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Montag, 10. Dezember 2012

Weitere reiche Spekulanten

Gehörige Verluste hatten in den letzten Jahren ja bereits der Stadt Linz schwer zugesetzt. Man hatte schlicht und ergreifend mit Finanzprodukten spekuliert - und verloren. Der Prozeß mit der Bank, die "vor den Risiken hätte deutlicher warnen müssen", ist im Gang, Linz hat einfach die Zahlungen eingestellt, als die Swapgeschäfte, um die es sich handelte, zu hohe Verluste einfuhren, und schuldet der Bank 411 Mio Euro. Aus Wien wird ähnliches gemunkelt, nur höher, nur verschleierter, s'wär net Wien. St. Pölten, Bruch/Leitha, Eisenstadt als illustre Auswahl, dazu viele viele kleinere Gemeinden, wo es nur um 200.000, 500.000 oder 3 oder 8 Millionen geht, tauchen immer wieder auf. 

Neueste Schlagzeile war, daß eine Salzburger Finanzreferentin - "vom Bauernmädel zur Milliardenspekulantin" hieß es in manchen Medien - 340 Mio. Euro verzockt hat. Als bereits realisierter Verlust von Milliardenspekulationen. Die gute Dame hatte alle "Experten" getäuscht, hatte einfach stets den Nominalwert der Papier in den Büchern angeführt, niemandem war aufgefallen, daß der Realwert deutlich drunter lag. Wobei es mittlerweile klar scheint, daß die Landesleitung bereits seit 2008 davon wußte, aber nichts dagegen unternahm.

Nun wurden in Bankkreisen geäußerte vorsichtige Gesamtschätzungen bekannt. Der Verlust österreichischer Gemeinden durch Börsenspekulationen, die in den letzten Jahren in die Hosen gingen, könnte 6 bis 8 Milliarden Euro erreicht haben und noch erreichen. Denn so einfach lassen sich diese Geschäfte gar nicht beenden, speziell in Niederösterreich herrscht oft die Taktik des "Endes mit Schrecken, statt des Schreckens ohne Ende". Wobei man auch dem Bundesland selbst danebengegangene Geschäfte mit bis zu 2 Mrd. Verlust nachsagt. Aber natürlich ... alles ned woa, alles nicht wahr. Hier hat man u. a. Darlehen landesgeförderter Wohnhäuser verkauft, um sich liquide zu machen. Heute sind zehntausende niederösterreichische Familien bei irgendeinem amerikanischen Finanzkonsortium verschuldet, nur noch nominell beim Land.

Was heißt: ein Vielfaches an Beträgen wurde auf den Finanzmärkten von österreichischen Gemeinden bewegt, 100, 120 Milliarden, schätzt man. Von schlichten, aber ungemein cleveren Gemeindebediensteten, hoch kompetenten Finanzreferenten, und bauernschlauen Bürgermeistern, die vergessen oder nie begriffen haben, woher Geld überhaupt kommt. Weil es allen doch nur eine mathematische Größe geworden war, weil es einfach immer da war. Die auch gar nicht wissen wollten, woher der erhoffte Gewinn überhaupt kommen sollte. Im Salzburger Fall wurden nachweislich seit Jahren Warnungen der Banken ignoriert. Hier ging es ja um hohe Politik. Die allesamt Geld kostet. Und Wahlen gibt es so regelmäßig wie Weihnachten kommt.

Nun ist die Politik nicht einmal schuld, wenn sie nichts zu verteilen hat, ja Steuer um Steuer erhöhen muß, um den ständig steigenden (niregndwo auch nur ein Euro geringere Ausgaben!*) Finanzbedarf zu decken. Es war ja die Wirtschaftskrise, die böse Spekulanten verursacht hatten. Bitte, wer konnte schon damit rechnen?

Wer konnte erwarten, daß gutgläubige, es noch besser meinende Sozialdemokraten und marktwirtschaftlich höchst aufgeschlossen denkende Volksparteivertreter mit Magisterabschluß in Betriebswirtschaftslehre UND Volkswirtschaftsleere (soll man das mit "h" schreiben?) von bösartigen Hedgefondhaien, arglistigen Anlagenberatern der Hausbanken, und raffgierigen Milliardären, die ihre renditegierigen Billionen per privatem Handynetz von ihren Hochseeyachten aus um den Globus jagen, während sie ihre Daiquiri's schlürfen und dreizehn flotte Bienen vernaschen, so eiskalt über den Tisch gezogen werden?

Allesamt Leute, die doch noch nie in Straßenbahn- und Eisenbahnwaggons gesessen sind, auf denen ein dezentes Schildchen prangt, das sie als ... Eigentum der Detroid'schen Capitalfinance Ltd. ausweist, die ganz gewiß noch nie ihre Fäkalien in Abwässersysteme spülen, wie es all die armen Arbeitenden in Sozialwohnungen zu erledigen haben, die ... an Londoner Finanzierungsgesellschaften verkauft und über die Abtretung der Kanalgebühren für 30 Jahre abgetreten wurden, weil schon die letzten Erweiterungsarbeiten im Budget keinen Platz mehr hatten, die sicher nicht notwendig haben, in öffentlichen Bädern ihr Bedürfnis nach Sonne zu stillen, deren Einnahmen für 25 Jahre verpfändet sind, weil die letzte Sanierung ... elegant über ein sale-and-lease-back finanziert wurde, weil überall aus einem Euro zwei gemacht wurden, oder drei, indem man Kredite verkaufte, um Kredite zu gewähren, die man verkaufte ... und dazu noch: eine Bank, dann geht alles  noch leichter. Bis zum Verlust der letzten Steuerbarkeiten, weil alle Parameter des Wirtschaftens durch Schuldenlogik alternativlose Notwendigkeiten geworden sind.

Mein Gott, wie ist die Welt doch voll von bösen Menschen! Was für ein Übel ist doch diese Zinsknechtschaft der Kapitalisten?! Man wollte doch nur ein wenig mehr Zinsen kassieren, weniger zahlen, keinen Abbau von Sozialleistungen, dafür mehr Stimmen - alles im Dienste der Bürger, bitte schön!

Kompetente Reaktion der stets handlungsaffinen Regierung: Verbieten. Alles radikal verbieten.

Das Aufstocken der bereits bestehenden Sonderfonds, um bedrohte Gemeinden aus der Zahlungsunfähigkeit zu retten, sollen weiterhin die Bundesländer erledigen. Man wird im Gegenzug für das politische Opferchen beim Finanzausgleich ein Äuglein zudrücken. Und die Strategie für die nächsten Wahlen hilft ja ohnehin allen. Das Motto steht schon fest: "Seht, wie wir Euch durch diese Finanzkrise gesteuert haben. Die uns überfiel, wie die Jungfrau der Heilige Geist."




*Dafür "Reformen", bei denen die Frage erlaubt sein muß, ob es nicht Scheinreformen waren. Wie bei der Zusammenlegung Polizei & Gendarmerie. Die nie jemand evaluiert hat. Dabei soll gar nicht darüber geredet werden, daß im Gendarmeriegedanken, im Gedanken der Stadtpolizeien, wie er zuvor da war, ein ganz anderes Sicherheitskonzept zugrundelag - das einer Bürgerwehr sehr nahe kam. Denn die Städte und Bundesländer hatten Einfluß, sodaß Lokalrecht einfloß, ohne daß darüber je geredet wurde. 

Man redet einerseits ja in Sonntagsreden ständig von "mehr Bürgerbeteiligung" - und schafft überall (siehe auch Gerichtsreformen, etc. etc.) bürgerlichen konkreten Einfluß ganz real und konsequent durch die Zentralisierungen AB. (Und die Leut sind dumm genug, das auch zu fressen!) Es gibt nunmehr aber auch bei der neuen Polizei, nunmehr einer Bundesbehörde, nicht weniger Chefs, und die Beamten am Posten um die Ecke klagen über exorbitant gestiegenen Verwaltungsaufwand. Aber das stört ja sonst niemanden. Noch dazu, wo Erhöhungen des Budgets "Innen" als "An Ihrer Sicherheit wird nicht gespart, im Gegenteil," verkauft werden können. Also bitte, das klingt doch vielversprechend?

Reduktionen von Budgets werden in Österreich prinzipiell sonst nur in den Spalten "Zukünftige Entwicklungen" auf schöne Graphiken aufgemalt. Unter dem Motto "Heuer zwar noch, und vielleicht nächstes Jahr, aber DANN, dann sinken die Ausgaben, und wie ..." wird gezeigt, wie gespart WERDEN WIRD. Jedenfalls bis zur nächsten Unvorhersehbarkeit, oder weil Wahlen vor der Tür stehen und Erfolgsausweise notwendig werden. Dann entstehen Einsparungen schon durchaus mal aus geschickten Auslagerungen, wo plötzlich ein neues Firmenkonstrukt entsteht, das leider völlig überschuldet ist. Ein immer noch wertgeschätzter ehemaliger Geschäftspartner des Verfassers dieser Zeilen, H. v. W., Deutscher, hat immer wieder den Kopf geschüttelt: "Ich verstehe nicht, wie das hier bei Euch in Österreich funktionieren kann." Wie sollte er es verstehen, wenn es hierzulande auch niemand versteht?



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