Teil 2) Der heilige Stammtisch
Nun
hat der VdZ so seine eigenen Gedanken zur "Rede- und Meinungsfreiheit".
Ja, jeder Mensch muß frei sein selbst zu denken und seine eigene
Meinung zu haben. Das heißt aber nicht, daß jeder Mensch gleichermaßen
die Möglichkeit braucht, sich über eine abstrahierte Plattform wie die
social media auf eine Ebene mit einer gesamten Öffentlichkeit zu
stellen. Ja, es braucht Räume, in denen absolute Ungeregeltheit nötig
ist, wie die Parlamente auf allen politischen Ebenen, wie die
Universitäten, wie "Hyde-Park-Corners".
Und
nicht zuletzt das so bedeutende "Wirtshaus", das nicht zufällig in alten
Rathäusern sogar baulich jeder Ratsherrenversammlung angeschlossen war
und Raum der Redefreiheit auch für den größten Simpel war und sein muß.
Noch in den 1950er Jahren war das Wirtshaus die wichtigste Stätte der
Meinungsbildung und offenen Diskussion, der VdZ hat es in Spuren sogar
in den 1960ern (ja sogar bis heute in manchen richtigen Wirtshäusern)
noch so erlebt. Das verächtliche Geschrei um die angeblich so bösen
"Stammtische" ist deshalb eine ganz böse Tat, die gerade den einfachen
Menschen die Redefreiheit nehmen will, weil sie den Ort nehmen will, an
dem diese angebracht und richtig ist, den Stammtisch. (Auch die
Wirtshäuser aber sterben heute, dieselbe Ursache, dieselbe Wirkung ...)
Aber
hinter der Forderung nach Meinungsfreiheit, die oft mit Redefreiheit
als Recht "verwechselt" wird, steckt nicht weniger als die Mächtigen
gemacht haben: Sie fordern sie, um ein System aufzubrechen, und es dann
neu und ihren Interessen nach zu ordnen. Das macht auch die Rechte
(nicht bös sein) über weite Strecken zu einer Veranstaltung von
Heuchlern, und die Reaktion der Ablehnung ist oft berechtigt, weil man
mehr spürt als weiß, daß diese Forderung nur ein Vorwand ist, daß vieles
aber gar nicht gesagt wird.
Auch
das, daß eine Gesellschaft diesen Wirrwarr an veröffentlichten
Meinungen nicht braucht, weil die Menschen darin nur ihre Orientierung
verlieren und verwirrt werden. Weil die Autoritäten im Internet nicht
den Hierarchien entsprechen, die der verwurzelte Mensch noch sehr gut
kennenlernt. Es ist ein Unterschied, ob in solchen sozialen Gefügen der
Pfarrer etwas sagt, oder der Huberbauer, weil ihm grad danach ist.
Meinung ohne Bildung ist ein leider heute sehr häufiges Phänomen. Und
wir sehen es am klarsten bei der Groteske, die sich um Kinder abspielt,
die als "Meinungsträger" aufgebaut werden und auftreten.
Auch hier gilt also, daß die Bedeutung dieser social media
in direktem Zusammenhang mit der Entwurzelung des heutigen Menschen
stehen. Wer kein dichtes, reiches soziales Umfeld mehr hat, ist auf
diese Plattformen mehr und mehr angewiesen, die ihm ein soziales Netz
ersetzen sollen, das er nicht mehr hat. Die Pseudo-Identität des
heutigen Menschen braucht die Pseudo-Informiertheit einer social media
Plattform, die oft genug reines Dauergeräusch hirnlosen Dauergequatsches
ist.
Dies
als Ideal hochzuschreien baut auf einem völlig falschen Verständnis der
Natur des Menschen und seiner sozialen Dimension auf, die als
"Demokratismus" und "Gleichmacherei" bezeichnet werden muß. In Wahrheit
fordern auch Rechte (nennen wir sie der Einfachheit halber so, auch
Linke sind damit gemeint, alles was halt "kritisch" durchs Netz schreit)
diese Gleichmacherei, diese "Graswurzel-Sicht" des Menschen, wo sich
alles von unten nach oben aufbaut. Was für ein geistloser,
irrtumsbehafteter Schwachsinn!
Aber
eines ist klar. Daß rein faktisch die social media heute, eben weil es
die kleinen sozialen Strukturen nicht mehr gibt, in denen jeder in
angemessenem Rahmen (und ohne jede Konsequenzen fürchten zu müssen)
alles sagen kann, wonach ihm ist, ersetzen "müssen" (ohne das freilich
je zu können). Deshalb ist vielen die völlige Freiheit in social media
so wichtig, egal wie wichtig sie wirklich sein mag.
Morgen Teil 3) Aber die Kirche will niemand zerstören.
Das war auch noch nie der Fall!
*310819*
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