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Montag, 29. Juli 2019

Recht darf nicht über alles sprechen (1)

Die Frage, die William M. Briggs in einem seiner jüngsten Blog-Artikel stellt ist viel interessanter, als sie auf den ersten Blick aussieht. Denn sie rührt an etwas sehr Grundsätzlichem, das uns aber völlig aus den Augen verschwunden ist, welcher Verneblichung wir so manche Schwierigkeit verdanken, weil wir uns in Widersprüche manövriert haben, die nicht zu lösen sind und dasselbe tun, wie alle Widersprüche: Sie lösen das Prinzip auf.

Briggs stellt die scheinbar dumme Frage, ob ein Staat Prostitution legalisieren darf? Na wie jetzt, na was jetzt, verlangt er (oder der VdZ) jetzt gar, wie die Puritaner zu allen möglichen Zeiten und Orten die Prostitution zu verbieten und Nüttlein auf den Scheiterhaufen zu schichten?

Herrschaften, natürlich nicht. Vielmehr rollt sich an diesem Fall ein Grundsatz des Rechts auf, über den kaum einmal diskutiert wird und auch wurde. Nämlich der der "zwei Reiche" des Rechts. Dessen ein Reich das der Gesetze und expliziten oder impliziten Normen ist, die es ohne jeden Zweifel und gegen Sanktionierung zu befolgen gibt.  

Es gibt aber einen Bereich, noch ein Reich des Rechts, das wir hier der besseren Verstehbarkeit willen "das Recht der Nacht" nennen wollen, das Recht des Traumes, das niemand je explizit machen wird und je gemacht hat - und doch jeder anerkennt, der noch seine sieben Sinne beisammen hat und vor allem aber eines: Den Menschen kennt weil sich kennt, und ihn (und sich) trotz aller Schwächen liebt.

Was, und trotzdem soll die Prostitution illegal bleiben? Herrschaften, es geht nicht anders. Denn sonst kommt der Staat in einen eklatanten Widerspruch. Denn er kann nur schützen, also als Rechtsbestand anerkennen, was seinen sittlichen und göttlichen Normen entspricht. Das kann, das muß er sogar schützen und jeden Verstoß dagegen bestrafen, je nach Schwere des Verstoßes. Dabei bewegen sich weite Bereiche des Rechts ohnehin im Lande des Alltäglichsten, das wird uns gar nicht bewußt. 95 Prozent (um eine Zahl zu nennen, die Höhe ausdrückt) des Rechts laufen im Rahmen der jedem einleuchtenden, in jedem Haus, in jeder Familie üblichen Verhaltensnormen. Daß man nicht stehlen darf, ist jedem Kind bereits klar. Also - fast jedem. (Wobei - auch das wird heute schon gefährlich dünn, aber lassen wir das an dieser Stelle.)

Niemals aber darf ein Staat einer Sache Rechtsstatus geben, sie also legalisieren, die ihn zersetzt. Und das tut der Ehebruch in jedem Fall. Weshalb er noch heute und in allen Staaten der Welt vor Gericht ein Vergehen ist. Das zwar nicht (und zwar: nicht mehr! früher war das sehr wohl so) überall als Offizialdelikt gehandelt wird, das also sogar eine solche Gravierendheit hat, daß es der Staat selbst ahnden muß, sondern sogar in liberalen Staaten wie dem unseren ist Ehebruch ein Grund, jemanden in einem Scheidungsverfahren zum Beispiel schuldig zu sprechen, oder eine Scheidung verlangen zu können, die der Ehebrecher per Gesetz zugestehen muß. Auch wenn es in unseren Ländern keinen Straftatbestand des Ehebruchs mehr gibt, so anerkennt der Staat dennoch - und das ist im Grunde schon ein Widerspruch - daß die Ehe zu brechen etwas Gravierendes ist.

Nun haben wir es bei der Prostitution mit einer Sache zu tun, die so alt ist wie die Menschheit selber. Die eine Art "Ehe auf Zeit" ist (da hat der Islam gar nicht so Unrecht, wenn er außerehelichen Geschlechtsverkehr offiziell so einstuft und solche "Zeitehen" förmlich schließt), wobei das klar macht, was diesem Satz noch fehlt: Nicht nämlich "seit es Menschen gibt", sondern seit der Mensch mit der Erbsünde belastet ist. Das ist der entscheidende Unterschied.

In dieser sündlichen Neigung wissen wir uns Menschen alle vereint beziehungsweise damit geschlagen. Und so ist der Realist der, der darum weiß und von niemandem verlangt, er dürfe nur dann als Mensch gelten, wenn er diese sündliche Neigung NICHT habe. Das geht nämlich nicht. Und wo eine Neigung, da auch ... ein Fall. Ein wahrscheinlicher Fall, sagen wir es so, denn zwangsläufig ist es ja auch nicht, nicht in jeder Angelegenheit oder Versuchung zumindest.

Deshalb ist so ein Realismus Merkmal jeder wahrlich menschlichen Gesellschaft. Jeder weiß, daß jeder fallen kann. Dafür wird man ihn nicht ausstoßen, man geht vielmehr davon aus, daß jemand von diesem Fall wieder aufsteht, und das will man jedem auch so wenig wie möglich erschweren, wenn auch nicht "schenken".  Dazu gibt es ein absolut unerläßliches Mittel, das die Zwischenmenschlichkeit so wesentlich begleitet, daß es Zwischenmenschlichkeit OHNE es gar nicht gibt. Und das ist Diskretion. Schweigen. Verschweigen meinetwegen.

Und in diese Verhaltensweise hinein fällt so manches. Auch ... die Prostitution. Für beide Seiten. So lange also die Prostitution in diesen Bereich fällt, wobei das oft nicht so leicht zu beurteilen ist (man denke an Zwangsprostitution oder Mißbrauch), wird sie nicht "legal", sondern stillschweigend "toleriert". Gelassen. So lange sie also nicht die Norm bestimmen will, sich als Norm sieht, wird sie in einer menschlichen Gesellschaft stillschweigend ignoriert. Die Sünde, die der Mensch da begeht, wird nicht ans Tageslicht gezerrt, sie wird deshalb verschwiegen, weil es eine Sache ist, eine Sünde zu begehen, und eine zweite, wenn sie öffentlich wird.


Morgen Teil 2) Dieser selbe Staat aber kann nun doch
kein Verhalten "legalisieren", also gutheißen, 
das in seinem Wesen Ehebruch IST!
Hier beginnt das zweite Reich des Rechts - das des Schweigens