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Montag, 31. Dezember 2012

Veränderung des Zeitgefühls

Früher, so Castelli, war die Zeit, die die Erstellung eines Werkes benötigte - drei Tage, fünf Wochen, sechs Monate - auch der Ausweis für drei Tage, sechs Monate, die GELEBT wurden. Kein Tag davon war verschenkt. Und das Ereignis selbst des unerträglichsten Wartens war Weg zum Ziel, ja wesentliche Aussage darüber, Teil seiner Qualität, und Quelle der Freude, die mit dem Glück des Erreichten einherging.

Heute scheint uns jede Zeit bis zur Erreichung eines Zieles als HINDERNIS, als unnotwendig zu lebende, nur zu überbrückende Zeit, wozu uns jede Technik recht sein kann. Wozu uns anderseits jede verwendete Technik zwingen will, die verlangt, daß wir auf unser Eigenleben verzichten.

Die menschlichen Beziehungen haben sich damit in Techniken verwandelt, die auf dieser Ebene kompatibel sind. Aber genau damit lösen sie sich in ihrer personalen Qualität auf. Qualität ist untrennbar an Dauer, an Zeit gebunden, nur in ihr kann sie sich entfalten, aufbauen, zu einer Qualität IN FORM einer Beziehungsbildung werden. Der negative Beiton, den man dem Wort "schnell" in so vielen Beziehungen beimißt, sagt es aus: was jederzeit ist, was sich einfach und allezeit fügt, ohne Zeit, ohne Mühe, ohne Dauer, ist auch wertlos weil qualitätslos weil beziehungslos.

Es ist das Bewußtsein verschwunden, daß Leben eine permanente Beziehung IST, und daß Lebensqualität mit dem Gestalten dieser Beziehungen zu tun hat, die jeden Augenblick diese Gestalt braucht, um überhaupt zu sein. Aber diese Gestalt ist nicht einfach eine Idee, sie ist real und fleischlich, oder sie ist gar nicht.




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Was man nicht hoffen darf

Die Geschichte der Völker ist eine Geschichte ihrer Religion, schreibt Enrico Castelli in "Die versiegte Zeit". Was heute als Geschichte gesehen wird, ist oft nicht mehr als die Geschichte des Gedruckten, intellektueller Kreise. Nicht die des Volkes. Und so kam es zu gravierenden Verzeichnungen.

So sieht man nicht mehr, wie eng verbunden Adel und Bauern und Handwerker früher immer waren. Sie lebten auf die gleiche Weise, und ihr Leben stand gleichermaßen unter "sub specie aeternitatis". Dieselbe Religion verband sie, derselbe Lebensrhythmus, dieselben Werte. Und beide Stände waren in allen ihren Haltungen strikt an die Kirche, an die Religion gebunden. Nur die angenehmere Lebensweise unterschied sie. Nicht einmal, was auf den Tisch kam.

Unsere Geschichte ist also keine Geschichte der großen Ideen, mit denen wir es zu tun haben. Philosophien, neue Ideen, waren  nur einer kleinen Schichte bekannt, die nach heutigen Maßstäben lächerlich kleine Verbreitung und Resonanz fanden. Niemand hätte im 19. Jhd. verstanden, was "Sozialismus" war. Das mußte erst erklärt werden.

Erst die immer dynamischere Entwicklung des Bürgertums als realer Machtfaktor brachte die allmähliche Hinneigung der Lebensweise auf Technik und Abstraktion. Im Handel, im Intellektuellen als Beruf, welcher den Kleriker in seiner Lebensweise nachahmte. Und erst aus dieser Schichte heraus begann sich das Leben allmählich umzugestalten, in Richtung Technik. Der Proletarier entstand, der von der Technik Abhängige. Und von hier ging auch die Beseitigung der Kirche als geistige Autorität aus - von der Lebensweise, die an der Technik sich formte, an der Zeit als allerersten Faktor, nicht mehr an Personen, nicht mehr an natürlichen Rhythmen, nicht mehr am Eigenleben des Individuums. Dieses war bedeutungslos geworden. Technizismus und Verbürgerlichung gehen Hand in Hand. Denn die Technik braucht die Wirtschaft - nicht umgekehrt, schreibt Castelli. Und in ihrer Folge die Städte als Synapse der abstrakten Funktionen.

Die Geschichte der Denker ist die Geschichte der Einsamen, die man da und dort mal bestaunte, aber die ohne Einfluß blieben. Erhielten sie Beifall so wegen ihrer Gewandtheit, ihrer Originalität, wie man Artisten Beifall klatscht. Nur das religiöse Erlebnis hat die Massen in Bann geschlagen. Nur dem Reformator gelang es, in die Herzen der Menschen einzudringen, weil er von der Kirche kam. Und doch waren es mit der Zeit die Ideen der Einsamen, die über die Umwege des Bürgertums - als Wissen - so unabsehbare Schäden anrichteten, die Lebensweise der Menschen zu ändern begannen. Hin zu einer Gefangenheit von den Ereignissen, der Gefangenheit von alltäglicher "Problemlösung" als Optimierung technischer Abläufe, weg von der alles zusammenfügenden, ordnenden Weisheit. Gott ist nur einem durchgängigen Bewußtsein überhaupt denkbar. Wenn sich der Mensch nur noch in fragmentierten Handlungen wiederfindet, und keine Zeit hat davon zurückzutreten, um zu sich zu finden, fragmentiert sich auch sein Bezug zu einem Transzendenten, er verliert das Unwandelbare.

So wird die ultimative Katastrophe zu Anfang des 20. Jhds. erkennbar. Als sich die gesamte Daseinsweise der Menschen zu ändern begann. Noch im 19. Jhd. unterschied sich die allgemeine Lebensweise kaum von der des 10. Jhds. Sodaß der heutige Mensch wirklkich ganz anders lebt als der von 1890. Mit einem herausragenden, historisch wirklich einmaligen Merkmal: dem Fehlen des Eigenlebens. Deshalb ist auch die Hoffnung der Einsamen sinnlos, wenn sie sagen: man wirde mich schon noch verstehen. 

Nein. Denn wenn alles dem Untergang geweiht ist und unaufhaltsam diesem zustrebt, wird er nie verstanden werden. In der heutigen Zweispaltung zwischen Eigenleben und Lebensform und öffentlicher Meinung ist eine solche Heilung des Zusammenwachsens gar nicht möglich. Die Welt des Denkers der Wahrheit ist von der der Gegenwart grundverschieden - sie leben in zwei verschiedene Sprachen. Der Denker der Wahrheit steht mittlerweile außerhalb der faktischen Lebensvollzüge.

Hoffen, schreibt Castelli? Hoffen kann man immer. Nur: Man DARF nicht immer hoffen. Man kann hoffen, wenn sich die Hoffnung auf übernatürliche Hilfe bezieht, Hoffnung auf Gott ist. Aber man DARF NICHT hoffen, daß der Fortgang bestimmter Ereignisse nicht jene negativen Folgen nach sich zieht, die in der Entwicklung ausgereift, absehbar sind.

Es ist unsinnig zu hoffen, daß Innerlichkeit auf magische Weise aus der Äußerlichkeit entstehen könnte, oder zu hoffen, daß ein Gespräch geführt werden könne, wenn Lärm und Getöse den Raum erfüllen und die ausgesprochenen Worte nicht zum andren dringen, Worte, die ein Gespräch ergeben und nicht bloße Mitteilungen sind, die sich auf Raum und Zeit beziehen.

Wenn wir sehen, daß es keinen schlußfolgernden Geist in dieser Epoche gibt, daß der Wartezustand nicht das Resultat eines Schlusses ist, zu dem wir gelangt sind, sondern etwas, das erlitten wird, eine Passion, durch die wir gehen, so muß zugegeben werden, daß die Krise tatsächlich den Charakter der Katastrophe angenommen hat, und daß die Lösung dieser Krise nicht Rückkehr und Wiederherstellung, sondern Erneuerung sein muß. 

Nur in der wirklichen Diagnose der Zeit aber findet sich jenes Feld, auf dem der gläubige Mensch Gottes Hilfe erwarten kann.





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Leben, immer (14)



SOMALIA, MOGADISHU. July 1993

Gesehen auf everyday_i_show


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Sonntag, 30. Dezember 2012

Quo vadis, Kroatien?

Es fallen einem einige Dinge auf, spricht man mit Kroaten, vor allem älteren. Neben dem Umstand daß das Land über modernste Infrastruktur zu verfügen scheint. Und da bestehen Zusammenhänge, zwischen den Erzählungen, und dem Beobachteten. Und dem auch vielen Kroaten nicht verständlichen Drang ihres Landes, der EU beizutreten. Die man geneigt sein könnte unter dem Titel "Flucht vor der Verantwortung" zusammenzufassen. Denn was könnte dieses Land sonst gewinnen? Reise- oder Niederlassungsfreiheit? Die kann auch auf anderem Weg erreicht werden. Man müßte nur aufhören, diese seltsamen Kontrollbögen zu verlangen, die jeder Vermieter auszufüllen verpflichtet ist, und wie eine kleine Inquisition wirken. Die kann es in einer EU ohnehin nicht mehr geben.

"Wir haben doch alles," sagen auch die Zimmerwirte, um dann mit den Achseln zu zucken: "Höhere Politik, damit wollen wir nichts zu tun haben."

Aber ein Thema ist auf eine Weise gegenwärtig, das man fast schon vergißt - der Krieg am Balkan. Plötzlich sitzen einem Menschen gegenüber, die in der vormaligen Kriegsindustrie tätig waren. Sie erzählen unisono, daß sie schon lange, damals, gar nicht mehr bezahlt, dafür nach Kriegsende zu guten Konditionen in oft recht frühe Pension geschickt wurden. Kriegsfinanzierung auf die Zukunft verschoben, nennt man das. Wer hat auch diese moderne Infrastruktur bezahlt? Kredite, was sonst.

Man ahnt etwas, hört man genauer zu. Man ahnt von den Vermögen, die nun viele besitzen, von Häusern, die "keine Besitzer" mehr hatten. Plötzlich fällt einem das Gespräch mit den serbischen Kulturschaffenden ein, die von den enormen Enteignungen erzählen, unter denen man die Serben vertrieb, oder zu erschwerten Bedingungen in Kroatien weiter leben ließ. Davon hört man im Rest Europas rein gar nichts. Der böse Mann am Balkan ist ja per Dogma festgeschrieben. 

Man hört aber mit spitzen Ohren Ältere klagen, daß viele junge Leute kaum noch arbeiten wollen, auch so existieren können, von staatlichen Geldern, von kaum zu definierenden Geldern. In einem Land, das eine enorm lange Küste dazu verleitet, drei Viertel des Jahres gemütlich an den nächsten Disneyland-Kulissen zu bauen, um die wenigen Sommermonate wie die Mücken auf die Touristen zu stürzen, um ihnen jeden Blutstropfen auszusaugen, der noch in ihnen ist. 

Während die alltäglichen Agenden in den Händen der Frauen zu liegen scheinen. An der Universität stellen sie, geht man von den Beobachtungen aus, vier Fünftel der Studierenden, in ihren engen Jeans und Stiefeletten als Einheitskleidung. Ein und derselbe Frauen- und Mädchenschlag, der mit konzentriertem Blick durch die Aula wandert, den Korzo und die Bars in den Seitengäßchen bevölkert, und uns (als Nachbarn) auch im gemieteten Appartement in Rijeka mit seiner Subwoover-Rockmusik jeden Schlaf raubt. Während die Männer in den Straßencafés sitzen und Kava trinken. Auch im November. Selbst die Restaurants aber, die wir besuchen, gute, hervorragende darunter, sie gehören Frauen, Männer sieht man nur ab und zu, als Kellner,m als Buschaffeure, und sie sehen - anders als in Ungarn - nicht sämtlich aus wie flauschige Teddybären. Aber im Supermarkt, in den Geschäften ... Frauen, voller Geschäftigkeit.

Und man verläßt das Land mit gemischten Gefühlen wieder. Mit sehr gemischten Gefühlen. Angesichts der Brutalität, mit der die Autobahnen durch die Landschaften gebrochen sind. Angesichts dieses seltsamen Amerikanismus, der in mancher Lebensweise auffällt. Angesichts der weiten Landstriche, die wie Niemandsland wirken.  Nicht nur des Steines wegen. Angesichts der alten Städtchen auf Krk, in denen gar kein Leben außerhalb des Tourismus zu existieren scheint. Angesichts der Vermieter, die ein Haus nach dem anderen kaufen, nach Lust und Laune, in aller Gemütlichkeit sanieren, um sie dann an Rentner aus Deutschland zu vermieten, solange keine Touristen kommen.




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Fakten und Mythen

Man kann Michael Behe nun gewiß nicht vorwerfen, "Creationist" zu sein, eher im Gegenteil. Aber er fällt durch sehr präzise Untersuchungen und Gedankengänge auf, die die Dogmatisierung der "Evolution" in Frage stellen und die Naturwissenschaften insofern seriöser machen will, als er sie auf ihre Schranken verweist. Im besonderen fiel er vor Jahren mit seiner Publikation auf, die zeigte, daß die bisher bekannten Mechanismen nicht ausreichen, um eine Makroevolution zu belegen. Vielmehr sind die heutigen Evolutionstheorien - Behe zeigt deutlich (und mit einer Prise Sarkasmus), daß von einer geschlossenen Evolutionstheorie keinesfalls gesprochen werden kann, es gibt lediglich einzelne Thesen, die aber nicht zusammenfaßbar sind, weil sie zu viele Widersprüche und Rätsel aufwerfen - getragen von einem mythologieähnlich geflochtenen Deutungsnetz, das aber zahlreiche wissenschaftliche "black boxes" enthält. Wo man Lücken in den Argumentationsketten einfach durch ein "müßte so sein, auch wenn man es nicht weiß" ersetzt, das sich vom zu Beweisenden selbst her ergibt. Ein typischer Zirkelschluß also.

Nun ist er neuerlich aufgefallen, durch vielfach diskutierte Artikel in der amerikanischen Quaterly Review of Biology. In einer Serie von Veröffentlichungen gab er die Ergebnisse seiner Studien bekannt, in denen er untersuchte, welcher Art die im Labor in den letzten 40 Jahren untersuchten Mutationen an lebendigen Organismen - in erster Linie Mikroben, also Bakterien, aber auch einige Viren - denn sind. 

In den meisten Fällen werden solche Ergebnisse im Labor dadurch provoziert, daß man den Lebewesen gewohnte Lebensbedingungen entzieht. Damit zwingt man sie zur Anpassung, um zu überleben.

Behe unterteilte die vorliegenden Ergebnisse in "Gewinn", "Modifikation" und "Verlust" funktional codierter Elemente (FCT). Das können nicht nur Gene, sondern auch verschiedene Arten von Steuerungselementen sein, die eine Funktion ausüben.

Das Ergebnis ist wissenschaftlich nicht auszuhebeln, es wurde auch von den Kritikern nicht angezweifelt. Lediglich die Interpretation hinsichtlich auf die Konsequenzen Makroevolutionsprozesse betreffend wurde heftig diskutiert. Aber mit Interpretationen ist Behe ohnehin höchst vorsichtig. Und schon gar nicht lassen sie eindeutige Rückschlüsse angesichts der immer weit komplexeren Bedingungen zu, die sich in der realen Umwelt vorfinden. Aber das Ergebnis war dennoch für viele überraschend: 

Unter den 50 Studien über Experimente, die Behe untersuchte, konnten die beobachteten Adaptionen in 12 Fällen auf einen Verlust eines kodierenden Elements zurückgeführt werden. 34mal waren die Adaptionen Ergebnis von  Modifikationen einer bestehenden Funktion, und nur in 4 Studien konnten die Adaptionen als Funktionsgewinn eingestuft werden, drei davon waren Studien mit Viren. Dabei sind die Ergebnisse im Einzelnen noch recht deutungsoffen, sodaß selbst die Zugewinne relativiert werden könnten.  Aber Behe, der eine Sichtweise des "Intelligent Design" (wo immer das herkommen sollte) für wissenschaftlich ertragreicher hält, wollte nicht so weit gehen.

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Auch wenn das keine Rückschlüsse aus sich heraus zuläßt, so muß es doch gestattet sein, diese Fakten als Indizien für eine These zu sehen, in der die beobachtbare historische Entfaltung der Arten die jeweilige Ausdifferenzierung eines ursprünglich vorhandenen Pools von Eigenschaften gesehen wird. Sodaß die Entwicklungsgeschichte der lebendigen Welt als Spezialisierung gesehen werden kann, nicht als Ausbildung von Neuem. Womit die Wissenschaftlichkeit immerhin nicht ganz vernachlässigenswert an die alltägliche Beobachtung (und sei es an eigenen Kindern) anschließt. Und an die abendländische Metaphysik. Die die Arten als Ideen (Form; Wesen) sieht, wo Geist sich in die Welt, zur Welt, im historisch bedingten Spiel in Stoff hinein bzw. in diesem, als Entelechie einer Idee, verwirklicht. Der Mensch erkennt sich aus dem Ursprung - als Fülle aller Ideen -, der in eine weiter ausgefaltete, ungekannte geschichtliche Zukunft hinein schreitet, weil er nur so seinem individuellen Ich Raum läßt, indem er so der Begrifflichkeit entkommt, zu sich selbst, und so erst im Maß der Selbsttranszendenz Geschichte als Spezialfall des ursprünglichen Ganzen überhaupt schafft (als schöpferischer Akt). 

Wer freilich das Allgemeine, Allumfassende, Begrifflichkeitslose kennt(e), kennt(e) alles.




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Shakespear'sche Hirschen mit zwei LLen

aus 2007) Übertragung aus "Love's labour's lost" durch J. M. R. Lenz; IV. Akt; Holofernes;


"Die schöne Prinzessin schoß und traf
Eines jungen Hirschleins Leben;
Es fiel dahin in schweren Schlaf,
Und wird ein Brätlein geben.
Der Jagdhund boll! - Ein L zu Hirsch,
So wird es denn ein Hirschel;
Doch setzt ein römisch L zu Hirsch,
So macht es fünfzig Hirschel.
Ich mache hundert Hirsche draus,
Schreib' Hirschell mit Zwei LLen."


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Samstag, 29. Dezember 2012

Wachsen oder Sterben

aus 2008) Aus einer europaweit preisgekrönten Dissertation (Titelverlinkung: Artikel im Standard)

Büttner und Madeo widmeten sich einem bis dahin wenig verstandenen Regulator namens EndoG. Dieser Stoff spielt nicht zuletzt bei alternsassoziierten, degenerativen Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Bei der Aufklärung der Funktionen von EndoG innerhalb der Zelle stellten sich mannigfaltige und teils sogar gegenläufige Wirkungen des Regulators heraus. So kann EndoG vor Zelltod schützen, übernimmt alltägliche Aufgaben beim Zellwachstum, kann aber auch das programmierte Absterben von Zellen fördern.

Erkrankungen

Als entscheidend für die Wirkung von EndoG hat sich dabei der Zustand der Mitochondrien in der Zelle herausgestellt. Kardinale Bedeutung hat der Stoff für das Schicksal von alternden Zellen, aber auch im Falle von Störungen. So wissen die Mediziner, dass etwa im Falle von Alzheimer- oder Parkinson-Erkrankungen verstärkt Nervenzellen absterben.

Dazu die Wikipedie mit einer kompakten Information über Mitochondrien: "... Mitochondrien fungieren als „Energiekraftwerke“ ... Mitochondrien werden praktisch über das Plasma der Eizelle nur von der Mutter vererbt ..."



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Welch Überraschung ...

Daß die Marketingmöglichkeiten von Facebook oft nur dem Wunschdenken von Onlinemanagern entspricht, ist das Fazit einer Untersuchung des Kölner Marktforschungsinstituts BrandResearch AG unter über 3000 Facebook-Nutzern. Online-Kontakte können reale Kontakte nicht ersetzen. 

Insbesonders die erhoffte Markenbindung (durch "friends", "like" etc. vorgebliche Stärke der social-media) ist durch Facebook so gut wie unmöglich. (Aus weiter angeführten Gründen müßte man ja eigentlich schließen: sie wird sogar beschädigt.) Bestenfalls erhöhen z. B. Gewinnspiele die Interaktivität, aber nicht die Bindung. Zwei Drittel der Facebook-Benützer empfinden auch Markennachrichten als häufig, und von unwichtigem Inhalt. Auch das Drücken von "like"-Buttons hat wenig Aussage, Kommentare werden trotzdem selten, und dann kurz hinterlassen. Die 15 % wirklicher Facebook-Cracks - unter ihnen gehört ein Großteil der Altersschichte von 14-19 Jahre an - halten zwar nominell frequenten Kontakt aufrecht, aber sie haben wiederum so viele Kontakte, daß auch diese höhere Interaktionsbereitschaft nicht die erwünschte Intensität einer Bindung bedeutet. Und das, obwohl gerade diese Zielgruppe der Facebook-Cracks das höchste Markenbewußtsein aufweist.

Aber noch aus einem anderen Aspekt greift Facebook-Engagement von Unternehmen so schlecht: Facebook-Benützer empfinden Firmenauftritte auf Facebook als "uneigentlich". Die Selbsttreue der Marke ist beschädigt.

"Häufig ist der Markenauftritt auf Facebook gewollt kreativ und unterhaltsam (ist er das nicht, ist er - siehe oben - sowieso nicht interessant, zieht also erst gar keinen Traffic an; Anm.), entfernt sich aber dabei viel zu weit vom eigentlichen Inhalt und dem Signalcode der Marke. Die Selbstähnlichkeit geht verloren und der Auftritt wirkt nicht mehr authentisch", weiß Ralph Ohnemus, CEO von K&A Brand Research. "Facebook ist nicht der goldene Weg in den Markenerfolg, sondern ein Marketingkanal unter anderen. Es kann niemals die klassische Kommunikation ersetzen. Auch für soziale Netzwerke gilt: Schöne Werbung gefällt, klassische wirkt!" 




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Leben, immer (13)


MALI. Young Tuareg women in Kidal in 2004


Gesehen auf everyday_i_show


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Freitag, 28. Dezember 2012

Mißverständnis?

„Es gibt für jeden Platz in den Obdachlosenunterkünften."

Das sagte jüngst in bemerkenswerter Vieldeutigkeit - die Pressekonferenz, wo dieser Ausspruch getätigt wurde, fand noch dazu am Haupteingang des Budapester Zoos statt - der Budapester Oberbürgermeister Gábor Demszky (Bild) von der Sozialliberalen Partei SZDSZ. Um noch rasch hinzuzufügen: "Also: für die Obdachlosen." Und dabei machte der seit 20 Jahren die ungarische Hauptstadt regierende Politiker (er muß es also wissen) eine ausholend-einladende, aber zunehmend unbeholfenere Geste, während sich im Auditorium bereits Lachen breitmachte.

Es war nichts mehr zu retten. Das Vertrauen der Ungarn in ihre Politiker ist ohnehin schwer erschüttert, zumal in Budapest, wo der im letzten Jahr aufgeflogene Skandal um die dortigen Verkehrsbetriebe - die über Scheinanstellungen und Abfindungstänzchen in allen Ebenen, vom Busfahrer bis zu Führungspositionen, von Bestechungsgeldern für Auftragsvergaben bis zu Parteienfinanzierungen der Sozialisten über Kredittöpfe, wie ein Selbstbedienungsladen ausgesaugt (alleine seit 2007 waren über 3 Mrd. Euro an mindestens 800 Bezieher abgezweigt worden) wurden, und nun mit staatlichen Milliarden wieder flottgemacht werden müssen - nachhaltig rumort. Da hat solch ein Versprecher natürlich dreifache Würze.

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Der Vollständigkeit halber

Weil hier bereits einmal über Irland und die derzeitige Abtreibungsdebatte abgehandelt worden war, sollte der Vollständigkeit halber der Fall erwähnt werden, der prompt gegen die Hauptargumentationslinie der Abtreibungsgegner - keiner Frau ist jemals eine Behandlung verweigert worden, Schwangerschaft verhindert also keine Krankheitsbehandlung - wie -befürworter - Schwangere würden durch das strikte Abtreibungsverbot Behandlungsnachteile erleiden - auftrat bzw. zu einem solchen Modellfall aufgeblasen wurden.

Denn das war er nicht. Welcher Fall? Eine Schwangere, Savita Halappananvar, starb an einem Infekt. Abtreibungsbefürworter machten dafür die Ärzte verantwortlich, die eine Abtreibung verweigert hatten.

Eine Obduktion der Toten hat nun ergeben, daß sie an einem Harnweginfekt gestorben war. Diese tritt derzeit vermehrt in Irland und England auf, und wird von einer Virenvariante (coli ESBL) ausgelöst, die gegen bislang bekannte Antibiotika resistent ist.  Ein Problem, mit dessen immer häufigerem Auftreten weltweit längst zu rechnen ist, weil die jahrzehntelange Anwendung von Antibiotika eine immer weitergehende Resistenz von Viren (die sich sehr rasch anpassen können) bewirkt hat,m sodaß sie in immer neuen Stämmen auftreten, gegen die kein Antibiotikum mehr wirkt.

Die Frau wäre also höchstwahrscheinlich in jedem Fall daran gestorben. Zumindest hatte ihr Tod mit ihrer Schwangerschaft nichts zu tun. Die Ärzte haben keine Behandlung unterlassen, WEIL sie schwanger war, sie konnten ihr einfach nicht helfen, weil kein Antibiotikum griff. Das scheint mittlerweile nicht  nur festzustehen, sondern neue Fragwürdigkeiten tauchten auf, wie Life Institute aus Irland berichtet: eine Abtreibung dürfte überhaupt nie in Diskussion gestanden sein, wie eine der in die Bekanntwerdung (und Instrumentalisierung) des Falles involvierte Journalistin Kitty Holland öffentlich eingestand, Savita Halappananvar könnte überhaupt nie eine Abtreibung verlangt haben, um ihr Leben zu retten. Es könnte also sein, daß der tragische Fall lediglich von den Abtreibungsbefürwortern auf äußerst zynische Weise mißbraucht worden war, um die Hauptlinie der Argumente in Mißkredit zu bringen.

Wie sieht dieser Fall aber ethisch - und unabängig von dieser Frage, ob eine Abtreibung verweigert, oder gar nie verlangt worden war - wirklich aus? Warum würde eine Abtreibung dennoch unethisch (gewesen) sein? Diese Frage umweht im irischen Fall eine besondere Tragik, angesichts deren mehr Schweigen prinzipiell angebracht sehen würde. (Von allen Seiten: den Fall "auszuschlachten", wie es die Abtreibungsbefürworter taten, war also an sich schon höchst geschmacklos.) Noch dazu, weil ja nun AUCH das Kind gestorben ist, das durch das Abtreibungsverbot ja geschützt werden sollte. Dennoch ein vorsichtiger Antwortversuch:

Weil es nicht erlaubt ist, vorsätzlich ein Leben zu beenden, um ein anderes zu retten. Denn das Leben selbst ist in Gottes Hand, es stammt direkt aus ihm, der das Leben IST. Der Mensch hat an ihm  nur teil, in Abschließung von Gott gibt es überhaupt kein Leben. 

Der Sinn des Lebens liegt deshalb nicht in seiner friktionsfreien innerweltlichen Ablaufgestaltung, sondern in der Erfüllung der Liebe, in der Transzendenz auf Gott, das Leben hin. Nur in ihr wird jenes individuelle Leben zur Gestalt gebracht, das im Ganzen den Sinn der Schöpfung erfüllt: die Ideen Gottes zur Darstellung zu bringen.* Leben außerhalb dieser Ideen, ja überhaupt Seiendes außerhalb seines vorgegebenen Wesens, zur Erfüllung bringen zu wollen, läßt alles ins Nichts fallen. Es gibt keine rein innerweltliche Alternative. Sodaß das Leben als Kernpunkt dieser Erfüllung zu einem Geschenk wird, das an Gott zurückgegeben werden muß, indem man es losläßt - Nur darin erfüllt sich diese Liebe als Lebensgrund, erfüllt sich der Sinn der Welt, in der Präsenz dieser einzigen Kraft, die überhaupt etwas werden und sein läßt. 

In dieser Selbstüberschreitung wird aber die Gestalt des Zukünftigen Gott selbst überlassen, dem Geheimnis seines Planes anvertraut. Wer sein Leben so erfüllt, hat seinen Sinn erfüllt, ohne ihn im voraus zu kennen, ihn im nachhinein aber zu sehen. Nicht der, der es um jeden Preis erhalten will, und sich damit an Bestehendes klammert, das aus sich selbst heraus aber nichts ist. Schon gar nicht also um den Preis, ein anderes Leben auszulöschen.** Auch, wenn dieses Leben als Folge, aber ohne Intention und damit ohne Schuldbefleckung, die eine Trennung von diesem göttlichen Leben bedeutete, mit erlischt. Das mag in diesem Fall zynisch klingen, für Ohren, denen diese Grundwahrheit fremd geworden ist. Aber man hilft niemandem, wenn man diese Wahrheit verleugnet oder umdeutet.

Menschen aber, die sich hier so offenbar um ein Leben - das der Frau - besorgt zeigen, zögern nicht, das Leben unzähliger Ungeborener zur Tötung freizugeben. Aus dieser Antinomie wird aber mehr klar, als aus allem anderen. Denn es macht keinen Unterschied, in welchem Reifegrad sich dieses menschliche Leben befindet, die Mutter "zählt" nicht mehr als das Kind, der Mensch darf da niemals werten. Nicht, wenn es um andere geht, denn natürlich, sein Leben freiwillig für andere zu opfern, ist sogar die höchste, reinste Form der Liebe. Auch die "Unabhängigkeit" ist kein Argument, wie bei Ungeborenen oft eingewandt wird, um "Schutzbedürftigkeit" zu definieren. Wobei im übrigen schon die Eizelle im ersten Moment ihrer Befruchtung alle Merkmale eigenständigen Lebens trägt, sich "aus sich" heraus - im Dialog mit dem Begegnenden - entwickelt.***





*Davon ist die Rede, wenn man von "Kirche" spricht, dem Himmlischen Jerusalem, die aus dem Himmel kam, und in ihrer realen Form die Schöpfungswirklichkeit Gottes - als Ideengefüge - darstellt. Mehr soll dazu aber hier nicht gesagt werden, denn dieser schwierig zu erfassende Gedanke - der jeder Bildhaftigkeit widersteht, weil er "ens realiores" ist, zugleich vor wie erst nach dem Weltenlauf zu denken - ist Ursache vieler (u. a. gnostischer) Mißverständnisse, in jeder Richtung (auch innerhalb der Katholischen Kirche selbst). Er ist aber der Weg um zu verstehen, wenn es heißt, daß es außerhalb der Kirche, außerhalb der göttlichen Seinsordnung, kein Heil, ja nicht einmal Sein und Leben "gibt". Die faktische Welt zeigt also ein aus dem Dunkel sich mehr oder weniger erhebendes Licht, das aber nicht aus ihr, sondern von Gott stammt. Der Sinn unseres Daseins besteht also darin, diesem "Turm Kirche" (in ihrem historischen Aspekt) als Stein eingefügt zu werden.

**Es gibt Untersuchungsreihen in der Psychologie, die herausfinden sollten, wie Menschen in schwierigen ethischen Fällen entscheiden, für die keine Musterentscheidungen vorliegen. Wieweit also ethische Entscheidungen tiefere Wurzeln haben, als zivilisatorische Geprägtheiten. Ob sie also gewissermaßen in der Natur des Menschen liegen, und damit allgemein sind, ohne definitive, explizite Ausgesprochenheit. Das Ergebnis war insofern erstaunlich, als sich bestimmte Grundmuster erkennen ließen, die die Entscheidungen im einzelnen prägten. So, daß die deutliche Mehrheit der Probanden die bewußte, willentliche Opferung eines Lebens, um den Tod anderer (mehrerer) zu verhindern, nicht für gut hießen. Während sie den Tod dieses einen eher akzeptierten, wenn er "zufällig" als Folge eines nicht weiter beeinflußbaren Geschehens, also als maß der "Möglichkeit", eintrat. Die Menschen wissen also zutiefst um dieses Geheimnis des Lebens, über das zu entscheiden nicht in ihrer Hand liegt. Die Abtreibung lebt also vor allem davon, daß das Abgetriebene nicht gesehen wird, es wird in einer "Black Box" belassen. Sie widerspricht aber menschlichem Grundempfinden. Gesellschaften, die die Abtreigung erlauben, werden so wie bei jedem Verstoß gegen das Natürliche fortan von sehr tiefen Schuldbewältigungsstrategien - in den Einzelnen, aber auch institutionalisiert - bestimmt. Am häufigste, und am einfachsten zu erkennen, sind Strategien der "Ersatzschuldigen", der stellvertretenden Moralverfestigung, und vor allem der Schaffung von Allgemeinheit, um dadurch die Schuld "absolut und wahr" zu machen. Weshalb gerade heute das öffentliche Klima in unseren Gesellschaften so sehr auf die willentliche Schaffung von "Normalität" abzielt. Normalität aber muß nie geschaffen werden, im Gegenteil, man kann sie nur hören und beobachten. 

***Denn diese Unterscheidung entreißt ja selbst der Achtung Behinderter oder Schwerkranker oder Pflegebedürftiger ihrem einzigen Grund. Abtreibung und Euthanasie haben dieselbe Wurzel, so wie überhaupt jede Verfügbarmachung des Lebens. Das macht den oft kritisierten Spruch sehr wahr, der besagt, daß Verhütungsmentalität in einer Linie mit diesen lediglich sichtbareren Problemen zu sehen ist.





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Entmachtungsstrategien

Zwar versucht der Spiegel-Artikel die Psychotherapie letztendlich zu rechtfertigen, man müssen nur dies und das korrigieren, aber er verrät einige Fakten, die man selten in dieser Form liest - Folgewirkungen aus Psychotherapien. Und die sind sogar für zeitgeistige Augen beträchtlich. 

So wird das Debriefing nach traumatischen Erlebnissen - das sind Erlebnisse, in denen sich der Mensch in seiner Selbstmächtigkeit unzureichend für seine Lebensbewältigung erlebt, die Erlebnisse seine Verankerung in sich selbst überrennen, er also jeden Persönlichkeitsgrund verliert, aus dem heraus er weiterleben könnte - als unzulängliche Methode kritisiert. Mit der Aufarbeitung dieser Erlebnisse in Gesprächen soll verhindert werden, daß sich posttraumatische Belastungsstörungen bilden. Das sind psychische "Konstrukte", in die der Leidende seine Erfahrung einbettet, mit dem Ziel, sich vor ihnen zu schützen kapselt er sie quasi ab, rührt diesen Themenbereich nicht mehr an. Tatsache aber ist, daß sich bei den solcherart Behandelten nach Jahren dieselben Erlebnisse in den Erinnerungen zurückmelden, und dann noch quälender sind, als wären sie nicht "behandelt" worden.

Dies charakterisiert ja einen großen Teil der gängigen Psychotherapien. Die (meist ohne es selbst zu wissen) davon ausgehen, daß Erlebnisse rein oberflächlich-"psychische" darstellen, die keinen absoluten Wert besitzen. (Im Grunde definiert die gängige Psychologie ja "Psyche/Seele" überhaupt so: als rein erlebenszentrierte Vorgänge; die uralte Auffassung des Menschen als mit einer Geistseele begabt, sodaß sich seine seelischen Probleme aus geistig-metaphysischen Grundkonstellationen heraus darstellen, ist längst passé.*) 

So wird - bis auf wenige Ausnahmen, die Logotherapie sei als eine davon genannt - in den Psychotherapien meist darauf hingearbeitet, keine objektiven Probleme zu suchen, sondern die spezifische psychische Reaktion darauf aufzulösen. Was praktisch immer so weit geht, die Persönlichkeit zu destruieren, aufzulösen, um bestimmte Funktionalität wieder herzustellen. Der Erleichterungseffekt rührt aus der Auflösung der Persönlichkeit, bei Gruppentherapien in eine Gruppenpersönlichkeit.

Damit wird die persönliche Geschichte des Menschen generell relativiert. Zeit und persönliche Geschichte, in der jemand allmählich wieder lernt, sich zur Welt hin zu öffnen, wird bedeutungslos, seelische Aufarbeitung zur gewaltvollen Methode, Schutzreflexe aufzubrechen (was "mit Zustimmung" deshalb dem Mißbrauch vergleichbare Folgeerscheinungen zeitigt) oder durch Umleitungen zu übergehen. Erleichterungseffekte, "Erfolge" sind deshalb immer auch Effekte der Depersonalisierung, das Tragen seiner selbst ist nämlich immer eine Last, davon befreit zu werden wird aufs erste erleichternd gefühlt.

Es gibt sogar Therapien, die als Ziel versprechen, "Sorgen" wegzunehmen. Nun haben aber Sorgen sehr reale Zusammenhänge, auch die subjektive Reaktion darauf ist nicht zufällig, und sie ist auch kein "Krankheitsfall", sondern gerade der Wunsch  nach Wiedergewinnung der ganzheitlichen Freiheit ist Anlaß, daß der Einzelne allmählich wieder umfassendere Wirklichkeitsöffnung will und probiert.  In seiner Umgebung, adäquat, nicht in neutralen Situationen geknackt, und dann in seine alte Welt zurückgestoßen. Wo er, eiderdautz, dann nicht selten Bindungen und Beziehungen löst, weil sie seinem "neuen" Selbst nicht mehr entsprechen. (Real-ontologische Bindungen wie Ehen sind deshalb sehr häufig unter den ersten Opfern solcher Therapien. Denn natürlich ist eine Bindung Spannung, und insofern belastend.)

Kein Wort also von ontologischen Vorgängen und Verfaßtheiten, kein Wort von sehr wirklichen Konstellationen, in denen sich jeder Mensch findet, und die auf eine Weise komplex sind, wie sie sich dem Menschen immer (!) entzieht. Vielmehr wird die Beziehung zum Absoluten - Gott - als Gegenüber durch die Beziehung zum Therapeuten ersetzt.

In praktisch allen Fällen kommt deshalb dazu, daß die Psychotherapie - wieder: ohne es zu wissen - Deutungsschemata implantiert. Es passieren dieselben Vorgänge, wie die, wo Jesus verlangt, "an ihn zu glauben". Am deutlichsten werden solche Prozesse in Methoden wie Reiki, die direkte Initiationen als Identitätseinbrüche benötigen. Reiki ist ja eine spezifische Form von Persönlichkeitschanneling, in der für "die große Weltenergie" (als Mediatisierung) aufgebrochen wird, an dem teilnimmt, wer sich selbst mediatisiert, als Mittel zum Zweck benützt.

Der Behandelte lernt in den Psychotherapien schlicht und ergreifend, bestimmte Brillen aufzusetzen, wie die Welt wirklich sei - meist schlicht und ergreifend die immanenten Ansichten des Therapeuten, diesem gar nicht immer selbst bewußt. Er beginnt daraus folgend, auch seine Mitmenschen diesen Sichtweisen gemäß zu psychologisieren, anstatt zu erkennen, beginnt sie unter bestimmten Kriterien zu "sehen". 

Das ist aber nur in sehr spezifischen Grenzlagen überhaupt möglich, nämlich genau in der Unfreiheit, der bloßen Weltimmanenz. Der Therapierte setzt also seine Mitwelt generell als unfrei und mechanistisch voraus, seine transzendente Dimension muß ihm ja gegenstandsfremd sein. Glaube und Religion wird also zur bloßen Kontingenzbewältigung, kann gar nicht absolut sein. (Gerade "Geistmethoden" behaupten ja deshalb genau das Gegenteil: daß die Mediatisierung die Methode der Transzendenzöffnung sei, was eine glatte Täuschung ist. Transzendenz kann es nur in die konkrete, reale, komplexe und immer geheimnisvolle, weltantinomische Wirklichkeitsoffenheit hinein geben.)

Wo der Therapeut dies nicht tut, wo er also alles "offen" läßt, fehlt ihm aber jede Grundlage überhaupt von Heilung zu sprechen, denn was sollte dann von Mensch zu Mensch übergehen, im Identifikationsvorgang, außer seine Weltsichten, seine eigene geistige Substanz? (Das Grundproblem jeder Psychotherapie im übrigen, das nur durch Wechsel der Identifikationspartner in einer Endloskette "zu lösen" ist - jeder Psychotherapeut hat deshalb "Übertragungsprobleme", und braucht selbst "Supervision".) 

Dann ist er nicht mehr Gesprächspartner als der Mayer Franz am Stammtisch, und die weltkluge, erfahrene Frau Bozena, die man am Gang trifft. Von den immer häufigeren Therapien, die "Geistheilung" versprechen, und sei es mit "ewigen Energieströmen" (natürlich wissenschaftlich bewiesen) zu arbeiten, gar nicht erst zu reden.**

Damit entwertet er analog zur selbst erfahrenen Entwertung als Ganzer seine Mitmenschen, womit sie natürlich ihre "Bedrohung" (als Andere - nun sind sie ja "erkannt") verlieren. Womit er selbst aber auch seine Chance verliert, überhaupt noch in die Welt hinein zu werden. Er bleibt zunehmend in sich. Solche Effekte an Therapierten sind keineswegs Einzelfälle, sie sind generelles Merkmal. Und aus den heutigen Geisteshaltungen heraus sehr klar weltanschaulich (geistig) zuordenbar.

Heimito von Doderer nannte deshalb einmal die Psychologie eine "Erkrankung des Geistes". Eben weil sie die Wirklichkeitsoffenheit durch eine Lähmung ersetzen, die gar keinen Zugang zur Welt selbst mehr möglich  macht, sondern eine Neurose der Deutung implantiert. 

Es ist deshalb auch alles andere als ein Zufall, daß der Spiegel anführt, daß Erhebungen ergeben haben, daß es völlig gleichgültig sei, welche Ausbildung und in welchem Ausbildungsstand der Psychotherapeut sei. Entscheidend sei die Beziehung zwischen Patient und Behandelndem. Damit belegt er, daß die Psychotherapien der Gegenwart alles andere als "wissenschaftliche" Grundlage haben, sondern rein persönliches Geschehen ist. Dessen Wirkung auf ganz anderen Ebenen liegt, als vorgegeben wird.





*Florenski schreibt dazu: "Und wenn die zeitgenössische Psychologie immerfort wiederholt, daß sie keine Seele kenne als Substanz, so läßt das nur den sittlichen Zustand der Psychologen selbst in einem sehr üblen Lichte erscheinen, welche in ihrer Mehrzahl offenbar "verlorene Männer" sind. Dann ist es allerdings so, daß nicht "ich tue", sondern "mit mir getan wird", nicht "ich lebe", sondern "mit mir geschieht". In dem Maße des Erlöschens der schöpferischen Kraft, der Selbsttätigkeit und der Freiheit im Bewußtsein, wird die ganze Persönlichkeit durch mechanische Prozesse im Organismus verdrängt und, indem sie die Folgen der eigenen Schwäche nach außen projiziert, belebt sie die umgebende Welt."

**Es ist ein einziges Zeitphänomen, entstammt denselben Wurzeln, wenn einerseits vor allem Frauen (in Österreich 70 %) Psychologie studieren und betreiben, und anderseits die USA das Internet erfunden hat und beherrscht. Beides ist eine Form der Machtergreifung durch Bindung des anderen in seinen geistigen Grundlagen. An sich schließt das an die weibliche Art der Weltpräsenz an, als Schooß des Geistes, in dem sie das Männliche in Liebe bindet und zu seiner Gestalt führt - in dieser Form (als Form der Nicht-Liebe) ist es aber eine Perversion des Weiblichen durch Explizierung, durch Beherrschung des Männlichen, des Logos. An der Spitze des weltweiten Reikinetzes steht ... eine Frau, als Urmutter, an der alle Reikipriester hängen.




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Donnerstag, 27. Dezember 2012

Pausenloses Ringen

In einer Zeit, schreibt Castelli, in der das gesellschaftliche Gefüge zerfallen ist, in der jede Position, jeder Stand zu jeder Zeit disponibel ist, wird das Ringen um Arrivierung, um Erringen wie Erhalten der gesellschaftlichen Stellung, nicht zur kurzzeitigen Zielsetzung, wie sie die Jugend im Übergang zum Erwachsenen kennzeichnet, die zur Leistung anspornt, sondern zur notwendigen Dauerbeschäftigung des gegenseitigen Übertölpelns, weil jeder Moment der Schwäche das Erreichte zum Einsturz bringen, das Verhältnis zum anderen, Inhalt aller Persönlichkeit, umstürzen kann.

Was in der früheren Welt als jedem aufgetragenes Gebot der Schicklichkeit und Moral galt - den anderen nicht herabzusetzen - wird zur Notwendigkeit der Selbsterhaltung.

Individuell wie in Gruppen kommt es dadurch zu einem grundlegend anderen Verhältnis der Identität gegenüber: sie wird zum Dauerkrieg, zur sozialen Technik, die keinen Moment der Unaufmerksamkeit duldet. Und sei es, um der Technik der Erniedrigung durch die anderen zuvorzukommen oder rechtzeitig zu begegnen.




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Wozu das alles?

Der NZZ-Artikel über die Geschäftsvolumina, die Apps in den social media-Unternehmen Microsoft, Apple, Nokia oder Samsung einfahren, verstärkt weiter den Verdacht, daß die Errungenschaften der neuen Medien in erster Linie in ihrer Implementierung selbst liegen. Wer die Commercials der Hardwarefirmen und Telekommunikationsunternehmen betrachtet, sieht fast ausschließlích Werbebotschaften, die sich mit den Vorteilen dieser Form der Elektroník selbst befaßt. Sie verheißen vor allem jederzeitige Erlösung von Einsamkeit, permanente Möglichkeit zur Flucht vor der Wirklichkeit in vorgestellte Welten, Befreiung von der Schwere des Ortes.

Nach wie vor fehlt dabei eine wenigstens versuchte, realistische Kosten-Nutzen-Rechnung der Digitalisierung so vieler alltäglicher Bereiche, die auch die individuellen wie gesellschaftlichen Folgekosten - aus Umwälzungen individueller Kosten auf die Allgemeinheit, der häufigste Vorgang dabei - mit berücksichtigt. Die berücksichtigt, daß das Setzen auf automatisierte Abläufe (und nur solche sind elektronisch möglich) jeden der sich ihrer bedient auf Gedeih und Verderb abhängig macht, die Freiräume im Handeln immer weiter einschränkt, sodaß wir zu Sklaven von Abläufen werden, die allesamt das Ziel vorgeben, den Tag zu erreichen, wo uns diese Abläufe endlich wirklich entlasten, anstatt ein Problem durch Ableitung auf drei weitere, neue zu lösen. 

Was im Grunde ja auch nur die Art des heutigen Denkens abbildet, das Begriffe durch Begriffe erklärt, bis niemanden mehr interessiert, ob auch nur einer dieser Begriffe überhaupt Erkenntnisinhalt trägt. Content ist ja nach wie vor das große Problem des Internet/social media-Netzes, und daran wird sich mit Sicherheit nichts ändern. Weshalb die Commercials immer dichter gesendet werden, auch auf den social media, um zu zeigen, was man alles doch noch ins Netz stellen könnte. Mutti verschluckt sich? Ach, raus ins Netz, irgendjemand in Bangkok oder Neuenschöpfhausen an der Biehlar wird es schon anklicken.

Und genau so streng riecht es, wenn dem Autor in der NZZ als einzige Errungenschaft der so weitgehenden Durchdringung der ganzen Welt mit social media-Elektronik einfällt, daß das Video Gangnam-Style 850 Millionen mal angeklickt wurde. Während das Hauptgeschäft der Elektronikfirmen im Verscherbeln von Apps besteht, die Apps herunterladen, die Apps implementieren, um Apps zu verwenden, die Apps ... um immer up-to-date zu sein, wenn wieder irgendwo ein Gangnam-Style-Video online ist, das dadurch berühmt wird, daß Apps es herunterladen, um es an Apps via Empfehlung weiterzureichen, die ... bis plötzlich ein nächster Rekord der Klickzahlen am Himmel leuchtet und alle sehen, wie bedeutend die social media für die heutige Gesellschaft sind. Weshalb es noch geeignetere Handgeräte braucht. Weshalb die Wissenschaftsminister, animiert von den unglaublichen Zugriffszahlen, der westlichen Welt die Heranbildung von nach diesen Kriterien zertifizierten Elektronikingenieuren fordern und fördern, die neue Apps entwickeln, um am Puls der Wirtschaft zu bleiben, die Apps verscheuert.

Und so wird es eine solche, schon gar nicht umfassende Faktenabwägung nie geben. Zu verflochten und zu komplex sind die Lebenabläufe. Ein gutes Beispiel dafür, wie Gewißheiten nicht aus Fakten selbst steigen, sondern aus dem konkret gar nicht in dieser Form sichtbaren Erfassen von Grundmustern und -bildern. 

Darf deshalb irgend jemand wieder einmal die gewiß fortschrittsfeindliche Frage stellen: wozu? Für leichteren Zugang, der dann wieder eingeschränkt werden muß, weil sich herausstellt, daß er ZU leicht ist und junge Mädchen dazu animiert, von sich pornographische Bilder zu schießen, die sie dann flugs ins Netz stellen, worauf sie wiederum auf Pornoseiten auftauchen, die nach wie vor 60 % des Funktraffic ausmachen? (Weitere 40 % entfallen ja auf die Unterhaltung über die Zugängigmachung von Internetinhalten und neue Apps, 8 % auf die Vereinbarung von Verabredungen, die nie getroffen werden, weil sie ohnehin kurzfristig noch umgestoßen werden können, dank der Apps, sodaß man sie gleich dem Zufall überlassen könnte)? Während sich alle Welt weiterhin den Kopf zerbricht zu demonstrieren, was man alles mit Apps machen kann, und welche man noch entwicklen könnte, obwohl es niemand braucht, sondern alle es - wie Kinder eines der zahllosen überflüssigen Spielzeuge unter dem Weihnachtsbaum - halt mal ausprobieren, bis sie entdecken, daß da nichts kommt. Außer die Empfehlung eines neuen Apps, zu dem es aber ein neues Handy braucht. 

In einer Welt der Ultra-Verkehrswege und offenen Schleusen, in der sich aber niemand mehr aus seiner schall- und blickdichten Zelle herausbewegt weil alle hoffen, daß neue Apps eines Tages das Leben selbst liefern.





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Leben, immer (12)



FRANCE. A little street in the center of Tarascon. 2000


Gesehen auf everyday_i_show


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Mittwoch, 26. Dezember 2012

Sinn im Ton

Mit der rasanten Verbreitung und Verwendung von gedrucktem Text, der damit seinen den ursprünglichen Bezug von Geschriebenem mit Gesprochenem verblassen ließ, schreibt Walter Ong in "The Presence of the word", vollzog sich mehr und mehr eine Verinnerlichung der Inhalte. Selbst das laute Lesen hörte auf, man begann allgemein leise zu lesen. Die Inhalte verschoben sich von immer auf den Rezipienten bezugnehmendem Inhalten im Ton - auf deren Selbstevozierung und höhere subjektive Beliebigkeit in Folge der Verlagerung auf die Sehprozesse.

Nach und nach wandelte sich damit auch das Gottesbild: der Logos, dem schöpfungsgewaltigen Wort, das alles erschüttert, wurde nach und nach zum Architekt, wie es im 17. und 18. Jhd. das verbreitetste Bild von ihm war.  Das Bild als Inhaltsträger nahm in der Folge in Westeuropa eine Rolle ein, die weltweit einzigartig ist. Heute haben wir überhaupt eine extrem auf Bildinformation (!) beruhende Welt, analog zur Bedeutung des Sehens in den Erkenntniskonzepten, bis hin zum Subjektivismus. Der Bilderstreit des römischen Katholizismus mit Byzanz (der späteren Orthodoxie) im 8. und 9. Jhd. war in seinem Kern keineswegs ein Streit um Frömmelei oder des Kaisers Bart, er war tief begründet, weil er enorme Konsequenzen und Implikationen hatte. Der Verfasser dieser Zeilen hat kaum Zweifel, daß der Osten Recht behalten hatte. Der Nihilismus Westeuropas übersteigt jedes Maß, Westeuropa hat überhaupt jede Religiosität verloren. Und darin spielte die (technische) Kulturentwicklung eine bedeutende Rolle, die mit der Renaissance mit innerer Konsequenz auf einer schiefen Ebene verlief.

Denn auch die Betrachtungsweise (Wortwahl!) der Dinge der Welt veränderte sich: der Ton, ja überhaupt jeder Sinneseindruck wurde unbedeutend, der Mensch wurde zum reinen Beobachter ihn nicht real berührender Objekte. Die Objektwelt selbst wurde selbständig, die Bilder die Wirklichkeit "erschöpfend". Spätestens dann mit Kant tauchte auch das Problem der Entstehung von prospektiven Vorstellungsbildern auf, und das Problem der Noumena entstand (denn gerade Kant bewies ja, daß jedes Denken von Grundkategorien und -anschauungen postulativ ausging, diese also VOR dem eigentlichen Denken da sein mußten): die direkte innere Inspiration mit Bildern als Alternativkonzept, an sich ein - hinsichtlich Gesellschaft - Atomisierungs- und Sektenkonzept, um es pointiert zu sagen, dem nationalistische Ideologie fast zwangsläufig entspringt.

Im Hören, ja nur im Hören aber dringt Sinn - Logos - nach innen, ALS Logos. (Glaube kommt vom Hören.) Anders als im Sehen, das über bloße Nervenreizung den Sinn (Logos) bereits braucht, um "etwas" zu sehen. Welt und Schöpfung entstand ja überhaupt aus dem Wort, dem gesprochenen Wort: "Da sprach Gott: Es werde Licht. Und es ward Licht." Der Sehende aber GIBT Sinn, SCHAFFT die Dinge. Das Weltkonzept, ja die Anthropologie drehte sich in der Renaissance also um 180 Grad, in eine immanentistische, solipsistische und den Einzelnen vergottende Welt.*

Der Verbindungsweg zu Ich-Konzepten sei hier nur angedeutet. Denn über das Hören wurde zuvor auch das noch gestaltlose, keimhafte Ich zum Selbst, das Hören wurde zuvor also auch als der grundlegende Menschheitsakt verstanden. Wie im "effata" des Taufritus dargestellt, dem Öffnen der Ohren, wurde der Mensch beim Namen und dadurch zu sich und in die Welt gerufen. Der Ruf, die Berufung als grundlegender Akt, wich nun.

Unterschiede zu Kulturen - Asien, Afrika, Arabischer Raum, die Indianer Amerikas - sind evident. Sei es, weil sie eine Schrift der Pictogramme haben (China), die nach wie vor viel Mündlichkeit braucht und ganz andere Sinnverweiskonzepte birgt - eben: Oralität nicht ersetzen kann - oder weil die Schriftlichkeit im Volk nie dieselbe Durchdringung als Kulturtechnik hatte wie in Europa (auch wenn sich das allmählich ändert). Nach wir vor wird aber auch heute der Koran auswendig gelernt, seine Verbreitung und Fundierung im Leben erfolgt oral, laut lesend. Und in Indien muß man immer noch die Veden singen können, nicht einfach lesen. Die Knotenschrift Südamerikas hatte z. B. überhaupt nur Topoi (Grund- und Emotionsbilder) zur Erinnerungsstütze, keine Laute, keine Wörter. Nur am Balkan hielten sich die Volkssänger, die den Fundus an uralten Volksweisheiten öffentlich singend-erzählend weitergaben, bis in die Mitte des 20. Jhds.

Während in Europa generell Auswendiglernen eines Fundus an Kulturgrundschemata wie -befindlichkeiten beinhaltenden Texten (weltlich wie religiös) verdrängt (schon gar: von Medien), und schließlich abgeschafft wurde. Vom Singen gar nicht zu reden: noch in der Generation des Verfassers dieser Zeilen hatte man mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter einen ganzen Fundus an Liedern (mit Gefühlen, traditionellen Sinndeutungen, Inhalten, Geschehnissen, kurz: Topoi, der Grundlage der Phantasie und des Schöpferischen) gelernt. Mit gravierenden Auswirkungen auf die psychischen Strukturen. Wenn heute Kinder in der Straßenbahn Wiens Popsongs nachplappern, zeigt das, wohin wir uns noch verändern werden. Denn sie bauen damit ihre Bewußtseins- und Weltdeutungsstrukturen auf.




*Dazu kommt die Rolle des Latein in Europa, das von der Kultsprache zur Sprache des Denkens, der Schulen, und der Autorität wurde. Karl der Große verwendete es als Basis seiner Reichsorganisation, die auf die nach der Völkerwanderung einzigen funktionierenden überregionalen Strukturen zurückgriff, die es noch gab, die Kirche. Die deshalb von Anfang an entscheidender Kulturträger war. Auf der Basis eines Latein, das seit der Kaiserzeit Roms bereits zunehmend (von den Grammatikern) schriftlich dominiert war, sich von den Volkssprachen allmählich überall entfernte. Das noch in der späten Renaissance zwar so gut wie jeder in Europa verstand, aber schon als Fremdsprache auf antiker Grundlage. Weil es sich längst geteilt hatte, und als schriftgebundene "tote" (darüber freilich kann man diskutieren) Sprache existierte, den Sprung in einem zweiten Ast, zur Volkssprache, aber entweder nicht schaffte, wie bei uns, oder sich wie in Frankreich, Spanien, Portugal und Italien (in Frankreich sogar gegen die Autorität der herrschenden Franken) längst zur eigenen Volkssprache assimiliert hatte. Die im Grunde Simplifizierungen und alltägliche Adaptierungen des Latein durch die jeweiligen Bevölkerungen waren, ähnlich dem Küchenlatein bei uns. In Ungarn war das Schriftlatein sogar noch bis etwa 1850 offizielle Landes- und Literatursprache, im Vatikan blieb sie es bis heute.




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Die Menschen, wie sie sind

Eine moderne, sehr aktuelle Schelmengeschichte. Gut gespielt, berührend, amüsant, und so wahr, daß es vielen übertrieben erscheinen mag: "Der Millionenbetrüger", ein Schweizer Film.







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Als Quelle alltäglicher Überlebenskraft

aus 2010) Am 20. August feiert Ungarn den Hl. Stephan, den ersten und heilggesprochenen König der Ungarn, im Rahmen eines Staatsfeiertags. Und daß es ein hoher ist, das erzählt die Tatsache, daß die Geschäfte geschlossen haben. Sogar die Riesenmärkte der britischen Kette Tesco, die dem Österreicher vor allem einmal durch ihre 24/7-Öffnungszeiten auffallen, und nur zu Weihnachten und zu Ostern je eineinhalb Tage schließen.

Und am Tag des Hl. Stephan.

Traditionell wird an ihm die Stephanskrone in den Mittelpunkt zahlreicher Feiern gerückt. Und wer solch eine Feier einmal erlebt hat, der weiß, wovon ich hier spreche.

In Sopron (Ödenburg) geschah es im Rahmen eines am Hauptplatz, dem Fo tér, abgehaltenen Pontifikalamts, das der Bischof von Györ zelebrierte. In traditionelle Uniformen gehüllte Männer, Rekruten, Soldaten, Wachen, trugen, bewaffnet durch alte ungarische Hellebarden und Schwerter, die aus Pannonhalma herbeigeholte Krone in feierlichem Umzug in den Altarraum, wo sie auf einem samtenen Kissen, seitlich neben dem Altar, aufgestellt wurde. In Sopron, wo sich der letzte ungarische König Karl/Karoly seine Getreuen sammelte, um (vermutlich im Auftrag des Papstes) im Marsch auf Budapest eine Restauration des Königreiches zu versuchen, das ja nur vom Reichsverweser interimistisch verwaltet werden sollte.

Ungarn ist heute zwar Republik, hat aber - anders als Österreich - die Monarchie nie wirklich abgeschafft. Nominell ist also Ungarn noch ein Königreich. Sagen die einen. Ein Königreich, dessen Amt aber ruht, einen Dornröschenschlaf schlummert.

Aber es schläft nicht wirklich. Es ist wach, weil es da ist, und nicht im Museum als wirklich Vergangenes Ausgestelltes. Wobei die Betonung auf Vergangenheit deshalb so stark ist, um ein Aufleben präventiv zu verhindern. Denn die einzige Kraft gegen die Zerstörung der Linken ist das Patriarchat, der Patrimonialismus, der Personalismus staatlicher Strukturen.

In Ungarn aber befruchtet es nach wie vor. Denn hier zeigt sich eine Kraft, ein Wert, der begreiflich macht, was Adam Müller in seinen Schriften als "Bezugspunkt der Ehre", andere als "Idee des Staates, den ein Volk bildet", bezeichnen. Diese Idee ist es, der alle Bewohner eines Landes sich im Dienst wissen, dem sie verpflichtet sind. Und es ist eine nachweisliche Tatsache, daß vom Vorhandensein einer solchen Idee auch der Wille und die Kraft zum Überleben abhängt. Und davon ausgehend: die Kraft, das alltägliche Leben zu gestalten.

Wie es die Ungarn so scheinbar sentimental in ihrer Hymne (sinngemäß) singen: Oh Gott, gib Segen Deinem Ungarnland, den es sich in so langen Jahrhunderten des Leids - verdient hat.

Als am Ende der Feiern dann eben diese, so pathetisch-beeindruckende, ungarische Hymne angestimmt wird, alle sich von ihren Sitzen erheben und laut und ergriffen mitsingen, rieselt auch uns ein Schauer über den Rücken. Und spätestens bei der Refrainstelle, wo die Bläser mit Macht einsetzen, sich die Stimmen zum Ruf hochschwingen, singen wir alle mit Tränen in den Augen erschüttert mit.

Als wir nachher darüber sprachen, waren wir uns einig: wir weinten um ein Verlorenes, das wir noch nie so stark als Vorenthaltenes erlebten. Und dessen Kraft wir hier in Ungarn erlebt haben, die es nicht ins Grab stoßen, die es erhalten. Sodaß diese Idee nicht tot ist. Wo sie wie eine Macht, die auf den Tag ihres Erwachens wartend, nur den leichten, milden Schlaf der Müden schlummert.

Dienstag, 25. Dezember 2012

Was wir verloren (2)

2. Teil - Der Neuheitswahn steigt aus der Wurzellosigkeit




Natürlich wird das Entsorgen der Tradition, und damit der vorhandenen Kultur, vielfältig gerechtfertigt. In unserer Zeit vor allem durch eine Wissenschaft, die ganz genau auf derselben Verkennung der Welt beruht - und wie ein Abstinenter, der vom ersten Achterl betrunken wird, meint sie, daß sie eine neue Weltbegründung entdeckt. Badet in Pfützen, und meint, den Ozean zu erfahren - weil es von diesem letztlich umgeben ist, nur ihn nicht kennen will.

Wie viel wurde noch in der Kindheit des Verfassers dieser Zeilen geredet, erzählt, vorgelesen, rezitiert. Wir glücklich weiß er sich heute, weil er bereits in jugendlichem Alter war, als der erste Fernseher in der Küche aufgestellt wurde, und selbst da nur mit wenigen Sendungen und Stunden, an denen er lief. Wieviel hat er gehört, an Gedichten, an Geschichten, an Märchen, an Sagen, an Balladen und Moritaten, die ihm die Wechselfälle des Lebens vorstellen. Wie unbezahlbar all die sonntäglichen Familientreffen, an denen man die Lebensgeschichten von längst gestorbenen Verwandten hörte, wo die Welt und die Schicksalsfälle der Umgebung besprochen und durchgedacht wurden. Selbst die spätere Medienüberflutung war somit einordenbar. Und das wirklich Neue bereichernd, weil so viel bereits ausgesondert und geordnet werden  konnte. Nicht als Neues erschien und gedankliche Unruhe auslöste, die es zu bewältigen galt, weil es ja gar nicht neu war. Gerade die Weihnachtszeit, zu der sich oft große Verwandtenkreise einfanden, war diese Zeit der Geschichten.

Kein Medium kann das ersetzen, keine social media, kein Facebook und kein Fernsehen on demand, keine Märchenkassette, und auch kein Zeitung und kein Magazin. Wo alles sich nur noch am Bekannten orientiert, alles sich am Stand dreht, ja einengt, genau dadurch. Es ist nicht einmal "mangelhaft" - es ist etwas völlig anderes! Nur die persönlich weitergegebene Erfahrung und Weltkenntnis - begleitet von der persönlichen Einschätzung der Menschen, mit denen man zu tun hat - in seiner "Andersheit" (denn der Onkel erzählte anderes und anders, als die Mutter, oder der Freund) vermag den Menschen so zu verorten, daß er weiterschreiten kann, wenn er ins Leben hinausgeht. Das Wesentliche ist nämlich nicht der Inhalt des Weitergegebenen (der bleibt Verweis) - das Wesentliche ist der Akt, das Ereignis, das ein Ereignis der Weltverortung, ja deren Liturgie ist - die Zelebration des Sprechens ist es, die verortet! 

Und damit berühren wir das, was Michel Henry meint, wenn er schreibt, daß menschliche Sprache sich im Letzten auf die Lebensselbsterprobung zurückführt - auf das Wort des Leben selbst, das alle menschliche Sprache trägt, so verschüttet in oberflächliche Schichten des Bedürfens diese auch sein mag. Ort, Topos und Leben berührt sich also zutiefst, und im Darstellen wird Weltordnung dargestellt, die den Hörenden hineinnimmt.

Wieviele derjenigen Probleme, mit denen wir heute scheinbar zu tun haben, wären dann rasch als eben solche Scheinprobleme erkannt. Weil in ihnen Topoi erkennbar sind, die nicht mit nervösem Blick alle Stunden auf die Nachrichten starren läßt, als könnte sich die Welt jeden Moment wirklich auf den Kopf stellen. Die nicht glauben läßt, jeden Augenblick könnte ein Wissenschaftler so gravierend Neues entdecken, daß unser Weltbild umstürzen würde, weil auch Wissenschaft - nur weiß sie es meist nicht mehr - nur auf der Grundlage solcher Topoi forscht.

Die begreifen läßt, daß der Weltenlauf ein einziges Ringen darstellt. Nur die Gestalt dieses Kampfes wechselt, auch das Heute aber ist eingegliedert in ein großes Ganzes, das von einer gleichen, aber unerschöpflichen, nicht eingrenzbaren Tiefe, Basis her genährt wird und sich zeitlicht. In den Erzählungen wird mit der fremden Geschichte also unsere eigene Gegenwart miterzählt. Ja, was man alten Geschichten oft vorwirft, sie seien Kompilationen, die mit der Zeit abgeschliffen und verändert worden wären, ist gerade der Ausweis auf ihren immer gleich aktuellen Kern, der mit der Zeit nur noch weiter und wahrer erfaßt und gesehen wurde - und sich in je historischer, konkreter Gestalt wieder und wieder zeigt. Deshalb von konkreten Erzählungen auch nicht getrennt werden kann.

Verschriftlicht, indem und nachdem es sich wieder und wieder in unzähligen Menschen durcherprobt und geläutert und erweitert hat, sodaß jede Schriftlichkeit sich nur als Verweis auf die lebendige Mündlichkeit - Wort als Tat, als Ereignis - verstehen kann. Wo real Vergangenes als immer Gegenwärtiges, in seinen Topoi, erkannt wird.

Stattdessen begegnet man erschreckend häufig Menschen, die wirklich meinen, ihr Leben wäre außergewöhnlich und "neu", entzöge sich jeder Beurteilung und jedem Gericht - und nur nicht sehen, wie armselig sie in oft einfachste und oberflächlichste Muster verstrickt sind, die ihnen einfach fremd sind.

Welcher Verarmung stehen wir da bereits gegenüber, in so gut wie allen Bereichen des Lebens, in der Kunst nicht anders, als in der Berufswelt oder an den Universitäten, und wie furchtbar erst in der Politik, die umso mehr und umso hektischer und gewaltsamer herumregeln zu müssen meint, als sie gar nicht mehr erkennt, was wirklich ist, diese Wirklichkeit deshalb ignoriert, ihre Bruchstücke zu einer neuen Definition von Realität verklittert.

Es läge nur an uns, diesen Rückstand, den wir bereits in so erschreckendem Ausmaß haben, Schritt für Schritt wieder aufzuarbeiten. Noch hätten wir so viele Möglichkeiten, gerade jetzt, gerade jetzt zu Weihnachten, in den Tagen bis Neujahr, einen Neuanfang zu setzen. In Geduld wieder aufzubauen, was wir einst bereits hatten. Dann wird, vielleicht, eines Tages auch wieder ein Voranschreiten der Kultur möglich. Wenn wir erst einmal kennen, was bereits bekannt war. 

Andernfalls werden wir eines Tages an einem Punkt Null stehen, wie wir ihn uns heute gar nicht vorstellen können. Er steht schon ganz nah, er wartet schon vor der Tür, sehen Sie nach. Aber Vorsicht!





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Der Ineinanderfall

Die Schöpfung der Welt besteht in der Eröffnung des Horizonts der Außenheit, jenes "Außen", worin alles dadurch sichtbar wird, was sich außerhalb von uns zeigt - als uns äußerlich, als unterschieden, als anders erscheint. [Sie] ist [...] immer eine äußere Schöpfung, sie setzt das von ihr Geschaffene außerhalb von sich. In jeder Schöpfungsweise, ob handwerklicher, künstlerischer oder industrieller Art, ist diese Struktur der Ent-äußerung leicht zu erkennen, denn dies war und ist die Welt in ihrer Schöpfung durch Gott.

Weil dem Leben diese Struktur sowie jedwede Außenheit fremd ist und nichts das Leben von sich selbst trennt, es es niemals außerhalb von sich, denn wenn es nicht mehr sich selbst erproben könnte, würde es aufhören, das Leben zu sein - wodurch das Leben im Prinzip jeglicher möglichen Schöpfung entzogen ist. Das Leben ist ungeschaffen. Der Schöpfung, der Welt fremd, ist jeder lebensgebende Prozeß ein Zeugungsprozeß. Ein immanenter Zeugungsprozeß, bei dem das Leben dem von ihm Gezeugten innerlich bleibt und sich nie außerhalb von ihm setzt. So bleibt das Leben im Selbstzeugungsprozeß des absoluten Lebens als Zeugung sein Wort - und dieses Verbum, in dem es sich selbst erprobt, offenbart sich an sich und erfreut sich seiner selbst.

Aber weil in einem solchen Prozeß, bei dem es weder Schöpfung noch Welt gibt und nichts aus sich heraus gesetzt wird, alles in sich bleibt, alles immanent ist, muß man sagen: so wie das Leben in seinem Wort bleibt, in dem es sich selbst erprobt, ebenso bleibt das Wort als Verbum in diesem Leben, das sich in diesem Wort erprobt, welches sich im Leben selbst erprobt.

So bleibt der Vater (das allmächtige sich selbst zeugende Leben) im Sohn (das Verbum, in dem sich dieses leben zeugt, indem es sich selbst erprobt und sich so an sich selbst offenbart), ebenso wie der Sohn (in dem das Leben sich erprobt und sich unendlich liebt) in diesem Leben bleibt (das sich in ihm erprobt, so daß er sich selbst im Leben erprobt), so ist jeder im Anderen, der Vater in seinem Sohn, der Sohn in seinem Vater, und zwar in einer gegenseitigen Innerlichkeit (jeder sich selbst im Anderen erprobend, lebend und liebend), was eine Innerlichkeit der Liebe, ihre gemeinsame Liebe, ihr Geist ist.

Im Leben ist also Wort und Erkennen eins, denn indem wir erkennen, daß wir leben, leben wir zugleich - als Erkennen. Logos ist Leben. Und als Lebende ist Leben Erkenntnis, und damit der Logos der Welt das die Welt Aufbauende, weil alles von diesem göttlichen Leben ausgeht, das das Wort ist.

An diesem Leben können wir nur teilhaben, im Geiste, dem Ineinander von Logos, dem Sohn, und Leben und Liebe, in der Person Gottes des Geistes - wir können es uns nicht selbst geben, es nicht selbst bestimmen, und das Erkennen ist nur im Geiste möglich. In der Selbstüberschreitung, der hingebenden Liebe, treiben wir uns in die Welt hinein, zum Selbst, in der Gestalt der Persönlichkeit, getragen und getrieben vom Geist Gottes.

Wenn wir feststellen, daß wir leben, und darin leben, erkennen wir ein Leben (aus dem Leben in Christus, im Geist), das uns auf eine Weise außen ist: wir können es verlieren, weil wir nur im Maß unserer Herzensreinheit an Gottes Geist teilhaben.

Keinem Menschen ist weltlich, weltimmanent, ein Wort möglich, das zugleich es selbst ist. Kein gesprochenes "Hund" bellt, kein "Gesang" singt, kein "Freude" freut, kein Wort das wir sprechen schafft direkt, was es ist. Die Welt ist uns äußerlich, wir sind nur in Jesus dem Sohn, dem Logos, mit ihr eins. Keine weltliche Vernunft kann diese Grenze überschreiten, sie bleibt von und in der Welt, ist nur hinweisend und bezogen. Wir sind abbildhaft. Nicht das Wort selbst, nur aus dem Wort. Geschöpf. Die das Wort nur aufnehmen können.

In Gott aber "ist", was von ihm als Wort, als Logos, ausgeht. Alles Geschöpfliche hat an diesem Logos in dem Maß teil, als es ihm gehorsam ist, "auf sein Wort hört". In Demut. Wer meint, sich das Leben selbst geben zu können, ist - im Hochmut des "eritis sicut Deus" - von ihm ausgeschlossen. (Und hat - anders als die Engel, die augenblicks dieser abwendenden Entscheidung zu Dämonen fielen - nur das "Glück", daß er nicht reiner Geist ist, der ganz ist was er will, ganz will was er ist; daß er sich als Mensch als Leib-Seele-Einheit im Hochmut nicht ganz und gleich und sofort gehört, sondern in sich zerfallen ist.)

Deshalb ist Jesus Christus, der Sohn, das Leben selbst - via, vita, veritas. Nur wer an ihn glaubt, wird - in ihm, durch ihn - leben. Denn in ihm (als er) wird der Himmel sichtbar, das Wort ist Fleisch geworden. Und er will alle an sich ziehen, in diesen Himmel (=die Kirche, als Ordnung in und aus Gott) hinein.



Michel Henry, in "Christi Worte - Eine Phänomenologie der Sprache und Offenbarung"



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Wahnsinn als Wesen des Verstandes

Man muß die Wahrheit besitzen, um sie zu erkennen, schreibt Pawel Florenski in "Säule und Grundfeste der Wahrheit". Wer innerhalb der selbstischen Verstandeswahrheiten verbleiben zu können meint, in einer Art vernünftiger Glaube, bleibt nicht nur in sich, sondern sein Erkennen stirbt, seine Sprache wird leere Formalistik. Der bloße Verstand - das schließt an die Aussagen Gödels* an: Verstandeslogik läßt sich aus sich selbst nicht begründen, sie braucht wesensnotwendig einen Glaubenssatz, sonst erstarrt sie in Wirklichkeitsfremde, und damit Agonie - der von seinen eigenen Gesetzen ausgeht, verwirft die Unsichtbarkeit und damit Verstandesungemäßheit Gottes. Er ist in sich wahnsinnig, es fehlt ihm der Sinn.

"Der Glaube nach der Tolstoischen Formel - Ich will so begreifen, daß jede unerklärliche These sich mit als Notwendigkeit der Vernunft darstellt - ein solcher Glaube ist ein schwieliger, böser und harter Auswuchs am Herzen, der ihm den Weg zu Gott versperrt, eine Empörung gegen Gott, eine ungeheuerliche Ausgeburt des menschlichen Egoismus, der auch Gott sich unterwerfen möchte." Zwischen dem dreieinigen christlichen Gott und dem Sterben in Wahnsinn tertium non datur - gibt es kein Drittes.

Entweder muß man die prinzipielle Zufälligkeit der logischen Gesetze annehmen oder aber die Annahme der überlogischen Grundlage dieser Normen ist unvermeidlich - einer Grundlage, welche vom Standpunkt des Verstandes selbst postulativ notwendig ist, aber deshalb für den Verstand ein antinomisches Gepräge hat. Das eine wie das andere führt über den Verstand hinaus. Jenes zersetzt den Verstand, dieses stärkt ihn durch die Tat der Selbstüberwindung - im Kreuz, welches für den Verstand ein widersinniges Losreißen von sich selbst bedeutet.

Der Glaube, durch den wir gerettet werden, ist Anfang und Ende des Kreuzes und des Gekreuzigtwerdens mit Christus.




*Gödel verfaßte seine Thesen nur wenige Jahre nach Florenski.


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Montag, 24. Dezember 2012

Als sich das Tempo verlor

Schon bald nach Kriegsbeginn im August 1914 hatte sich die Vorstellung der Generalitäten - der Alliierten wie der Mittelmächte - daß ein moderner Krieg eine Bewegungskrieg sein würde, in Luft aufgelöst. Binnen weniger Monate hatte sich die hektische Bewegung beider Seiten in die Katatonie unbeweglicher Frontlinien festgefahren.

Dazu hatte es unüblich viel geregnet, die Soldaten versanken in Schlamm und Wasser. Besonders die englischen Gewehre waren dafür anfällig, bei Sturmangriffen vermeldeten die deutschen Berichte auffallend viele Bajonettverwundungen.

Die Ausfälle durch Krankheiten und Fieber erreichten in manchen Truppenteilen 70, 80 Prozent, interessanterweise wenige Lungenentzündungen dabei.

Auf diesen Verlust an Bewegung (die einen enormen Blutzoll mit rund 2 Millionen Toten und Verwundeten auf beiden Seiten gekostet  hatte) folgte ein Effekt, mit dem niemand gerechnet hatte: die Bedingungen, unter denen beide Armeen zu leiden hatten, gewannen die Oberhand, wurden zur beiden Seiten gleichen Hauptplage. Und daraus entwickelte sich im Spätherbst 1914 mehr und mehr eine Empathie der Soldaten untereinander - von Feind zu Feind. 

Ausrüstungsgegenstände wurden getauscht - zwischen den Fronten! - hier ein Helmgurt, dafür eine Konservenbüchse Fleisch. Patrouillen im Niemandsland zwischen den Linien entwickelten einen Ehrencodex, demgemäß sie sich unter 30, 40 Meter nicht bekämpften, sondern "aneinander vorbeigingen". Scherze zwischen den Schützengrabenlinien waren an der Tagesordnung. Grabenvorstöße wurden mehr und mehr zu Ausrüstungsbeutezügen, teilweise waren die Soldaten an ihren Uniformen kaum noch auseinanderzuhalten: Deutsche wurden mit Kilt gesichtet, besonders beliebt waren englische Schafwolljacken und Stiefel, während deutsche Gummigaloschen gesucht waren. Kriegsmüdigkeit machte sich überall breit. Man begann, aufeinander Rücksicht zu nehmen: hielt sich jeder daran, hatten beide ihre Ruhe. Beschießungen zur Essenszeit waren verpönt. 

Man sang einander Ständchen, unterhielt sich. Bekannt war u. a. ein Bayer, der die Engländer regelmäßig mit seinen Jodelkonzerten beeindruckte. Sachsen setzten die deutsche Fahne auf Halbmast und hielten Tafeln in die Höhe, auf denen die Engländer gebeten wurden, abzuziehen, man wolle doch endlich Frieden. Beide Seiten schimpften jeweils auf ihre unfähigen Generalitäten, die immer noch von Entscheidungsschlachten und Offensivgeist träumten und die Soldaten von einem sinnlosen, enorm verlustreichen Angriff in den nächsten hetzten, mit fünfzig Metern Geländegewinn, die bei der nächsten Gegenattacke wieder verloren gingen. Fälle wurden bekannt, wo Soldaten ihren Offizier erschossen, der nicht bereit war, eine aussichtslose Position aufzugeben, um sich zu ergeben.

Man fühlte jeweils mit dem anderen.

Und so war das Geschehen auf allen Frontabschnitten stimmungsmäßig vorbereitet, das sich - während fast an der gesamten Frontlinie gespenstische Ruhe ausbreitete, nur selten wurde gekämpft - am Weihnachtsabend 1914 in einer nie gesehenen Fraternisation  abspielte. Speziell in Belgien und Nordfrankreich waren geschätzt drei Viertel der Frontabschnitte darin involviert: alliierte und deutsche Truppen ... feierten Weihnachten miteinander: redeten, machten einander Geschenke, teilten ihr Essen, sangen, oder beteten.

Erst gegen Abend des 24. Dezember 1914 hatte es  überraschend gefroren, und nach langen Monaten des Dauerregens war der überall schlammige Boden nun hart und begehbar. Sogar ein Hauch von Schnee war gefallen, und Nebel fiel ein. Das Land sah in der Dämmerung aus wie verzaubert, berichten Briefe.

Begonnen haben fast immer die Deutschen. Die z. B. Weihnachtsbäumchen (gegen strenge Verbote) mit brennenden Kerzen - ein den Franzosen völlig unbekannter Brauch - aus ihnen Schützengräben emporhoben. Oder "Stille Nacht" oder "Oh Tannenbaum" anstimmten. Erst waren die Engländer und Franzosen vorsichtig, denn die Deutschen waren angeblich seelenlose Barbaren, und man rechnete mit einer Finte, wenn sie "Don't shoot!" riefen, während sie die Bäumchen nach oben reckten. Man hätte nicht erwartet, daß sie Weihnachten überhaupt feierten.

Allmählich verlor sich aber das Mißtrauen, und die Soldaten riefen einander an, kamen erst vorsichtig, dann immer vertrauensvoller aus ihren Gräben, trafen sich im Niemandsland, und schüttelten sich die Hände. Kompaniekapellen stimmten Nationalhymen beider Seiten an. Spontane Chöre aus Soldaten sangen einander ihre Weihnachtslieder vor. Besonders bekannt ist der Fall des Opernsängers Kirchhoff, der in der Argonne, im Frontabschnitt der 130. Württemberger, "Stille Nacht" zu singen begann, und die Franzosen zu Begeisterungsstürmen hinriß, die immer neue Dacapos verlangten. An anderen Frontabschnitten hielten beide Seiten miteinander Gefallenen-Gedenkfeiern ab. Auch Banaleres fand sich: ein deutscher Zauberkünstler bezauberte englische Einheiten. Oder manche Offiziere sahen es als günstige Gelegenheit, die gegnerischen Stellungen auszuspionieren.
Oder da, wo englische Soldaten an einem Frontabschnitt entdeckt hatten, daß im gegenüberliegenden Schützengraben ein deutscher Friseur saß, der vor dem Krieg in England gearbeitet hatte. Nun standen sie Schlange, um sich von ihm die Haare schneiden und rasieren zu lassen.
Die Inhalte der erhaltenen Weihnachtspäckchen waren "Währung", reger Tausch setzte überall ein: deutsches Bier gegen die begehrten englischen Rindfleischkonserven, Tabak und Zigaretten (die Währung für jeden und alles) gegen Kuchen, Wein gegen Whisky. "Autogramme" waren begehrt, stolz schickten englische Soldaten Postkarten nach Hause, mit Unterschriften deutscher Soldaten. Ja, sogar Waffen wurden ausgetauscht, wie im Abschnitt der 4. englischen Division.

Daß Fußball (zumindest mit einem richtigen Ball) gespielt wurde, konnte nie wirklich belegt werden - eher ist dieses Gerücht Ausdruck zahlreicher Sehnsüchte und Träume der Soldaten selbst, vor allem der Briten, die in den meisten Versionen gewannen: 3:2 gegen die Sachsen.

Fallweise dauerte dieser Weihnachtsfriede bis Neujahr, ja in wenigen Fällen bis in die zweite Jännerwoche. Und überall war der Jänner bemerkenswert ruhig. Ein britischer Offizier schreibt an seine Lieben: "Der Jänner war äußerst ruhig, und wir hatten viel zu tun hatten angesichts der deutschen Abneigung, uns anzugreifen."

Die französische Armeeleitung beschloß, solche Vorkommnisse in ihren offiziellen Berichten nicht zu erwähnen, man findet nur "Waffenruhe" vermerkt. Weshalb es heute aussieht, als wären vor allem jene Abschnitte betroffen gewesen, wo sich englische und deutsche Truppen gegenüberlagen. Deutsche, vor allem bayrische Berichte aber zeigen, daß die weihnachtliche Verbrüderung der Feinde auch dort häufig, und sogar sehr intensiv war.

Als das Tempo verloren ging, begann die menschliche Vernunft wieder einzukehren. Die Parolen und Propagandasätze, der Wahn der Vorkriegszeit mit ihrem Ruf nach Veränderung, nach einer neuen Zeit, verschwand aus den Köpfen, und die Menschen sahen wieder, was sie sahen, und urteilten aus ihrem eigenen Verstand heraus, den der Krieg noch nicht genug verwüstet hatte, der mit der Langsamkeit, dem Bewußtwerden des Bodens, wiederkehrte. Zum letzten mal.



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Was wir verloren (1)

Wenn wir der Welt im Alltag begegnen, so zerfällt sie, analysiert man sie in Ruhe, in eine Reihe von immer wieder gleichen Schemata. Der Mensch ist also weit weniger originell, als man heute meint.

Und man meint das, weil diese Schemata mehr und mehr einfach nicht mehr bekannt sind. Denn das, was uns diese Grundformen menschlichen Verhaltens und Weltgeschehens, Weltsituationen, sind die überlieferten Formen. So, wie es in jedem Kinderlied und -spruch vorhanden ist, in den Märchen und Sagen, in Erzählungen und Geschichten, in den biblischen Erzählungen, die weitergegeben werden und immer wurden, in den Liedern die man überall kennt uns singt, in der Literatur, die im wesentlichen dem Streben dient, sich in einer wandelnden Welt immer wieder neu zu verorten. Und es ist ein verorten als Zurückführen auf immer wieder dieselben Grundformen. (Ort - locus - topos - topoi; diese Worte, die hier immer wieder verwendet werden, noch einmal zusammengeführt)

Diese Topoi steigern sich mit dem Lebensalter vom Spezielleren, "Kleineren", wie es eben dem Lebenskreis entspricht, die der älter werdende Mensch kraft Zuwachs seiner Verwirklichungsmöglichkeiten sich erwirbt, zum immer Allgemeineren, ja unter Umständen zur wirklichen Weisheit, weil mehr und mehr vom Begegnenden auf seine immer allgemeineren Grundzüge durchschaubar wird, bis es in immer weniger Wirklichkeiten zurückgeführt werden kann. Bis zum Einen ...

Menschen, denen diese Kenntnis fehlt, indem sie einfach diesen Traditionsschatz, der im wesentlichen und zuallererst im  Mündlichen lebt - im Elternhaus, in der menschlichen Umgebung - , nicht mehr besitzen, stehen also in einer Welt, die ihnen in einem Ausmaß neu ist, daß sie oft viel Zeit, ja vielleicht gar ihr Leben lang, brauchen, um eben das zu entdecken: daß sie NICHT permanent Neuem begegnet sind. Sondern daß es eben nur immer wieder denselben Grundschemata begegnet sind.

Menschen ohne parate Topoi als Lebenskenntnis sind nicht einmal mehr in der Lage, ihre eigenen Geschichten zu erzählen - sie kennen nur noch Ereignisse, wild schwirren die Fakten durch ihre Gedanken.

Hätten sie diese Kenntnis besessen, wären sie rasch oder rascher zu wirklicher Lebensgestaltung gekommen, Hätten nicht so viel Zeit und Energie und Nachdenken dafür verwenden müssen, das Begegnende zu ordnen. Denn Gestalten heißt: ordnen, zu einer Sinngestalt ordnen.

Ja, unser ganzes Sprechen ist ein einziges Vorstellen von solchen Bildern, ein Zitieren von Metaphern, die auf solche Topoi zurückgehen - ohne die es gar keine Kommunikation gibt! (Umso mehr wird ja heute von Kommunikation gefaselt - der dabei aber schon so viele Grundlagen fehlen, nämlich die Allgemeinheit eben von Topoi, auf der nur Verstehen möglich ist.)

Louis Bouyer nennt dieses Menschheitsgedächtnis, das sich in der Mündlichkeit weiter- und weitergegeben hat, nicht urtümlich im Sinne der Zeitlichkeit, sondern im Sinne von grundlegend. In der reinsten Form des Gedächtnisses, den Mythen (so verdunkelt sie auch sein mögen), in denen sich menschliches Wort und Göttliche Offenbarung treffen, ja woraus sie letztlich schöpfen, findet sich menschliche Grunderfahrung in großer Kohärenz. Diese Urerfahrung, die in jedem gleichermaßen vorhanden ist, hat er zu ihr Zugang, geht auf die Verwandschaft von Urbild und Abbild zurück. Weil sich, um auf Michel Henry zu verweisen, im Ich das göttliche Wort - abbildhaft, weil geschöpflich - selbst erfährt, weil es als Logos inkarniert. Diese Mythen dienen also je zeitbezogenem Denken und Sprechen als korrigierende, noch mehr aber seine Struktur formende und die geschichtliche Situation beleuchtende Grundlage. Als meta-logische Denkform, die aller logischen, innerweltlichen zur Basis dient.*

Ist deshalb diese oft so einfache Tradition aufgegeben, verloren, oder verdrängt von nichtssagenden Mündlichkeiten, wie sie die Popmusik, schon gar in fremden Sprachen, oft genug enthält, oder vieles was als Unterhaltung gilt, so ist ein Volk mehr und mehr dazu verurteilt, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Stillstand umfängt mehr und mehr sämtliche Vorgänge des Lebens, die Täuschung aus historischer Formenvariation wird immer umfassender - daß bloße Variation schon Neues bedeute. Ohne zu sehen, daß es längst da war. 

Eine Generation nach der anderen wird tatsächlich dümmer, als die Vorderen es waren. Nichts Vorhandenes wird noch verstanden, umso leichter wird es als sinnlos - eben: weil sein Sinn nicht mehr präsent ist - über Bord geworfen. Die Welt wird ausgeräumt, Altes, Unverstandenes, bleibt bestenfalls noch Objekt des Museums, belächelt und bestaunt.

Wenn man dies vor Augen hat, so fällt vielleicht noch mehr an unserer Zeit auf, daß sie sich pausenlos vor Neuem, noch nie Dagewesenem glaubt. Damit ist auch die Verführbarkeit enorm gestiegen, aber auch die gar nicht bewußte Verführung, die betrieben wird. Indem Unternehmende, Handelnde, tatsächlich  meinen, es  mit etwas Neuem zu tun zu haben. 



Morgen 2. Teil - Der Neuheitswahn steigt aus der Wurzellosigkeit








*Michel Foucault ist sogar der Meinung, daß das wissenschaftliche, weltimmant-verstandesgemäße Denken nicht einmal meta-logisch ist, sondern daß sich das Denken überhaupt nicht von seiner mythischen Grundlage (und damit von Gott) trennen kann. Versucht es das, zerfließt es ins Nichts. Sollte wirklich der Mythos verschwinden, würde auch der Mensch sterben. Nimmt der Mensch das nicht zur Kenntnis, blendet er diese Tatsache aus seinem Denken aus, wird er lediglich das Opfer dieser Grundlagen.




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