1. Kapitel - Teil 2)
Die Krone wollte die
Massen von Armen im Mutterland, die mangels Überlebensmöglichkeiten rasch
kriminalisiert oder aufsässig waren, egal wie einfach loswerden. Sie waren
gefährliches, revolutionäres Potential, das sich noch dazu durch hohe
Fertilität stark vermehrte. 15 oder 20 Kinder-Familien waren in diesen
Schichten keine Seltenheit. Während die Eliten, die Oligarchen (man muß es beim
Namen nennen), schon damals immer weniger Kinder bekamen. Es mußte nur eine
Führergestalt aufstehen, und das Pulverfaß ging hoch. Die Oligarchen nahmen die
neuen Möglichkeiten, die sich ihnen nun boten, gerne an.
Obwohl das britische
Volk auch damals noch eine hohe Affinität zu "ihrem" Adel hatte. Doch
auch dieser hatte sich geändert, durch die königliche Politik. Aus Verdienst-
und Landadel (der das Volk als Familie aufgefaßt hat) war von der königlichen
Willkür abhängiger Weisungs- und Beamtenadel geworden. Der in einer eigenen
Welt lebte, und dem die Wirklichkeit zunehmend feind war. Bis ins hohe
Mittelalter hatte der Adel in denselben Lebensumständen gelebt wie das gemeine
Volk. Das änderte sich spätestens ab dem 16. Jahrhundert völlig. Übrigens in
ganz Europa.
Vor allem aber kam
ein neuer Geldadel auf. Von dem der König wiederum abhängig war.*** Damit
veränderte sich auch die Sicht auf die Menschen. Sie wurden zu bloßen Faktoren
im eigenen Spiel, die mit Exekutivgewalt in Zaum zu halten waren und über die
zu verfügen man jedes Recht hatte. Denn der einzige Opponent, die Kirche, war
weitgehend ausgeschaltet, wurde vom Staat beherrscht. (Die Verfassung der USA
1776ff. war dann auch die erste, in der der Staat oberstes Prinzip wurde, nicht
göttliches Recht.)
2. Kapitel
Allmählich wird
vielleicht dem Leser klarer, warum die Geschichte der Sklaverei keineswegs eine
simple Geschichte der Schwarzen ist, wie sie heute kolportiert wird. Sie ist
auch nicht die der bösen Weißen, die die Schwarzen versklavten. Die Sklaverei
war in Afrika überaus weit verbreitet, wo sich schon lange vor ihrer Geschichte
mit den Weißen Stämme und Völker pausenlos und brutal bekämpften. Es war die
Regel, daß der Sieger den Verlierer (oder was von ihm überlebte) versklavte.
(Was auch in der Antike gang und gäbe war, das so nebenbei: Sklaven waren also
immer und überall ein wichtiges Kriegsziel.)
Diese von Afrikanern
selbst versklavten Afrikaner wanderten dann vor allem auf die auf den Orient
ausgerichteten Sklavenmärkte, bis sich ab dem 17. Jahrhundert auch europäische
Kaufleute dafür interessierten. Darunter viele spanisch-jüdische Kaufleute. Die
Einstufung von Sklaven als "genetisch minderwertig", die bei
europäisch-amerikanischen Sklavenhaltern viele Hemmungen beseitigen halfen,
weil sie sich im Recht sahen, sie auszubeuten, stammt mit Sicherheit auch aus
dem Talmud.
Aber Sklaverei ist
und war kein "weißes Spezifikum." Kein Volk, in dem Sklaverei keine
Rolle gespielt hat. Selbst bei den Indianern Nordamerikas war sie weithin
üblich. Wiewohl die europäischen Siedler vom Gedanken, die Indianer zu
versklaven, bald abkamen. Zu robust war deren Freiheitswille.
Auch wenn man meinen
könnte, es klänge zynisch, so ist es doch eine Wahrheit, daß für viele
afrikanische Sklaven die Existenz in transatlantischen Ländern bei weitem
erträglicher als das Leben in Afrika (oder im Orient) war. Denn es ist ebenso
falsch, daß die Sklavenbesitzer in den neuen Ländern durchweg unmenschlich
waren. Weil sie sehr gut wußten, daß menschliches Leben ihr Kapital war, und
nur wertvoll durch die Arbeit war, die es leisten konnte. Also mußte man es gut
behandeln. Das typischerweise hier verbreitete Bild vom bösen Weißen, der die
Schwarzen zu Tode peitschen läßt, ist keineswegs die Regel gewesen, im
Gegenteil. Viele Geschichten zeigen, daß Sklaven es oft zu beachtlichen
Stellungen bringen konnten und auch brachten.
Diese Mythen aber
wirken bis heute nach, und sie sind es, die die Schwarzen Amerikas bis zum
heutigen Tag in einer (neuen) Sklaverei halten. Denn indem man sie
pauschal zu Opfern erklärt, die für ihr eigenes Schicksal nichts können, weil
es ihnen von den Weißen angetan wurde, hat man bei den meisten Schwarzen in den
USA die Motivation, die jeder Mensch haben muß, will er nicht vor die Hunde
gehen, nämlich sein Lebensschicksal selbst in die Hand zu nehmen und zu
gestalten, nach Stellung und Wohlstand zu streben, regelrecht ausgelöscht. Bis
hin zu einem Schulsystem, das nun schon seit Generationen die Schwarzen für
defizient erklärt und sie mit niedrigeren Bildungsanforderungen konfrontiert,
um "ihre Nachteile auszugleichen". So daß sich unter den Schwarzen
selbst die Selbsteinschätzung durchgesetzt hat, sie wären tatsächlich eine
minderwertigere Rasse.
Man sieht es im
Vergleich mit Zuwanderern aus Asien. Die dieses "Urteil" über sich
nicht kennen. Sie kommen mit nichts, haben aber enormen Ehrgeiz, lernen sofort
die Sprache, gehen auf Schulen, Universitäten, und streben nach Wohlstand aus
eigenen Kräften. Und lassen so die schwarze Bevölkerung bald hinter sich.
Vielleicht hilft ihnen, wenn sie begreifen, daß auch europäische (weiße)
Menschen unter der Sklaverei zu leiden hatten. Und es muß manche Geschichte in
ihren Köpfen umgeschrieben werden, sie ist viel komplexer als die meisten
glauben. Weder sind die einen eine "Sklavenrasse" und ewiges Opfer
hemmender Umstände, noch sind die anderen die bösen Peiniger.
So verlangt korrekte
Geschichtsbetrachtung von den USA zu berichten, daß die Unmenschlichkeit in der
Behandlung der Schwarzen keineswegs allgemeiner Tenor war. Auch nicht im Süden
der USA, wo die Sklaverei von den Sklaven selbst weitestgehend akzeptiert
wurde, weil sie nicht nur bessere Lebensbedingungen als in Afrika bedeutete,
oft Zugang zu Schulen und sozialer Versorgung (auch das war in Afrika unbekannt),
sondern als Teil eines patriarchalen Systems verstanden wurde und werden muß.
An dem niemand etwas Absonderliches fand.
Zumal es an alte
europäische Traditionen anschloß und von den allermeisten Schwarzen (siehe die
preisgekrönte Arbeit des Historikers und Marxisten Eugene Genovese "Roll,
Jordan, Roll") völlig selbstverständlich angenommen wurde. Das gab ihnen
einen sicheren Platz im gesellschaftlichen System, und machte sie keineswegs
völlig rechtlos. Die Verwirrung brach erst aus, als sie 1865 "befreit"
wurden und man ihnen erklärte, daß sie "Opfer" waren. (Während sich die
Generäle der siegreichen Nordstaaten fortan der Vernichtung der Indianer
widmeten.)
Nun gehörten sie
tatsächlich nirgendwo mehr dazu, hatten keinen Platz mehr. Und der Jubel hielt
sich bei den meisten sehr in Grenzen. Wurzellos, waren sie nun zu jenem
Lumpenproletariat verdammt weil in Sinnlosigkeit gestoßen, das sie heute so oft
als Bild abgeben - in den Städten der Sieger, im Norden der USA. Wo sie als
billige Industriesklaven endeten, könnte man hinzufügen, mit neuen (alten)
Herren: Dem anglo-amerikanischen Kapital.
Morgen 2. Kapitel - Teil 2)
Anmerkungen 1.
Kapitel - Teil 2)
***Die Kriege
Englands in Kanada oder Indien waren Kriege von Wirtschaftsorganisationen
(Hudson Bay-Company resp. Ostindien-Kompanie), die der Krone dafür Geld gaben.
In ganz Europa lief es ähnlich. Der Habsburger Ferdinand II. hatte etwa
die Kriegsführung (samt Geldmonopol) im 30jährigen Krieg an Wallenstein gegen
eine Fixsumme "verpachtet", definitiv sogar, als ihm das Geld
ausging. Bis der ihm zu mächtig und reich wurde.
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