Teil 2) Warum es nicht unvernünftig ist, so zu denken
Doch
gibt es eine Situation, in der jeder Staat sogar ganz offen die
Kontrolle über die Vorgänge in seinem Land an sich zieht. Und das ist
der Krieg. Unter dem obersten Ziel des Erhalts des Bestandes des Ganzen
nimmt er sich das Recht, alle Vorgänge, die nicht direkt diesem Ziel
dienen, zu beschränken und zu bekämpfen. Und formt sich selbst zur
Ideologie um.
Damit
kommen wir auch möglichen Motiven näher, die ein Staat (wie die USA)
haben könnte, solche Totalüberwachung und Manipulation einzusetzen. Und
damit stehen wir mitten in den Auswirkungen des Kalten Krieges, wie er
die USA spätestens ab 1947 - obwohl gerade ein Weltkrieg zu Ende
gegangen war - in den Zustand eines Dauerkriegs versetzte. Mit direkten
Auswirkungen, wie sie sich dann in Maßnahmen des "social engineering"
ausdrückte. Die Auflösung ethnisch-religiöser Identitäten, die sich
besonders gegen den Katholizismus wandte, weil der immer als "fünfte
Kolonne im Staat" Opposition sein konnte, ist nur eine davon, wir haben
davon schon oft gehandelt. Letztlich läßt sich sogar der angebliche
Grundsatz der freien Demokratien - die Trennung von Staat und Kirche -
darauf zurückzuführen. Denn er heißt ja in Wahrheit: Unterwerfung der
Religion und damit aller Menschen unter die Ideologie des Staates.
So
nebenbei: Wir reden hier vom "Staat" als wäre er ein Täter. Sind es
nicht immer Personen, mit denen wir es zu tun haben? Ja und nein. Denn
gerade als Staat ist ein Volk in dieser Eigenschaft, sich zum Staat
geformt zu haben, er zu einer Idee geworden, die auf eine Weise
tatsächlich wirklichende Kraft für alle seine Mitglieder hat und sogar
haben muß. Denn wenn er sich nicht als Idee aufgreift, der alle
Staatsdiener, Präsidenten etc., aber auch jedes seiner Mitglieder in
gewisser Weise dienen müssen (im König sogar restlos und immer, wie im
Priester, oder im Dichter, im Philosophen, in denen Sinn und Aufgabe in
ihrer Gestalt Fleisch SIND*), hängt sein Bestand und Schicksal auch an
den Zufälligkeiten von Personen.
Das
ist nicht einmal in der Monarchie so, auch wenn es in
Revolutionsbewegungen der Vergangenheit immer wieder so behauptet wurde.
(Und tatsächlich im Absolutismus seit der Renaissance manchmal so
verstanden wurde. Schon Friedrich II., der Staufer, dachte sehr
ernsthaft darüber nach, ob nicht alles, was er in aller Zufälligkeit und
Willkür sage und wolle auch automatisch Gesetz des Staates ist.) Ohne
"Staat" als Idee zu begreifen, ist das Wort "Staat" als Rechtsgarantie,
die er in erster Linie ist, sinnlos. Und ohne dieses Wort mit
Eigenschaften zu füllen, die als Wesen des Staates gedacht sind, kann er
nicht begriffen werden.
Wenn
es aber plausibel ist, daß einzelne sub-staatliche Institutionen
(Geheimdienste) eingegriffen haben, ist es auch vernünftig die
Möglichkeit zu sehen, daß diese Institutionen von Einzelinteressen und
Interessensgruppen beeinflußt werden können. Wer immer die dann sein
mögen. Und weil es genauso vernünftig ist davon auszugehen, daß das
Menschen mit Öffentlichkeitsgewalt sind (Medienbesitzer,
Großkapitalisten) ist es auch vernünftig, ja anzunehmen, daß diese (nun
sind wir schon bei) Einzelpersonen direktes Interesse haben, Einfluß auf
das Ganze zu nehmen, sind Thesen, die das annehmen keine (neurotischen)
Verschwörungstheorien sondern eben - ernstzunehmende Theorien.
Zum Wesen von geheimen, "dunklen" Netzwerken
Zu
denen noch insofern Menschenkenntnis hinzuzufügen ist als oft
fälschlich angenommen wird, daß es solchen Personen "um Geld und noch
mehr Geld" gehe. Wer einmal wenigstens irgendwie reich gewesen ist, also
viel Geld bewegen konnte, der weiß, daß das falsch ist. Mehr als leben
können auch Reiche nicht, und es ist in dieser Zeit der social media
jedem offenbar, daß sie gar nicht viel anders leben als Du und ich. In
so einem Stadium wird anderes wichtiger. Erst ist es Ehre und Ruhm, und
dann die Stellung, der Einfluß auf die allgemeinen Geschicke. Die
wirklich Reichen also haben weniger an Geld und Ehre Interesse, lieben
die Verborgenheit sogar viel mehr. (An die Öffentlichkeit drängen ja nur
die Neureichen.) Sie wollen Geschichte schreiben. Richtige
Geschichte. Wollen die Zukunft selbst gestalten, bis hin zum Wunsch, die
Menschheit zu gestalten und nach ihren Vorstellungen zu verbessern.
Was
hier als letzter Punkt (und damit als gar nicht so wichtig) angeführt
scheint, ist in Wahrheit sogar der erste. Als Sinnfrage. Denn es gibt
keinen Unternehmer, der nicht von einer mit der Allgemeinheit
zusammenhängenden Vision befeuert ist, sonst trägt er seine
Unternehmensidee gar nie durch. Denn das heißt auch immer Opfer, Mühen
und Schmerz. Wer diesen Weg glaubt vermeiden zu können, wird sein
Unternehmen, seinen Reichtum nicht lange haben.
Morgen Teil 3) Die Rolle des Internet im Rahmen einer Strategie
*Weshalb jede Revolution an einer
Kritik der Personen, also ihrer fleischlichen Gegenwart und Gestalt
ansetzt, um die mangelnde Legitimität der gegenwärtigen Machtpersonen -
und ihre eigene Legitimität durch Versprechen, das zu ändern - zu
beweisen. Das läßt sich recht schön an der Reformation oder an der
französischen Revolution ablesen, die beide bereits Medien-Revolutionen
waren. Selbst 1918 war es bei uns nicht anders, wo es allerdings durch
echte und allgemeine Noterfahrung (Niederlage, Kriegsopfer) ganz leicht
war, die Legitimität der Herrscher in Frage zu stellen.
*211018*