Es ist in Österreich vielleicht zu wenig bekannt, es fand in hiesigen Medien kaum Niederschlag. Aber was sich im Spiegel vor kurzem abgespielt hat - Anlaß war der Fall Relotius, wo sich ein hochdekorierter, mit Journalistenpreisen überhäufter Starjournalist als plumper Fälscher herausgestellt hat, der seine supertollen Berichte über weite Strecken regelrecht erfunden hat - ist sehenswert. Um zu retten, was noch zu retten ist, hat das Hamburger Magazin, das vor Jahrzehnten Maßstab aller journalistischen Qualität war, eine "Wahrheitskommission" eingesetzt. Die systematisch die in den letzten Jahren im Magazin erschienenem Artikel unter die Lupe genommen hat. Und in ihrem im Spiegel selbst erschienenen Abschlußbericht zu einem desaströsen Ergebnis kam. Denn die Frage ist überhaupt nicht, wer das getäuscht und verfälscht hat. Die Frage ist, wer das NICHT hat. Auf Tichys Einblick finden sich dazu zwei sehr gute Kommentare und Dokumentationen, hier und hier.
Natürlich wird beschönigt, natürlich wird versucht die Wogen etwas zu glätten. Und schäbiger- wie unnötigerweise versucht die Empörung zu lindern, indem man darauf hinweist, daß solche Praxis in vielen anderen Redaktionen ebenfalls üblich gewesen sei und wäre.
Die Hauptaussage ist dennoch ehrlich, und für eine Zeitung ein Desaster, wie es kaum größer sein kann. Und dabei doch alles andere. Sie bestätigt nur, was jeder Leser mit halbwegs Vernunft ohnehin zumindest spürte. Da waren überall Thesen, die durch angebliche Tatsachen und vor allem eine sehr schöpferische Dramaturgie bestätigt werden sollten. Aber damit wurde das Wirklichkeitsbild zu ändern versucht, das ist die Wahrheit. Wenn aber Tichys Einblick nun fragt, ob der Spiegel sich damit selbst verbrannt hat, so muß man sagen: Das ging gar nicht mehr. Denn was die seit vielen Jahren einbrechenden Verkaufszahlen belegten ist nichts anderes, als daß die Menschen das ohnehin wußten. Und nun nur bestätigt bekamen.
Zu retten ist da nichts mehr. Der Spiegel liefert nur - dankenswerterweise, muß man fast sagen - die Bestätigung, daß der Journalismus in Deutschland tot ist. Und das weiß jeder normale Mensch ohnehin seit langem. Wenn der Spiegel nun etwas zu retten versucht, so kommt es zu spät. Eine Leiche läßt sich nicht mehr beleben.
Josef Wagner im Jahre 1961 |
Geschrieben für den Tag des 100. Geburtstag des + Vaters des VdZ, Josef Wagner, r.i.p., den Gründer und Herausgeber der ersten Wochenzeitschrift in Niederösterreich nach dem Zweiten Weltkrieg, dem damaligen "Amstettner Bote". Einer der Vorläufer der späteren und bis heute existierenden Wochenzeitschrift "Niederösterreichische Nachrichten".
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