Was
ist der Unterschied zwischen Kanada und den USA? Wir können das gleich
ausweiten: Was ist der Unterschied zwischen Deutschland, Österreich und
den USA? Ein Katholik kann sich in den USA in allen Fragen der
Sexualmoral zu Wort melden und die Lehre der Kirche vertreten, und er
wird die Bischöfe auf seiner Seite haben (von einzelnen Ausnahmen
abgesehen). In unseren Ländern ebenso wie in Kanada (durch die "Winnipeg Statement",
gleichbedeutend mit der "Königsteiner Erklärung" und der "Mariatroster
Erklärung") aber ist jede katholische Identität zerstört. Denn hier
gaben die Bischöfe unisono die Losung aus, daß es in Ordnung ist,
Aussagen zu machen (und Lebensformen zu wählen), die gegen den
Katholizismus stehen. Ja, wer in diesen Ländern Aussagen speziell zur
Sexualmoral macht - Verhütung, Abtreibung, Homosexualität, Genderismus
... - wird es sofort mit den Bischöfen zu tun bekommen, die ihn
korrigieren und abschatten.
Wie
in Kanada wurde in der Folge dieser Erklärungen die genuine Identität
zerstört. Was und wer heute Katholik ist, ist so beliebig wie zu sagen,
man sei ein "guter Mensch". Durch kein objektives Kriterium mehr
definierbar, sondern bloß subjektives Gehabe, sonst nichts.
Aber
das hat weit mächtigere Folgen. Damit hat sich die Kirche so
entscheidend geschwächt, daß sie bei uns (wie in Kanada) keine Stimme im
Kulturkampf hat. Sie hat sämtliche öffentlichen Schlachten seither auch
verloren, sei es in der Pornographie und deren Verbreitung, sei es in
der Frage um die "Ehe für alle", sei es in der Frage um die
"Sexualerziehung", die heute vom Staat verordnet über unsere Jugend
oktroyiert wird und deren Moral zerstört. Wo immer noch katholische
Moral vertreten werden will, wird sie zu einer privaten Veranstaltung
von ein paar "Spinnern". Und wo immer die katholische Moral noch
vertreten wird, hat sie gerade aus katholischen Kreisen eine Opposition
zu ertragen, die sie sofort neutralisiert.
Und
noch eine Folge hat diese Selbstauslöschung der katholischen Kirche,
die von den Bischöfen selbst implementiert wurde. Sie löst das erste
Fundament jeder Identität auf. Und das ist die Religion. Die nächste
Folge ist, daß die Menschen - deren erste Grundlage Identität ist, die
also immer nach Identitätsmerkmalen suchen, wenn sie keine haben, das
heißt im sozialen Wechselspiel in der Luft hängen, verunsichert sind,
sich irgendwie in Gefahr sehen - nach Merkmalen greifen, die sie
definieren, und das heißt: von anderen unterscheiden. Die Folge ist, was
man als "Rassismus" bezeichnet. Wo die ethnisch-religiöse Identität
aufgelöst wird, bleibt den Menschen bei uns nur noch die Zuflucht zu
absurden (weil gar nicht definierbaren, gar nicht relevanten) Kategorien
wie "Weiße" zu sein, um einen Lebensraum zu reklamieren, in dem sie
leben können wie es ihrer Natur entspricht. Alle anderen Kategorien
werden und wurden ihnen bereits genommen.
Dazu
kommt in Deutschland wie in Österreich (und in Kanada) der Umstand, daß
ein Merkmal auferlegt wurde, das es in dieser Form nicht gibt, das
keine wirkliche Identitätsbasis bildet: Nun sind wir Österreicher,
Kanadier oder Deutsche. Aber das sind wir nicht, keiner von uns. Wir
sind Sachsen, Hannoveraner, Bayern, Badener oder Allgäuer, Steirer,
Kärntner, Wiener oder Vorarlberger, Österreicher nur dort, wo es die
beiden heutigen Bundesländer Nieder- und Oberösterreich betrifft, das
einzige, was man als Österreich bezeichnen kann.
Wo
man uns die Katholizität als Merkmal der Identität nimmt, passiert aber
noch etwas Entscheidendes. Man läßt uns im Stich, und fortan sind wir
dem social engineering hilflos ausgeliefert, und alles, wo wir (wie in
der Identitären Bewegung beobachtbar, die man als Notgriff verstehen
muß) noch Halt finden, bewegt sich in schwammigen, gar nicht
definierbaren Kunstbegriffen. Solcherart entwurzelt, werden wir hilflos
gegenüber jenen Versuchen der Politik, uns eines fest umschriebenen
Lebensraumes mit einer lokalen Alltagskultur und Lebensform zu
berauben. Durch Zusiedlung von fremden Kulturen, fremden Religionen,
durch Auflösung von kulturell geschlossenen Räumen, die aber jede
gesunde Lebensentfaltung braucht, weil der Mensch seinem Wesen nach
Kulturmensch ist.
Der
Grund der Wehrlosigkeit ist einerseits die Implementierung neuer
"Werte", die anderseits beliebig und ideologisch motiviert sind, ohne
daß sich unsere genuine Wertebasis - die Katholizität - noch zu helfen
wüßte, weil sie uneins und als verbindliche Grundlage unserer
Alltagskultur zerstört ist. Und das nahm seinen Anfang, der so
weitreichende Folgen hatte, weil er ein Prinzip auflöste, das der Einheit
der Kirche in ihrer Lehre, in diesen Erklärungen, die die Lehre der
Kirche bezüglich Verhütung ("Humanae Vitae") auflöste.
Nun,
wo alles erlaubt war, wo Sexualität von der Empfängnis getrennt war,
war es logische Folge, daß als nächstes die Homosexualität (und in deren
Folge die "Diversität") aufkam. Denn nun läßt sich Geschlechtlichkeit
nur noch über subjektives Empfinden bestimmen, ist nicht mehr in
objektiven Umständen verankerbar. Und das Empfinden von Lust, von
"Liebe", das kann jeder "haben". Aber Liebe - auch das uralter
katholischer Fels - ist eben von der Natur, von der sachlichen Grundlage
der Schöpfung, von Wahrheit und Erkenntnis der Wahrheit nicht zu
trennen. Liebe löst objektive Wahrheit nicht auf, sondern sie vertieft
sie sogar in die Sachen hinein, ist also ohne Wahrheit der Dinge
überhaupt nicht denkbar.
Somit
sind wir von der Politik, der Ideologie beliebig manipulierbar. Sie
schreibt uns nun vor, was moralisch ist und was nicht. Und sieh da:
Plötzlich sind genuine katholische Positionen nicht mehr moralisch! Ja
wir befinden uns tatsächlich in der Lage, daß katholische Positionen zu
vertreten gegen bestehende Strafgesetze verstößt! Wer in Kanada jemanden
als "Herr" oder "Frau" anspricht, sagen wir in Briefen, ohne zuvor
zumindest das Einverständnis des Angesprochenen eingeholt zu haben, was
öffentliche Äußerung somit ausschließt, macht sich explizit strafbar.
Und vom Prinzip her sind wir bei uns bereits genau so weit, nur die
Praxis ist zumindest (aber sehr oft gar nicht mehr) noch
zurückhaltender. Universitätsarbeiten ohne Genderismus werden fast
überall schon abgelehnt, und selbst hierin war die Kirche Vorreiter -
sie war die erste Institution in Österreich, die die Inklusivsprache
schon zu Anfang der 1990er Jahre eingeführt hat! Das hat die Politik
erst später (und nicht zuletzt unter Hinweis auf die "Kirchenpraxis"! es
waren vor allem "christich-soziale/demokratische" Politiker, die sich
hier besondere "Vorreiter-Lorbeeren" errungen haben!) gewagt.
Das
alles hängt direkt zusammen, und viele haben es schon früh gesehen. Die
Entscheidungsträger aber leider nicht. Sie haben damit die Menschen in
unauflösbare Widersprüche gestoßen. Und tun es munter weiter. Das hat
auch dazu geführt, daß jede "Gegenwehr" unter den Zuckermantel einer
netten Privatmeinung steht, aber jede Schlagkraft im öffentlichen
Disput, jedes Gewicht in der Politik verloren hat. Das Katholische wurde
zu einer zweit- oder drittrangigen Angelegenheit.
Morgen Teil 2)
*270519*
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