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Donnerstag, 26. September 2019

Suchen, was am Anfang sich bietet

Peter Farrely und sein Bruder Bobby, Autoren von Drehbüchern wie "Verrückt nach Mary", "Dumb and dumber" oder "Green Book" (wir haben hier darüber berichtet), beschreiben, wie sie bei der Anfertigung der Drehbücher vorgehen. Sie bestätigen einen gewissen Teil der Sichtweise des VdZ, der jedes Stück, jede Erzählung im ersten Akt grundlegt. Dort entscheidet sich alles. 

WAS sich dabei aber entscheidet, das ist der Weg, den man beim Verfassen des Manuskripts selbst erfährt. Schreiben ist ein Weg der Erkenntnissuche! 

Und - entscheidet. Die ersten Minuten eines Films, eines Manuskripts, eines Romans etc. sind aber die entscheidenden Minuten. Hier muß der Zuseher, der Leser, der Konsument insofern gefangen sein, als er sich mit der Hauptfigur identifiziert. 

Ab da "kann man mit ihm machen, was man will", das heißt, ab da kann er auch den Weg der Katharsis mitgehen. Wie immer der sich angesichts der vielen Aspekte, die jeder Mensch, damit jede Figur in sich trägt, in der er aber nie unbedingt feststeht, sondern in der er sich immer entscheiden kann, entwickelt. Wie sich damit die Handlung entwickelt.

Diese Identifikation kann oft gut verborgen, weil dem Zuseher nicht bewußt sein. Auch Ablehnung, Antipathie ist eine Form der Identifikation, weil man etwas in sich findet, und daran festhält. Ja, es ist eine dramaturgische Leistung den Zuseher dazu zu bringen, an etwas festzuhalten, das er von sich gar nicht weiß. Das ist das Moment des "tricky", zu dem sich vor allem eine Komödie als Form sehr gut eignet. 

Man hat am Anfang seine Figuren, sieht sie vor sich, und läßt sich dann von ihnen leiten. Konfrontiert sie mit diesem, jenem, und läßt sich auch überraschen. Das führt zu einem der Probleme des gegenwärtigen Films, vor allem in unseren Ländern. Denn wenn man Menschen nur von Ideologien bestimmt sieht, werden sie monothematisch, langweilig, eindimensional. Und damit brüskiert man das Recht des Zusehers auf Interessantheit. Umgekehrt, ist Interessantheit kein relevantes Kriterium, wenn es mit dem Wesen des Menschseins nichts zu tun hat, sondern ideologisch oder zu willkürlich wird. Denn jeder Mensch, wirklich jeder!, geht davon aus, daß die Welt vernünftig ist. Aber Vernunft ist vielseitig, ja extrem vielseitig. Logisch heißt aber nie auch "vorbestimmt". Es heißt nur "stimmig". 

Da gleicht der Künstler tatsächlich dem Wissenschaftler, ja Kunst ist die klarste Form von Wissenschaft. Indem empirisch angesehen wird, wenn aus der bekannten Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff etwas Neues wird, wenn man Schwefelsäure dazufügt. Keines der Elemente ist "ausdenkbar", "erfindbar", es muß gefunden werden. Hören, sehen ist deshalb die vorzüglichste Eigenschaft jedes Kunstschaffenden. Gehorsam! Aber ... Lust am Spiel. 

Wie im Leben. Nur das Tote lehnt Wandel ab, nur das Tote lehnt die Idee ab, daß die Welt, das Leben des Menschen in dem Maß groß (und damit erst wirklich! Nur Großes wird wirklich!) werden kann, als es Veränderungen bewältigt, indem es sich der Sachaufgabe zuwendet, wie sie sich stellt.