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Mittwoch, 25. September 2019

Destabilisierung Europas

Nur die Hälfte aller Deutsch-Österreicher lebte nach 1918 in dem per Diktat verordneten Staat namens "Österreich", dem "übrigbleibenden Rest", wie Clemenceau es ausdrückte. Sie wurden gegen alle hochheiligen (scheinheiligen) Versprechen, nun human vorzugehen, und jedem Volk seinen Staat zu gönnen, in neu entstandenen Staaten der zerfallenden Monarchie zu sehr ungeliebten Minderheiten. Was sich nach 1945 hervorragend eignete, einen Sündenbock für was auch immer zu finden, der außerhalb jeden Rechts stand. 

Schon Talleyrand, der französische Außenminister unter Napoleon, hatte gewußt, daß ein Zerfall der Habsburger-Monarchie ganz (sic!) Europa in einen Zustand unentwegter Unruhe und Instabilität versetzen würde. Denn dann zwangsläufig entstehende Kleinstaaten im Zentrum des Kontinents wären permanentes Objekt der Begierden der verbleibenden Großmächte. 

Genau so kam es. Dabei hat sich das verbleibende "Österreich" nur unter äußerem Zwang als eigenen Staat sehen können. Der Österreicher war Deutscher, was sonst? Und Kaiser Franz Josef hat noch 1914 jedem Angebot der Alliierten widerstanden, auf deren Seite zu wechseln, mit völligem Unverständnis reagiert: Österreich als Teil der Alliierten? "Herr Botschafter, ich bin doch ein Deutscher Fürst?" Was sonst.

Speziell die Sudetendeutschen haben sich nie als "Deutschland" empfunden, sondern als "Österreicher", in dessen Rahmen viele Völker Platz hatten. Und in dessen Rumpf- weil Zielbegriff wollten sie auch nach 1918 gehören. Millionen Österreicher wurden nach 1918 zu Fremden im urangestammtesten, eigenen Land erklärt. Allein in der neu entstehenden Tschechoslowakei wurde damit ein Drittel der seit je angestammten Bevölkerung mehr oder weniger entrechtet. Herrschaften, der VdZ ist ein Abkömmling der darein fallenden Schlesier. Sicher nicht die untüchtigste Landsmannschaft in allen diesen Landen, aus denen sie entheimatet wurden. 

Wer heute auch nach Ungarn, Rumänien, Ex-Jugoslawien (das heutige Slowenien ist dabei eine einzige Schande), Ukraine, oder eben die Tschechei schaut, ohne zu berücksichtigen, daß das Hauptproblem dieser nunmehr verarmten - einst reichsten! - Länder und Landstriche darin gründet, daß 1946 ihre gesamte Mittelschicht - Deutsche - expediert wurden, wird nichts im ehemaligen Ostblock begreifen. Und wer wollte von Italien reden, von dessen Ungleichgewicht zwischen dem reichen Norden und dem desaströsen Süden. Vom Kanaltal oder der Untersteiermark mit Marburg oder dem Unter-Mur-Gebiet soll nicht einmal mehr geredet werden. Das Desaster, das Ödenburg (Sopron) durch seine absurde und seltsame Entscheidung erlitt, verdient sowieso nur Häme, die Stadt hat es substantiell gebüßt. Aus einem Zentrum wurde eine periphere Dackelstadt, die nur noch aus dem Verweis auf ihre Vergangenheit (oder Nützung von Lohngefälle zum ehemaligen Umgebungsland) zu leben vermag. Noch 1800 war Ödenburg zu hundert Prozent deutsch. Güns (heute: Köszeg), Steinamanger (heute: Szombathely) oder Preßburg (heute: Bratislava) erlitten ein ähnliches Schicksal.