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Samstag, 28. März 2020

Zwang zur Gottgleichheit

Dieser eine Punkt ließ den VdZ aufhorchen. Er hat Erhellungspotential, der Leser möge es selbst prüfen. Da heißt es in einer Glosse auf Tichys Einblicke, in der Angela Merkel mit dem Chinesenführer Xi Jinping verglichen wird:

 »„Beim Umgang mit der Krise stehen sowohl das Ansehen als auch die Legitimität der Partei auf dem Spiel“, heißt es im akademischen Fach-Newsletter „China Neican“: „Letzten Endes werden die Chinesen die Partei – trotz all der Kontrolle der öffentlichen Meinung – sehr kritisch beurteilen.“«

Diese Aussagen lassen sich nämlich auf einen Punkt verdichten: Den, in welchem einer Partei (und deren Funktionäre, die an dieser Parteimacht teilhaben) oder einer Person selbst göttliche Kraft zugeschrieben werden. Jene Kraft, die "alles" regeln und lenken kann.

In diesem Denken wird zugleich der Glaube an diese Lenkungskraft, der Glaube daß aus dieser Partei (oder dieser Person) alles Gute erfließt, zum zentralen Punkt. Somit ist dieser Punkt auch die logische Entwicklung der Parteiendemokratie! 

Diesem Glauben ist jede Form von Zweifel tödlich, er bedroht die Existenz der Partei bzw. die Stellung als Stand, also jenen Ort im Netz der Beziehungsgeflechte (die man Gesellschaftsordnung nennt), von dem alles Wohl ausgeht. Das gilt natürlich auch bei Personen. Womit der Schritt zum Kult (als Aberglaube, als Götzenglaube) gar nicht mehr zu setzen ist, der ist bereits implizit gegangen.

So ist die Notwendigkeit einer Zensur erklärbar. Die aber nicht bei Medien aufhört, dort beginnt sie eher. Sie muß vielmehr die Gehirne der Einzelnen umfassen. Die Parteiendemokratie hat also den Zug zum Totalitären als Wesensbestandteil. 

Wie Xi Jinping es sagt: Die Chinesen werden die Partei "sehr kritisch beurteilen". Sie werden von ihr alles erwarten, weil sie gottgleich gesetzt ist. Wenn das nicht eintritt, wenn der Glaube daran einbricht, werden aber die Kaiser geopfert. Das hat nicht nur in China Tradition. Umso mehr muß der Kaiser darauf achten, daß niemand Zweifel an ihm äußert und damit sät. Es geht um sein Leben. Er braucht die Gottgleichheit - samt dessen Sphäre des Sakrosankten - lebensnotwendig.

Diese Stellung wird nunmehr zur gedachten Stellung. Sie erwächst aus einer Vorstellung des Gesamtgebildes "Gesellschaft" (wie groß oder klein, wie spezifisch auch immer, also vom Vogelzüchterverein bis zum Staat), und überwuchert die Wirklichkeit des Dings (hier: der Partei; oder bestimmten Repräsentanten.)

Der Wert des Nimbus übertrifft somit ihre Aufgabe, er wird absolut gesetzt. Eine Folge der Verdinglichung des Geistigen.

Aber lassen wir das einmal beiseite. 

Nicht zufällig kennen wir diese Tendenz auch von der Kirche, wo sie die Vitalität und Wirklichkeit ihres Tuns und Handelns unter die Notwendigkeit stellt, daß ihre Stellung nicht angekratzt werden darf (obwohl sie das in der Meinung der Menschen eben WEGEN dieses Handelns längst ist). Und wie in der Kirche, so ist auch bei den Parteien ein schleichender Wirklichkeitsverlust die Folge. Der schließlich zum Ausgrenzen der Vernunft führt, weil die Vernunft - an sich eine Anbindung an die Wirklichkeit (die hinter allem steht! also mit Realität, mit Faktischem nicht zu verwechseln ist) - zum Feind des Nimbus, der gedachten Stellung wird.