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Dienstag, 29. Oktober 2019

Amerika ist eine Pseudo-Nation (2)

Teil 2) Der heilige Stammtisch




Nun hat der VdZ so seine eigenen Gedanken zur "Rede- und Meinungsfreiheit". Ja, jeder Mensch muß frei sein selbst zu denken und seine eigene Meinung zu haben. Das heißt aber nicht, daß jeder Mensch gleichermaßen die Möglichkeit braucht, sich über eine abstrahierte Plattform wie die social media auf eine Ebene mit einer gesamten Öffentlichkeit zu stellen. Ja, es braucht Räume, in denen absolute Ungeregeltheit nötig ist, wie die Parlamente auf allen politischen Ebenen, wie die Universitäten, wie "Hyde-Park-Corners". 

Und nicht zuletzt das so bedeutende "Wirtshaus", das nicht zufällig in alten Rathäusern sogar baulich jeder Ratsherrenversammlung angeschlossen war und Raum der Redefreiheit auch für den größten Simpel war und sein muß. Noch in den 1950er Jahren war das Wirtshaus die wichtigste Stätte der Meinungsbildung und offenen Diskussion, der VdZ hat es in Spuren sogar in den 1960ern (ja sogar bis heute in manchen richtigen Wirtshäusern) noch so erlebt. Das verächtliche Geschrei um die angeblich so bösen "Stammtische" ist deshalb eine ganz böse Tat, die gerade den einfachen Menschen die Redefreiheit nehmen will, weil sie den Ort nehmen will, an dem diese angebracht und richtig ist, den Stammtisch. (Auch die Wirtshäuser aber sterben heute, dieselbe Ursache, dieselbe Wirkung ...)

Aber hinter der Forderung nach Meinungsfreiheit, die oft mit Redefreiheit als Recht "verwechselt" wird, steckt nicht weniger als die Mächtigen gemacht haben: Sie fordern sie, um ein System aufzubrechen, und es dann neu und ihren Interessen nach zu ordnen. Das macht auch die Rechte (nicht bös sein) über weite Strecken zu einer Veranstaltung von Heuchlern, und die Reaktion der Ablehnung ist oft berechtigt, weil man mehr spürt als weiß, daß diese Forderung nur ein Vorwand ist, daß vieles aber gar nicht gesagt wird. 

Auch das, daß eine Gesellschaft diesen Wirrwarr an veröffentlichten Meinungen nicht braucht, weil die Menschen darin nur ihre Orientierung verlieren und verwirrt werden. Weil die Autoritäten im Internet nicht den Hierarchien entsprechen, die der verwurzelte Mensch noch sehr gut kennenlernt. Es ist ein Unterschied, ob in solchen sozialen Gefügen der Pfarrer etwas sagt, oder der Huberbauer, weil ihm grad danach ist. Meinung ohne Bildung ist ein leider heute sehr häufiges Phänomen. Und wir sehen es am klarsten bei der Groteske, die sich um Kinder abspielt, die als "Meinungsträger" aufgebaut werden und auftreten.

Auch hier gilt also, daß die Bedeutung dieser social media in direktem Zusammenhang mit der Entwurzelung des heutigen Menschen stehen. Wer kein dichtes, reiches soziales Umfeld mehr hat, ist auf diese Plattformen mehr und mehr angewiesen, die ihm ein soziales Netz ersetzen sollen, das er nicht mehr hat. Die Pseudo-Identität des heutigen Menschen braucht die Pseudo-Informiertheit einer social media Plattform, die oft genug reines Dauergeräusch hirnlosen Dauergequatsches ist. 

Dies als Ideal hochzuschreien baut auf einem völlig falschen Verständnis der Natur des Menschen und seiner sozialen Dimension auf, die als "Demokratismus" und "Gleichmacherei" bezeichnet werden muß. In Wahrheit fordern auch Rechte (nennen wir sie der Einfachheit halber so, auch Linke sind damit gemeint, alles was halt "kritisch" durchs Netz schreit) diese Gleichmacherei, diese "Graswurzel-Sicht" des Menschen, wo sich alles von unten nach oben aufbaut. Was für ein geistloser, irrtumsbehafteter Schwachsinn!

Aber eines ist klar. Daß rein faktisch die social media heute, eben weil es die kleinen sozialen Strukturen nicht mehr gibt, in denen jeder in angemessenem Rahmen (und ohne jede Konsequenzen fürchten zu müssen) alles sagen kann, wonach ihm ist, ersetzen "müssen" (ohne das freilich je zu können). Deshalb ist vielen die völlige Freiheit in social media so wichtig, egal wie wichtig sie wirklich sein mag. 


Morgen Teil 3) Aber die Kirche will niemand zerstören. 
Das war auch noch nie der Fall!