Wie soll das gehen, schrieb G dem Verfasser dieser Zeilen: daß der Staat sich über Inflation entschuldet?
Der Vorgang ist recht einfach, und seit etlichen Jahren in vollem Gang. Historisch gesehen gibt es nämlich nur zwei Arten, wie sich ein Staat entschulden kann: über Kriege (und Raub), und über Inflation als Form der Enteignung, nicht zufällig in einem Atemzug genannt. (Wobei trotzdem eine wirkliche Entschuldung nur höchst selten gelang.)
Aber die Entschuldung über Inflation hat zwei Zangen, über die sie wirkt: Da ist auf der einen Seite das Zinsniveau. Wird Geld nicht geschätzt, ist es ein zu häufiges Gut, sinkt sein Preis - die Zinsen. Geld wird seit Jahrzehnten in höherem Umfang als das Wachstum der Wirtschaft, dessen Äquivalent die Geldmenge sein muß, in Umlauf gesetzt. Durch Umverteilung, durch Sozialmaßnahmen, durch Staatsaufträge, vor allem auch über die leichtere Kreditvergabe., auch und vor allem längst der Privatbanken. Mit dem Ziel, Wachstum anzuregen. Denn ist Geld billig, wird es leichter ausgegeben, so die Theorie. (Über die Folgen soll hier nicht noch einmal gesprochen werden.)
Gleichzeitig hat der Staat in seinen Bürgern einen Garanten dafür, daß seine Steuern und Abgaben unabhängig von jeder Geldmenge den realen Leistungen entsprechen. Denn die Menschen werden tun, was sie können, um ihre reale Lebensführung zumindest aufrecht zu halten. Können sie sich für eine bestimmte Geldmenge durch Inflation (mehr Geld - mehr Nachfrage - höhere Preise) weniger leisten, werden sie entweder mehr arbeiten, oder eine Lohnerhöhung fordern. Im selben Atemzug müssen Unternehmen ihre Preises den realen Wertverhältnissen anpassen - sie also nominell erhöhen, sofern sie die Kostensteigerungen nicht über "Effizienzsteigerungen" auffangen können. In allen Fällen steigt die Abgabenleistung, als Äqivalent eben der realen Werte.
Im gleichen Maß wird vorhandenes Geldvermögen kalt enteignet, wie man das nennt. Spar- und Anlageguthaben erhalten weniger Zinsen, ja phasenweise sind Anleger bereits bereit, Zinsen zu BEZAHLEN, um wenigstens noch eine gewisse Restwertgarantie für ihr Geld zu bewahren. Nominell behält der Sparer und Anleger also zwar seinen Betrag X am Konto, aber er kann sich immer weniger darum kaufen, sein realer Kaufwert verfällt.
So kommt es zu dieser Schere, die die NZZ aufzeigt, und die seit 2000 einen Realzinsenverlust von derzeit etwa 3 % aufweist. Der Staat zahlt seine Schulden aber zu Nominalwerten, in schlechtem, immer mehr entwertetem Geld, sozusagen - während er seine Abgaben in beständig dem realen Wert angepaßter Höhe einzieht. So wird allmählich das Privatvermögen von innen heraus aufgezehrt, mit dem Vorteil für die Politik, daß die Bürger die Zusammenhänge nicht direkt sehen, also auch nicht direkt erfahren, und damit nur marginal in ihr Handeln einfließen lassen.
Teilweise gehen die Staaten freilich viel dreister vor, wie die NZZ es formuliert. Hier werden Privatvermögen einfach in staatliche Vermögenstöpfe eingegliedert, sodaß separate Wertsicherungsmaßnahmen verhindert werden. In Irland ist das mit der Umwandlung von Privatanleihen in öffentliche geschen, in Ungarn wurden private Pensionsversicherungsfonds schlicht in die staatliche Pensionsvorsorge integriert, also enteignet, ohne daß jemand nominell "verloren" hätte. Ähnliches ist in Portugal passiert, auch da wurden private Pensionstöpfe verstaatlicht. In Spanien wurden Zinssätze für Anleihen schlicht reglementiert, eben um unter diesem Realwert zu bleiben. In Österreich wurden Kapitalabflüsse eingeschränkt, auch das ist passiert, um Wertrettung zu verhindern, um das Kapital weiter enteignen zu können. Hier zeigt sich, wie phantasievoll Regierungen sein können, um ihr Ziel - Entschuldung über Enteignung - zu erreichen.
Und dabei verdient dieses Vorgehen gar keine Sensationsgeräusche. Anders, bitte schön, kann es gar nicht gehen. Man sprach nur nie darüber, und die Medien waren voll mit verwirren sollenden Schuldzuweisungen und Sachverhalts-Erklärungen, um die Zusammenhänge zu vernebeln. Man tat aber einfach, was zu tun ist. Denn jeder Staat muß eben irgendwann seine Schulden bezahlen. Und das können aber nur seine Bürger machen.
So gut wie immer, und wie überall, sind das jene, die persönlich einen ganz anderen, maßvolleren, richtigeren, verantwortungsvolleren Kurs fuhren, als der Staat, um so ihre persönliche, private Substanz zu sichern. Es ist aber genau diese Substanz, die das Fundament eines Staates ist. Es ist jene Substanz, von der all die Utopien leben, so lange eben noch Substanz da ist; dann sind auch sie zu Ende gekommen. Staaten, Politiken, die von Menschen regiert werden, die mit dieser fremden Substanz immer gerne leichtfertig umgingen, ihr gar die Rechtlichkeit absprachen. Was sich über so gut wie alle Lebensbereiche aussagen läßt, nicht nur über die Finanzen, die Lebensweisen ja nur wiederspiegeln.
Sodaß selbst die unsägliche Gesellschaftpolitik der letzten Jahrzehnte auch noch von diesen Substanzträgern bezahlt wurde und wird. Die den Kakao, durch den sie gezogen wurden, nun auch noch trinken müssen. Womit das reale Wesen "konservativer" Politik in unsern Landen und weltweit ausreichend beschrieben ist: für das Funktionieren jener Geldflüsse zu sorgen, die von jenen ausgegeben werden. Die unter Vorschützung "hehrer moralischer Ziele" immer gerne über die Substanz anderer verfügt hätten, aber denen die Tüchtigkeit und persönliche Reife dazu mangelte. Die man in unseren demokratischen Systemen dadurch zur herrschenden Kraft machte, indem man einfach möglichst breite Bevölkerungsschichten in dieses System mit einbezog und zu Profiteuren machte, gerechtfertigt durch eine großgezüchtete Scheinelite, als akademische Indoktrineure und Politfunktionäre, die das öffentlich-geistige Klima vergiften und dieser Politik konform machen. In der Verbeamtung sämtlicher Lebensvorgänge.
Das alles ist nicht neu, das alles lohnt kaum noch der Aufregung, es ist das logische Resultat. Man sollte es nur nicht vergessen. Wo das Gesamtziel der Politik nicht stimmt, kann es auch kein richtiges Teilsystem geben. Denn auch dann dient das Einzelne immer nur dem Ganzen. Und sei es als "Notgroschen", auf den man jederzeit zurückgreifen kann. Auf jene, die nie vergessen haben und nie vergessen werden, daß es im Leben um etwas Höheres geht.
Das alles ist nicht neu, das alles lohnt kaum noch der Aufregung, es ist das logische Resultat. Man sollte es nur nicht vergessen. Wo das Gesamtziel der Politik nicht stimmt, kann es auch kein richtiges Teilsystem geben. Denn auch dann dient das Einzelne immer nur dem Ganzen. Und sei es als "Notgroschen", auf den man jederzeit zurückgreifen kann. Auf jene, die nie vergessen haben und nie vergessen werden, daß es im Leben um etwas Höheres geht.
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