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Sonntag, 15. März 2020

Das Unvorhersehbare ist nicht vorhersehbar!

Übertragung eines Blogartikels von William M. Briggs aus dem Amerikanischen, mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Man kann das Unvorhersehbare nicht vorhersehen


Vor uns liegt - wobei es auch nicht sein könnte - etwas GANZ SCHLIMMES. Ich weiß nicht, was es ist. Aber es KÖNNTE SCHLECHT SEIN. Natürlich, es könnte auch ganz harmlos sein. Es könnte dabei etwas mit Geld zu tun haben, aber auch hier: Das muß nicht so sein. Es könnte genauso gut auch irgendetwas anderes sein.

Nennen wir dieses geheimnisvolle Ding vor uns der Einfachheit halber Y. Was ist also die Wahrscheinlichkeit dieses Y?

Was ist die Evidenz für Y? Daß SCHLIMME DINGE passieren? Wenn Y schlimm ist, und das könnte auch nicht der Fall sein, dann ist Y zumindest möglich. Aber genauso ist es möglich, daß gute oder uneinschätzbare Dinge geschehen, und Y könnte gut oder uneinschätzbar sein. Wieder also ist Y möglich. Und wenn es möglich ist, dann hat es eine Wahrscheinlichkeit, auch wenn das eine sein könnte, die nicht quantifizierbar, einschätzbar ist. Wie hoch ist nun diese Wahrscheinlichkeit?
Zu unbekannt, zu vage. Diese Frage ergibt keinen Sinn, und das sollte auch gar nicht der Fall sein. Also verändern wir das also einmal, und zwar so, daß wir so tun als könnte Y NUR SCHLECHT sein. Wie wäre es dann, wenn wir dieses geheimnisvolle Y einen fettarschigen Schwarzen Schwan nennen? Also, was ist nun die Wahrscheinlichkeit von Y?
Y ist eine SCHLIMME SACHE. Und SCHLIMME SACHEN passieren nun einmal! Das weiß jedes Kind. SCHLECHT ist nicht gut. SCHLECHT ist etwas, über das man sich Sorgen machen muß. Wir sollten also irgendetwas tun. Was ist mit den Kindern? Also los, beeile Dich, was ist die Wahrscheinlichkeit von Y?
"Moment, was meinst Du mit SCHLECHT, Briggs?"

Spielt das eine Rolle? Es ist SCHLECHT, und schlecht ist nicht gut. Möchtest Du, daß dieses SCHLECHTE tatsächlich geschieht?  
"Was soll ich darauf antworten? Ich weiß ja nicht einmal, was es überhaupt ist."
Interessant. Dann sagst Du also, daß SCHLIMME DINGE nie passieren, und daß wir gar nichts unternehmen sollten?
"Ja, so ungefähr, ich denke, daß ich meine, daß wir, wenn wir die schlimmen Dinge gar nicht kennen, auch nichts unternehmen sollten. Denn ich hätte nicht die geringste Vorstellung davon, WAS wir tun sollten, nachdem ich ja nicht einmal weiß, WAS dieses Y überhaupt ist."
Na gut, dann nehmen wir einmal an, Du hast Recht. Dann nehmen wir halt einmal an, daß dieses Y etwas mit Geld zu tun hat. SCHLIMME Dinge mit Geld sind ja ständig passiert. Und daß das noch einmal kommt, das möchtest Du doch nicht? 
"Kann sein, daß das so ist. Kann sein, daß es etwas Schlimmes ist, das mit dem Geld geschieht. Das würde mich ziemlich schwer treffen."
Mir wird ganz schlecht, wenn ich daran denke.
"Jetzt beruhige Dich erst einmal. Und komm ein wenig runter. Du mußt ferngesehen haben, um in so einen aufgeregten Zustand zu kommen. Aber sag jetzt doch endlich: Was ist diese 'schlimme' Sache?"

Du hast recht. Ich habe ferngesehen um zu sehen, ob meine Vorhersagen über den Coronavirus zutreffen, und zufällig habe ich dabei auch die Sendung THE VIEW * gesehen.
"Ich kann gar nicht sagen, wie leid mir das für Dich tut."
Danke, das ist lieb von Dir. Hör also zu: Ich weiß eben nicht genau, was dieses SCHLIMME DING ist. Ich weiß nur, daß es unvorhersehbar ist. Es ist irgendetwas, das ich nicht vorhersehen kann. Und schau doch mal, unvorhergesehene Dinge sind auch in der Vergangenheit geschehen, und haben sich dann zu SCHLIMMEN DINGEN entwickelt, oder stimmt das nicht?
"Sicher, na klar."
Ich möchte also nicht mehr, als mich gegen diese Art von Ereignissen schützen, ich das so schwer verständlich?

Ich hasse nämlich Risiken. Ich muß etwas tun!

"Aber Du kannst doch nicht etwas tun, wenn Du gar nicht weißt, wogegen Du Dich schützen mußt. Du kannst zum Beispiel nicht in Bargeld flüchten, für den Fall, daß die schlimme Sache so aussieht, daß die Regierung die Währung entwertet, weil sie sich irgendeine Krise vorstellt. Obwohl genau das schon geschehen ist, wie Du weißt. Du kannst dann aber auch keine Aktien kaufen, weil irgendein Crash passieren könnte. Du kannst keine Bundesanleihen kaufen, weil es einen Krieg geben könnte. Wenn alles geschehen kann, dann kann Deiner eigenen Logik nach auch alles geschehen. Und 'alles' heißt eine ganze Menge an Ereignissen, die geschehen könnten, eine riesige Menge, mein lieber Schwan." 

 Naja, aber dieses SCHLECHTE DING ist ein Schwan mit einem fetten Arsch. 
"Ach so? Naja, Du bist ja der Experte für Wahrscheinlichkeit. Also mußt Du mir auch erklären, was das heißt. Ich für meinen Teil kann nicht erkennen, daß das irgendetwas Bestimmtes heißt." 

Nun denn ... also warte mal, eine Minute ... eine Minute ... warte mal ... verflixt, die Wirkung des Fernsehens verschwindet allmählich ... sie verblaßt ... weg! Ah, herrliche Luft ... ich kann jetzt die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind. Wui! Danke!  

"Gern geschehen." 

Jetzt erkenne ich alles. Du kannst das Nicht-Vorhersehbare gar nicht vorhersagen. Das haben zwar einige versucht, indem sie versucht haben, sich von Nichts zu Etwas auszustrecken, indem sie das Nichts mit dicken Zahlen und Zeichen einer mathematischen Gleichung behängt haben.  Also schau her, hier ist, was Du tun kannst. Du kannst Dir Ereignisse zusammenstellen, die Du mit SCHLECHT bewertet hast. Börsenkrachs, Bankstürme, Währungszusammenbrüche und alles dieser Art. Dies alles findet bekanntlich zu bestimmten Zeiten statt. Davon gibt es eine bestimmte Anzahl. Aber von dieser Anzahl aus schließen nun manche so etwas wie eine Häufigkeit von SCHLIMMEN DINGEN, die geschehen WERDEN. Und dann kannst Du diese Häufigkeit hernehmen, und mit einer Verteilung von "fetten Ärschen" für die Kosten dieser SCHLIMMEN SACHE versehen, und dann nimmst Du das Ganze her, und rechnest ein Risiko aus.

Nur ... das funktioniert nicht! 

Das funktioniert nur, wenn sich die Zukunft mit allen Facetten der Vergangenheit wiederholt - auch mit den Ursachen und deren Bedingungen. Wenn sich nichts verändert in den Ursachen, die Börsenkurse verändern, dann kann man ein fettärschiges Modell auch verwenden, um Extreme vorherzusagen. So, wie es jeder clevere Geldjongleur ja längst tut.
Wenn sich aber die Ursachen ändern, dann ist Dein Modell nutzlos oder wird Dich an der Nase herumführen. 
Wenn Du freilich weißt, welche Ursachen sich verändert haben, könntest Du Dein Modell anpassen. Aber vielleicht auch nicht, das hängt von der Art der Veränderungen ab. Aber wenn Du gar nicht weißt, was Veränderungen bewirkt, kannst Du das nicht. Das ist der Kern der Idee vom "Schwarzen Schwan" (dem "black swan"). Niemand hat sie kommen gesehen, oder hätte sie kommen sehen können. Die unbekannten Unbekannten (als Ursachen) kriechen an Dir hoch und schlagen zu ... bamm! 

"Schon gut, ich hab's kapiert. Shit happens, sozusagen. Wir können das Wissen darum, daß schlimme Dinge geschehen, nicht dafür verwenden, um uns für schlimme Dinge vorzubereiten, über die wir nichts wissen. Reg Dich nicht auf, aber das scheint mir ziemlich trivial zu sein." 

Natürlich das ist es auch. 

"Aber verdammt nochmal, warum ist dann dieser ganze Schwachsinn vom 'Schwarzen Schwan' dermaßen populär?" 

Sehen wir einmal davon ab, daß es üblich ist, daß verworrene Modelle so korrigiert werden, daß eine Normalverteilung durch eine Verteilung ersetzt wird, die besser mit der Realität übereinstimmt, so daß sie plausibel erscheinen ... weil sie irgendwelche Muster der Vergangenheit zeigen, so kommt diese Popularität davon, daß die Menschen glauben, daß sie einen Weg finden, um solch' einem Ereignis auszuweichen, weil sie meinen, daß es nur darum geht, die richtige Gleichung zu finden, die es dann möglich macht, das SCHLECHTE, das kommt, vorherzusehen. 

"Man könnte stattdessen aber auch die Tintenflecke auf Deiner Schreibtischplatte hernehmen, um daraus die Zukunft zu deuten. Das wäre genau so gut."  

 
Du hast es erfaßt.




*THE VIEW ist eine mit zahlreichen Preisen bedachte, tagsüber laufende US-Talk Show von ABC die ausschließlich von Frauen moderiert wird: