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Sonntag, 18. November 2018

Wie (angebliche) Religionskriege entstehen

Was der Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus I. mit seiner Zustimmung und damit Entscheidung (vermutlich lief es ja genau umgekehrt, der Verdacht ist nicht unbegründet), die ukrainisch orthodoxe Kirche "sich selbst" (in Autokephalie) gründen zu lassen - die seit 1000 Jahren (könnte man sagen, so irgendwie; als definitiver Akt gesetzt war es freilich erst ab 1686 der Fall; Moment, hat der Zeitpunkt, die Zeitnähe zum 30jährigen Krieg, zu den gesamteuropäischen Ereignissen und Zeitströmungen des gesamten 17. Jhds., nicht eine Bedeutung ...? Dazu unten) dem Moskauer Patriarchat unterstellt weil eingegliedert war, angerichtet hat, zeigt sich bereits in ersten Wirkungen. Die Auswirkungen der Absicht sind, den Ukraine-Konflikt zu einem Religionskrieg auszuweiten. Denn nun erfolgte eine (politische) Reaktion.

Vor einigen Wochen hat der Kreml verlautet, daß Rußland selbstverständlich die russisch-orthodoxen Christen auch militärisch zu schützen bereit sei. Noch einmal: Bis vor einem Monat waren auch die ukrainisch-orthodoxen Gläubigen russisch-orthodox.* Gelang es also bisher nicht, die Russen offen und deklariert in einen Krieg zu ziehen - alle Beschuldigungen, Moskau als Täter zu identifizieren, sind im Grunde Verleumdungen und Erfindungen - soll das nun erreicht werden.

Zur Erinnerung: Die nunmehr "ukrainisch-orthodoxen" Christen verfügen über eine nicht unbeträchtliche Anhängerschaft in den USA. Diese sind nunmehr demselben Patriarchat unterstellt. Bartholomäus I. hat sich somit eine Separatkirche geschaffen. Denn wesentliches Prinzip der Orthodoxie war Einmütigkeit. Doch die war zu solch einem Schritt nie vorhanden. Die vier weiteren Patriarchate der Orthodoxie haben sich immer dagegen ausgesprochen. Eine solche Entscheidung hätte also nach orthodoxer Auffassung nur unter dem Paradigma eines willentlich herbeigeführten Schismas fallen dürfen. 

Die US-Außenpolitik hat also ihre Absichten auch auf dieser Ebene vorangetrieben. Und ist dabei erfolgreich gewesen, den Ukraine-Konflikt in einen Religionskrieg zu verwandeln. Zwar ist noch die offizielle Trennung nicht geschehen, aber wie man liest, sind die Kräfte, die genau das wollen, recht heftig am Werk. Die tätlichen Angriffe auf russisch-orthodoxe Kirchen in der Ukraine durch ukrainisch-nationalistische, antirussische Soldaten nehmen zu, berichtet Russia Today. Ob und wieweit es so ist, ist hier nicht so maßgeblich - bereits die Nachricht hat Gewicht.

Behalten wir das alles im Hinterkopf. Es wird nämlich noch seine sichtbaren Auswirkungen haben. Die zeigen, daß Bartholomäus als Ehrenvorsitzender aller orthodoxen Kirchen einen katastrophalen Fehler - der ein Schisma der Orthodoxie ist - begangen hat. Der noch viel ... reales Blut kosten wird. Und dem Ukraine-Konflikt einen neuen, vielleicht erst den wahren Sprengsatz beifügt.

So nebenbei: Es ist kein Zufall, daß diese Ereignisse hier in einer Reihe von Artikeln stehen, die sich mit Fragen des 30jährigen Krieges in "Deutschland" befassen. Der Ukraine-Konflikt ist von Anfang an ein Krieg der Warlords, der marodierenden Soldateska, von regionalen Identitäten und Konflikten, mit von außen einströmenden Einflüssen und beteiligten Staaten. Opfer sind die Zivilbevölkerungen aller beteiligten Nationen. Die doch wie überall und zu allen Zeiten eigentlich nur eines wollen: In Ruhe leben, arbeiten, schaffen, heiraten, Kinder kriegen, feiern, beten, lachen, essen und trinken, sterben und begraben.

Man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, daß die USA etwas Wesentliches an der Gegenwart noch immer nicht verstanden hat. Oder ist es nur der deep state, der anderes will als der Staat, der der legitimen Regierung die Macht entwinden will, und dabei etwas will, das anachronistisch ist, nicht der Zeit und historischen Situation gemäß ist? Zeigt das also einen inneren Konflikt ab, der um Washington tobt, aber noch nicht entschieden ist?

Ist das gar der Grund für die oft so widersprüchliche Außenpolitik, die man freilich zur Gänze dem Präsidenten Donald Trump anrechnet? Denn über eines kann man sicher sein: Der wahre Freund der USA sind Staaten, die noch in der Lage sind, die innere Ordnung ihrer Völker aufrecht zu halten. Was den USA in allfällig frei werdenden, weil aus dem Ordnungssystem eines Staates (hier: einer Ukraine) entglittenen, nunmehr marodierenden Kriegsbanden und Interessengruppen und Söldnern (sic!) an Feind erwachsen würde, dürfte diesen USA noch immer nicht klar sein.



*Staat ruht auf der Religion auf. Auch wenn das die Aufklärung als "pfuigaga" erklärte, ist es immer so. Auch wenn es irgendwelche rationalen Konstrukte als "nicht zu Sollendes" glattweg verneinen. Nicht das einzige, was die Aufklärung verneint, obwohl es nie verneinbar ist, weil es der ontologischen Struktur, dem Wesen des Menschen als Kultur- und damit Staatswesen widerspricht. Und dieses Wesen als geistiges Bild, AUS DEM HERAUS erst ein Volk und eine Kultur und ein Staat überhaupt lebt, hat jene Kraft, die EINZIG Welt errichtet. Der Rest ist für den Müllkorb der Geschichte. Kurz: In der westlichen Politik versteht recht sicher NIEMAND der hunderten und tausenden Politiker und Beamten, worum es auch in diesem Punkt in der Ukraine-Frage überhaupt geht.





*161018*