Daß
James Corbett ein alter Verschwörungstheoretiker ist, wissen wir
natürlich alle längst. Aber wir wissen auch, daß die meisten der
Verschwörungstheorien sich mittlerweile als Berichte über die wirklichen
Vorgänge herausgestellt haben, die man mit dem verleumderischen Etikett
lediglich versieht, um diese Vorgänge zu verbergen. Also wird es Zeit,
eine weitere seiner Theorien hier vorzustellen, der so mancher Geruch
von Realität anhaftet.
Corbett beginnt dieses mal
gleich mit einem kräftigen Schluck aus der Pulle, die seinen Ruf
begründet hat. Es sei unfaßbar naiv, und dem der das glaubt nicht zu
helfen, der da meine, das Internet habe sich aus freiem Wirtschafts- und
Altruismus-Impuls heraus entwickelt, und sei nun in einem permanenten
Widerstandskampf gegen die pöhse Politik, die es für sich zu benützen
versuche.
Mitnichten
und -neffen. Das Internet war von allem Anfang an ein Projekt des
US-Verteidigungsdepartments, das sich aus dem 'Arpanet' heraus - einem
rein militärischen, weltweiten Netz des Informationsaustausches - nicht
einfach entwickelt hat, weil da ein paar findige Superhirne die Welt
revolutionieren wollten, sondern das unter Anleitung und Leitung des
US-Geheimdienstes technisch adaptiert, mit viel Geld finanziert und dann
unter dem elegantesten Werbeetikett, das denkbar ist - Freiheit und
Wohlstand - popularisiert wurde. Einfach, weil die Technik vorhanden war
und dazu regelrecht einlud, auf diese Weise die Menschen in globalem
Maßstab zu dirigieren. Na, wer das glaubt, nicht wahr, werter Leser, dem
ist doch nimmer zu helfen? Wir sind doch so frei geworden durch das
Internet, das uns allen so viel Meinungsfreiheit gibt, Gott sei es
gepfiffen und getrommelt.
Sein
diesmaliger Gesprächspartner zieht aber sogar noch einen Gang an. Er
meint glatt, daß sich direkte Verbindungslinien zwischen den
Eugenik-Programmen hochwissenschaftlicher Landesverteidiger zeigten,
sieht man der Sache genauer unter die Decke. Jener also, die seit
Jahrzehnten, wenn nicht ein gutes Jahrhundert, die (primitive)
Bevölkerung als großen Feind der Freiheit ansehen. Na, und das, das
glauben wir schon überhaupt nicht mehr.
Oder
sollten wir es besser doch glauben? Wo wäre der Ansatz? Wirkt Internet
kontrazeptiv? Nun, der erste Ansatz ist, daß diese Form der
(unnatürlichen, ja gefährlichen) Scheinkommunikation einen psychologisch
perfekt ausgedachten Stoß der Bevölkerung ins Soziopathische versetzt.
Dem könnte man also glatt zustimmen: Das Internet versetzt die Menschen
in ein antisoziales, ja soziopathisches "Mindset", also in eine solche
Geistesverfassung. Die sogar das Scheinfach aufmacht, in dem sich jeder
als "Dissident", als "geistig originell" sehen kann, ohne noch die
Wahrnehmung dafür zu haben. Denn es wird ihm ja bestätigt: Das Internet
ist die perfekte Maschine der Zweitwirklichkeit, die ihre eigenen
Wertmaßstäbe in sich trägt, und mit dem aus der wirklichen Wirklichkeit
aufsteigenden Weltstrukturen und -grammatiken nichts mehr zu tun hat. Es
ist alles nur noch eine Vorstellung, und diese Vorstellungen sind über
attestierte Qualität - Scheinhierarchien von "gut" und "schlecht" -
sehr leicht zu kontrollieren.
Denn
mit dem Internet läßt sich so etwas wie ein globales Gedankenlesen
veranstalten. Auf die elektronische Ebene transponiert, ergibt sich für
jeden, der auch nur fünf Zeilen ins Netz schustert, ein immer weiter
perfektionierbares Gedanken- und Seelenprofil. Wer soll das wollen? Cui
bono, wem nützt es am meisten?
Nun,
sagt Corbett, um eines mal festzuhalten: Technokraten sind Eugeniker.
Und Eugeniker Technokraten. Soviel zu deren Sichtweise des Menschen.
Eugenik
setzt genau dort an: Es will auch über die Anwendung in der Gentechnik
ja nichts anderes als "bessere Menschen". Durch störungsfreiere,
optimierte Empfängnis und Geburt ist jedem ein besseres Leben
bescheidbar. Deshalb wird per Abtreibung längst mit einer Nonchalance
selektiert, wie es sich kein Auschwitz-Arzt an der Rampe hätte
vorstellen können. Das Gedankengut von Abtreibung und Rassenvernichtung
deckt sich nicht zufällig bis in den letzten Winkel. Selbst die
Argumente sind dieselben, ob sozialer oder psychischer oder
leistungstechnischer Art.
Die
Idee, die Menschheit in eine bessere, ja in die richtige Richtung zu
lenken, ist nicht neu. Sie ist im Gleichschritt mit der Entwicklung der
Technik, noch mehr aber mit der gesellschaftlichen Entwicklung (allem
voran die Beseitigung von Thron und Altar als Einflußfaktoren), eine
direkte Frucht der Aufklärung. Das ist zugleich die absolute
Rechtfertigung für eine "herrschende Klasse", sie ruht ganz auf der
"Vernünftigkeit" auf. Wer wird da etwas dagegen sagen? Wer will nicht
Führer, die ihn zum Besseren bringen?
Diese
Form der Rationalität ist der Grund, warum die Menschen auch selbst und
freiwillig eine neue Form der Herrschaft akzeptiert haben und heute
mit offenen Armen akzeptieren, ja herbeisehnen, im Internet
herbeischreiben. Alle Dispute im Internet gehen in Wahrheit nur darum:
Wer - links? rechts? - hat dazu die besseren Konzepte? Über das allen
gemeinsame Ziel - hier sind die, die gelenkt werden, dort die, die
lenken - wird nicht diskutiert. Und nie läßt sich die Menschheit besser
dirigieren als über die "Pluralität", in der niemand einer Autorität
zuzugehören scheint, wo alle so unglaublich "frei" und "autonom" sind.
Was
für ein tragischer Irrtum. Was für eine verfluchenswerte Droge der
Entwirklichung. Die sicherste Autorität hat der, der dem anderen
weismacht, daß er ihn völlig frei entscheiden läßt. Und unter den Tisch
fallen läßt, daß es einen Menschen außerhalb einer Hierarchie gar nicht
gibt, daß der Klebstoff, der jeden Menschen überhaupt erst Mensch sein
läßt, Mensch in der Welt, Autorität, Hierarchie ist. Daß es der Glaube
ist, daß es vor allem das "jemandem glauben" ist, das den Menschen von
allem Anfang an in seiner Welthaftigkeit bestimmt. Beginnend von der
Mutter, über die Familie, hinaus in die Umgebung, erst nahe, dann
weiter. Wir alle haben das, was wir glauben, empfangen. Empfangen. Von
jemandem.
In
einem Menschenbild, das den Menschen nur noch als
mechanistisch-materielles Gebilde sieht, ist auch klar, daß der
Überlegene sich durch überlegene Physis - und damit durch überlegene
Gene - auszeichnet. Und die Gründer von Silicon-Valley, dieser
Geburtsstätte und Hochburg der Computerwelt und des Internet (samt der
Aftergeburt der social media), waren Eugeniker, waren Genetiker, waren
überzeugt von dem Gedanken der mechanisch konstituierten Überlegenheit
einer bestimmten Art von Menschsein.
Die
Möglichkeit, die Wirklichkeit in Einsen und Nullen - die Grundstruktur
aller Computertechnik: Ja/Nein, Strom/Nicht-Strom - aufzulösen hat seit
je Eugeniker und Computer-Technizisten fasziniert und geeint. Gene an,
Gene aus. Strom an. Strom aus. Diese Mentalität führt fast zwangsläufig
zur Gleichsetzung von schneller, perfekter, bequemer, billiger, besser
mit dem "Guten" an sich. Diese Kriterien sind die perfekte Basis, um die
bestehende obere Klasse zu delegitimieren. Der Ort, der Stand wird durch
die bessere Technik in Prozessen abgelöst. Das ist auch mittlerweile die
Milch, die die fromme Denkungsart der "Demokratie" nährt.
Und
an diesem Punkt zeigt sich die Problematik und Irrelevanz nicht nur
von Corbett, sondern quasi der gesamten Internet-Rebellions-Bewegung, wie sie sich oft genug selbst versteht. Corbett
sagt tatsächlich, daß die Idee einer herrschenden Schichte (als Stand, als generationenübergreifende Identität) das Problem
sei. Weil ja alle gleich seien. Dabei ist diese "ewige Identitätsidee" das einzig Realistische an Identität.
Morgen Teil 2)
*160719*