. Denn gerade als Staat ist ein Volk in dieser Eigenschaft, sich zum Staat geformt zu haben, er zu einer Idee geworden, die auf eine Weise tatsächlich wirklichende Kraft für alle seine Mitglieder hat und sogar haben muß. Denn wenn er sich nicht als Idee aufgreift, der alle Staatsdiener, Präsidenten etc., aber auch jedes seiner Mitglieder in gewisser Weise dienen müssen (im König sogar restlos und immer, wie im Priester, oder im Dichter, im Philosophen, in denen Sinn und Aufgabe in ihrer Gestalt Fleisch SIND*), hängt sein Bestand und Schicksal auch an den Zufälligkeiten von Personen. 

Das ist nicht einmal in der Monarchie so, auch wenn es in Revolutionsbewegungen der Vergangenheit immer wieder so behauptet wurde. (Und tatsächlich im Absolutismus seit der Renaissance manchmal so verstanden wurde. Schon Friedrich II., der Staufer, dachte sehr ernsthaft darüber nach, ob nicht alles, was er in aller Zufälligkeit und Willkür sage und wolle auch automatisch Gesetz des Staates ist.) Ohne "Staat" als Idee zu begreifen, ist das Wort "Staat" als Rechtsgarantie, die er in erster Linie ist, sinnlos. Und ohne dieses Wort mit Eigenschaften zu füllen, die als Wesen des Staates gedacht sind, kann er nicht begriffen werden.

Wenn es aber plausibel ist, daß einzelne sub-staatliche Institutionen (Geheimdienste) eingegriffen haben, ist es auch vernünftig die Möglichkeit zu sehen, daß diese Institutionen von Einzelinteressen und Interessensgruppen beeinflußt werden können. Wer immer die dann sein mögen. Und weil es genauso vernünftig ist davon auszugehen, daß das Menschen mit Öffentlichkeitsgewalt sind (Medienbesitzer, Großkapitalisten) ist es auch vernünftig, ja anzunehmen, daß diese (nun sind wir schon bei) Einzelpersonen direktes Interesse haben, Einfluß auf das Ganze zu nehmen, sind Thesen, die das annehmen keine (neurotischen) Verschwörungstheorien sondern eben - ernstzunehmende Theorien.

Zum Wesen von geheimen, "dunklen" Netzwerken

Zu denen noch insofern Menschenkenntnis hinzuzufügen ist als oft fälschlich angenommen wird, daß es solchen Personen "um Geld und noch mehr Geld" gehe. Wer einmal wenigstens irgendwie reich gewesen ist, also viel Geld bewegen konnte, der weiß, daß das falsch ist. Mehr als leben können auch Reiche nicht, und es ist in dieser Zeit der social media jedem offenbar, daß sie gar nicht viel anders leben als Du und ich. In so einem Stadium wird anderes wichtiger. Erst ist es Ehre und Ruhm, und dann die Stellung, der Einfluß auf die allgemeinen Geschicke. Die wirklich Reichen also haben weniger an Geld und Ehre Interesse, lieben die Verborgenheit sogar viel mehr. (An die Öffentlichkeit drängen ja nur die Neureichen.) Sie wollen Geschichte schreiben. Richtige Geschichte. Wollen die Zukunft selbst gestalten, bis hin zum Wunsch, die Menschheit zu gestalten und nach ihren Vorstellungen zu verbessern.

Was hier als letzter Punkt (und damit als gar nicht so wichtig) angeführt scheint, ist in Wahrheit sogar der erste. Als Sinnfrage. Denn es gibt keinen Unternehmer, der nicht von einer mit der Allgemeinheit zusammenhängenden Vision befeuert ist, sonst trägt er seine Unternehmensidee gar nie durch. Denn das heißt auch immer Opfer, Mühen und Schmerz. Wer diesen Weg glaubt vermeiden zu können, wird sein Unternehmen, seinen Reichtum nicht lange haben.


Morgen Teil 3) Die Rolle des Internet im Rahmen einer Strategie



*Weshalb jede Revolution an einer Kritik der Personen, also ihrer fleischlichen Gegenwart und Gestalt ansetzt, um die mangelnde Legitimität der gegenwärtigen Machtpersonen - und ihre eigene Legitimität durch Versprechen, das zu ändern - zu beweisen. Das läßt sich recht schön an der Reformation oder an der französischen Revolution ablesen, die beide bereits Medien-Revolutionen waren. Selbst 1918 war es bei uns nicht anders, wo es allerdings durch echte und allgemeine Noterfahrung (Niederlage, Kriegsopfer) ganz leicht war, die Legitimität der Herrscher in Frage zu stellen.




*211018*