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Samstag, 24. November 2018

Von der Wahrheit und dem Künstler (2)


Teil 2) Wahrheit, Tun und Material




Das erkennt man zumindest mit der Zeit am Werk (je nach Ausgangsbasis.) Es wird immer weniger vom Geist der Freiheit weil Wahrheit gestaltet, wird zufällig und willkürlich, was dann meist auch noch mit "experimentell" fehlinterpretiert und gerechtfertigt wird. Aber damit liefern sie sich dem Zufall aus. Sie erleben sich also genau nicht als schöpferische Individuen.

In Wahrheit ist das Experiment jedoch nur ein Stadium des immer wieder nötigen, als Gegenphase zum Schöpferischen zu sehenden Eintauchens ins Chaos, in dem sich durch befristete Selbstauflösung die eigene Basis frei zur Reform wird. Das ist im Sinne einer Erhaltung ihrer Schaffenskraft zu sehen, nicht primär einer "Erweiterung". Also als Basis historischen Wachstums durch Erfahrungsvermehrung, die zu immer weiteren Verfeinerungen ihrer Fähigkeit führt.

Es ist damit kein "Neuerfinden", sondern kann nur auf der Basis der bisher erworbenen Kenntnis der Welt (und damit des Materials, in dem sie tätig sind) erfolgen, also: In der Vernunft. So erst bleibt das tun immer wieder frisch, neu, originell und ein Entwicklungsweg zur Vollkommenheit. Die Formenkreise der Willkür und Irrationalität weil Unvernunft, in denen sonst gelebt wird, erschöpfen sich hingegen schnell. Sie können nicht wachsen, und man kann bestenfalls "neue Kreise" versuchen.

Künstler (so sie solche in dem Sinne sind, als sie bestimmte Materialkreise suchen, die man heute als "Kunst" bezeichnet, an sich unterscheiden sie sich in Nichts vom Menschen des Alltags - außer im Streben nach Universalität, also nach "einem Werk, das alles enthält"; dazu unten) ahnen das. Immer. Und haben deshalb - auf der Grundlage einer inneren "Defiziosität", in der sie jede figurale Gestalt (die von Interessen gesteuert ist, die ohne "Ort" auf den sie sich transzendieren nicht auskommt, also konkret immer ein "als" sein müssen, "als" Tischler, Schneider, Vater, Kunde, Luftikus ... - aus innerem Wesen ablehnen, eine gewissermaßen natürliche Tendenz zur Religiosität. 

Aber wie sollten sie die richtige Religion finden, die der Wahrheit, und nicht die Defizite aller unwahren Religionen, die schon deshalb immer grundsätzlich von der Freiheit entfernt sind, mitschlucken, sich damit der eigenen Freiheit berauben? Es bleibt ohne Wahrheit, ohne Vernunft Zufall. Auch wenn es manchen noch gelingt, wenigstens im hohen Alter, wenn sie müde von den vielen Irrwegen werden. Und zur Kirche stoßen, von der sie schon gehört haben, während alle übrigen Konzepte der Freiheit und Wahrheit versagt haben. Und nun erkennen, daß das, was sie immer gesucht hatten - Freiheit und Wahrheit - direkt vor ihrer Nase lag. Aber sie haben es aus Irrtum nicht gesehen.

Denn die Vernunft abzulehnen, weil angeblich alles "aus dem Inneren" käme, ist ein solcher Irrtum. Ist das Ausgießen von Nebel, um die Fehltritte der Unsittlichkeit (denn nur darin verweigert man Wahrheit) zu verschleiern. Es ist eine in der Luft unserer Zeit liegende Fehlsicht (weil Unsittlichkeit) des Menschen, die ihm sogar die Freiheit abspricht und dafür das trockene Simulationsbrot der Willkür in die Hand drückt, deren Maßstab in bloßen, egal woher stammenden "Impulsen" gesucht wird. 

Aber wie wäre der Mensch leichter steuerbar als ... über egal welche Impulse, damit auch über seine Begierden, weil über deren Anstachelung? Sodaß der Mensch das Entscheidende in der Kunst nicht mehr kann: Sich zu sich selbst frei zu verhalten, und damit Gestalt zu schaffen.


Morgen Teil 3) Von der Rückversicherungsgarantie des Künstlers





*181018*