Dieses Blog durchsuchen

Montag, 23. September 2019

Säulen der Identität im Meer

Er starb, wie es für viele Helden auf ihre Weise typisch ist, mit erst 43, also noch jungen Jahren. Admiral Wilhelm von Tegetthoff. Von den Österreichern quasi vergessen, und wer den vor etlichen Jahren neu gestalteten Praterstern in Wien ansieht, mit seinem absurden, verwirrenden, keinen Ort mehr definierenden Gewusel von Stangen und Linien, wo man "na lassen wir ihn halt" die Denkmalssäule des österreichischen Helden irgendwie am Rande noch stehen hat lassen. Und mehr Ausdruck dafür, daß der heutige Österreicher, verblödet bis zum Exzeß, gar nicht mehr weiß, was er mit der eigenen Geschichte und schon gar solchen Leuten anfangen soll.

Wilhelm von Tegethoff war ein Kriegsheld. Ein wirklicher Kriegsheld, der uns heutigen Österreichern viel zu sagen hat. Der VdZ kann es nur bestätigen, denn er hat im Rahmen seiner Unternehmerstätigkeit immer wieder direkte Vergleiche zwischen bundesdeutschen und österreichischen Menschen anstellen können oder sogar müssen. Tegethoff war ein Musterbeispiel dafür, was man - wenn denn schon! - dem "Österreicher" als seine wichtigste Eigenschaft zuschreiben muß. Es ist die Fähigkeit, aus Nichts etwas zu machen. Es ist die Fähigkeit, immer zu improvisieren. Es ist die Fähigkeit, einen Spagat auszuführen, der keinem Bundesdeutschen möglich ist.

Was Tegethoff zum Helden machte, ist wiederum nicht denkbar, wenn man nicht begreift, endlich wieder begreift", wie sehr Österreich ohne Meer niemals denkbar wäre und gewesen wäre. Für unsere bundesdeutschen Leser muß das wohl näher dargestellt werden. Denn Österreich war IMMER ein "Land am Meer". Triest, der auch heute noch wichtigste Hafen für Österreich, war schon "Österreich", da gab es noch gar kein Tirol (als Kronland der Habsburger, und das definiert letztlich auch das heutige Österreich).

Und er begriff schon Mitte des 19. Jahrhunderts die Zeichen der neuen Zeit, und begriff damit, daß der immer weitere Kreise ziehende Welthandel auch eine militärische Konsequenz hatte. Jeder Staat, der Welthandel betrieb, mußte auch eine Flotte haben, die die aus den rein ökonomischen Getrieben auch Rechtssicherheit schaffen konnten. Auch Österreich brauchte also eine global agierende, potente Militärflotte (nicht nur Deutschland).  Denn es war über seine Herzogtümer Triest und Krain (der westliche Teil des heutigen Slowenien) quasi seit Gründung ans Meer angebunden. 

Aber ... das ist doch Slowenien? Leutel, nur der heutige Trottelkopf begreift nicht, daß Sprache niemals ein Kriterium für Volk oder Staat gewesen ist. (Und wer einmal mit Slowenen geredet hat, wird mit gewisser Verwunderung feststellen, wie sehr die sich über ihre "eigene Sprache" definieren. Diese genuin französische Innovation (um gierige Ansprüche auf Brabant/Lothringen darstellen zu können, hat Kardinal Richelieu die dort meist gesprochene Sprache als Legitimation erfunden) hat sich dann später als Merkmal etabliert. Und endgültig im 19. Jahrhundert, als die kapitalistisch-neutralistische, universalistische Definition von Volk und Mensch - für die niedrigsten Instinkte die idealste Vorwandargumentation - Raum gewann, weil die Verwurzelung der Menschen (von dem noch Simone Weil 1950 schreibt, daß sie der erste, wesentlichste Moment des Menschenseins überhaupt ist) regelrecht zu verduften anfing. Also begann man mit irgendwoher gezogenen Argumenten, wie Sprache. 

Nein, es ist ein Kulturraum, und er war seit über tausend Jahren (und noch weit mehr) ein einziger Kulturraum. Und in diesem Kulturraum hat sich ein Herrschergeschlecht mehr und mehr als Dominante durchzusetzen begonnen, das ist alles, was zu den Habsburgern zu sagen ist. Triest oder Istrien oder Rijeka/Fiume ist deshalb österreichischer als Innsbruck oder Eisenstadt. Und wer dorthin fährt, wird das nur bestätigen können. 

Österreich, das nur als Rest- und darin Nachfolgeland des Habsburger-Reiches überhaupt definierbar ist, denn das "Deutsch sein" hat nie gereicht, nicht vorher, und nicht nach 1918, als die siegreichen Alliierten dieses Kriterium der Identität verboten haben (Österreich hat sich nach dem Friedensdiktat Trianon und St. Germain nur noch als "Teil Deutschlands" definieren können, also noch im ersten Parlamentsbeschluß in Wien 1918/19 den Anschluß an das Deutsche Reich proklamiert) war immer ein "Land am Meer". Und das sollte deshalb nie vergessen werden, weil sich der Österreicher nicht nur durch seine Urlaubs-Vorliebe für die Strände in Lignano und Caorle an der Adria oder seine nostalgischen Gefühle Venedig gegenüber diffus definiert, sondern sich seiner Wurzeln bewußt werden müßte. Die ihm erst erklären, warum er so empfindet, wie er heute empfindet. 

Und dazu gehört auch, einen Helden wie Admiral Wilhelm von Tegetthoff, in Marburg* geboren, zu ehren, zu achten, und zu wissen, zu erinnern, daß er so richtig "Österreicher" war. Der aus Nichts viel machte. Und Italiens technisch weit überlegene Flotte vor Lissa (dem heute "kroatischen" Vis) auf den Grund der Adria schickte. Er hatte es ja immer gesagt: Egal, wie unterlegen wir sind. Gebt mir einfach Schiffe, ich mache was draus. Er hat sein Versprechen eingehalten.

Natürlich - es ist ja eine offizielle Produktion publikums-zwangsfinanzierter Fernsehproduktionen - bleibt das politisch korrekte Moment nicht aus. Aber denken wir uns das einfach mal weg ... dann bleibt ein identitätsstiftender Held, dessen historische Bedeutung neu gehoben werden muß, um uns über uns selbst klar zu werden. Und die Säule am Praterstern in Wien neu zu sehen. Dann haben wir eine ganz neue Aussage. Wo wir nicht mehr so tun (und freudianisch umerklären) müssen, als wäre alles normal mit unserem Empfinden in einem Raum, an einem Ort, wie wir es seit 1918 erdulden müssen. Wo wir nicht einmal mehr wissen dürfen, warum die Triester Straße in Wien Triester Straße heißt. Sie war Jahrhunderte lang die natürlichste Anbindung ans Meer, von dem der Österreicher keine zwei bis fünf Stunden entfernt ist, ohne das Österreich auch heute aber gar nicht verstehbar ist.







*Der VdZ gesteht, daß er neuzeitliche Staaten wie "Slowenien" (und Italien, zumindest im Norden, betrifft das kaum minder) nur mit sarkastischem Lächeln angesichts eines ontologisch unmöglichen, ja geisteskranken Unterfangens betrachten kann, dem diese "Staaten" ihre Existenz zuschreiben. Mitleid, das ist alles, was man Slowenen, die sich als "Staatsbürger" betrachten, empfinden kann. Die müssen zu so einem großen Prozentsatz ihre eigenen Wurzeln verleugnen, daß sie nur noch bedauert werden können. Mehr als amerikanistische Konsumtrolle, oder nationalistisch neurotisierte "Slowenen" kann aus denen nicht werden.