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Montag, 28. Oktober 2019

Amerika ist eine Pseudo-Nation (1)

Wir bringen ihn immer wieder gerne, denn David Wemhoff ist nicht nur ein scharfer, er ist ein origineller Denker und Buchautor. Und originelles Denken kann nur dort entstehen, wo der Denker immer wieder zu den wirklichen Wurzeln der Wirklichkeit zurückkehrt, um von dort aus, neu belebt und inspiriert, sich wieder der Welt zuzuwenden.

Sein besonderes Forschungsgebiet ist bekanntlich die Ideologie des Amerikanismus, wir haben ihn schon häufig hier besprochen. Der noch von Papst Pius XI. offiziell als Ideologie erkannt, abgelehnt und als mit dem Katholischen unvereinbar verurteilt. Wer Amerikanist ist, kann nicht katholisch sein, weil er es nicht ist. Eine prophetische Sichtweise!

Weil er nicht nur die Lebensweise der im Rahmen der USA lebenden ethnischen Gruppierungen durch Entwurzelung und Verschiebung der Identität in einen Willensakt bewirkt hat, sondern auch auf dramatische Weide den Katholizismus entgründet hat. Und dies ist bewußtem social engineering zu verdanken, das vom CIA speziell nach 1945 gezielt auf Amerika angewandt wurde.

Wemhoff ist auf diese Tatsche gestoßen, als er die Geschichte von John Curtney Murray näher studierte. Er war ein amerikanischer Jesuit, der gezielt vom CIA (und weiteren Kräften, die im speziellen durch Medienmacht eingriffen) zu einer "Autorität" aufgebaut wurde, um die Strukturen der katholischen Universitäten und Lehrhierarchie in seine Hände zu bekommen. Und in der Folge zu verändern. Seither ist die Kirche privaten Macht- und Geschäftsinteressen untergeordnet, und hat Autorität und Stimme als Korrektiv der Gesellschaft eingebüßt. Das gelang nicht zuletzt über den größten Sieg von Murray, seinem Beitrag dazu, daß das Zweite Vatikanum die Erklärung über die Religionsfreiheit veröffentlichte. Damit war auch der Katholizismus relativiert.

Aber Wemhoff sieht das alles eben nicht als unglückliche Sammlung von Einzelereignissen. Sondern es wurzelt in einer Fehlkonstruktion der USA selbst, war also von Anfang an angelegt. Denn wenn auch viele meinen, die USA wäre auf Religion gegründet, so ist das exakte Gegenteil der Fall. Die Verfassung der USA schreibt die Entmachtung der Religion fest, das ist die Wahrheit, und stellt sie unter die Macht des Staates. Zwar blieb das lange unter der Oberfläche, zwar hat es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch harte Kämpfe um die moralische Macht und Stellung speziell der katholischen Kirche gegeben, die bis 1950, 1960 noch viel Einfluß hatte. Aber sie ist schließlich unterlegen. Und zwar weil sie eigentlich von Anfang an unterlegen war, denn die USA war so angelegt. 

Wenn man aber die Menschen ihrer ersten, ihrer einzigen wirklichen Wurzeln beraubt - der "ethnic neighbourhoods", der religiös-ethnisch-kulturell homogen getragenen (oft kleinen, auf Straßenzüge oder Stadtviertel sich erstreckenden) Lebensumwelt (was alles heute als Rassismus verleumdet wird) - dann beraubt man sie ihrer Identität. Das ist geschehen. Darauf wurde dann eine künstliche Identität, die des "Amerikaners" gesetzt. Amerika ist heute eine "Pseudo-Nation", sagt Wemhoff deshalb. Sie "tut nur so", als wäre sie eine Nation, und muß deshalb umso gewaltsamer reagieren, wenn diese Behauptung angegriffen wird.

Von wem? Von jenen, die mit dieser Behauptung (die auf einer Entwurzelung der Menschen basiert, sonst hätte sie sich nie so entwickeln können) konkrete Interessen verfolgen. Denn ein Mensch ohne reale Identität ist leicht zu manipulieren. Er hat nichts, das ihn über die öffentlichen Behauptungen hinaus noch an eine unveränderliche, meinetwegen ewige Wertelandschaft bindet.

Wer meint, daß das nach einem Rachefeldzug protestantischer Richtungen aussieht, hat nicht ganz Unrecht. Denn das ist die immanente Notwendigkeit des Protestantismus selbst, der per se eine Entwurzelung war (und ist), sonst wäre das Auseinanderreißen von Glaube und Kirche gar nicht möglich gewesen. Man mußte die Dinge selbst entwerten, und sie durch ein rein virtuelles (psychogenes) Ding ersetzen. Die neue, protestantische Kirche war eine Pseudo-Kirche, ein rein virtuelles Ding, das nur einen Aspekt des Katholischen herausgriff und verabsolutierte. Die Fürsten haben es ihr gedankt, denn damit war das Kirchengut problemlos zu konfiszieren, um die Finanzen zu sanieren. Die im 16. Jahrhundert bei allen Fürsten, deren Ehrgeiz ihre Möglichkeiten weit überstiegen hatte, außer Rand und Band waren. 

Wemhoff geht in diesem Gespräch speziell auf den Umstand ein, daß die Medien in die Hand privater Interessen gelangt und enorm mächtig geworden sind (was mit der Auflösung ethnisch-religiöser Identitäten alleine schon zu tun hat). Die ihren Einfluß als "Meinungs- und Redefreiheit" sakrosankt stellten. Die freilich das Problem hat, daß diese Redefreiheit nur Instrument, Hebel ist, um die gesollte Sichtweise durchzusetzen. Denn wo immer Meinungen und Rede auftraten und auftreten, die dieser Sichtweise widersprechen, wird genau diese Medienmacht dazu benutzt, um sie zu bekämpfen, ja sogar die Forderung zu erheben, genau diese Redefreiheit, die "eine Gefahr für ein höheres Gut" sei, zu beschränken. 

Die Medienmacht der privaten Interessen setzt eben genau darauf - auf höhere moralische Güter. Das ist ihre Totschlagkeule, mit der die Vernunft des Bürgers bekämpft wird. Er muß sich den Gedankenwegen und der Denkcharakteristik der Mächtigen unterwerfen, sonst wird er zum Störfaktor, den man im Namen eines gesellschaftlichen Konsenses eliminieren muß. Man muß deshalb diese Entwicklungen auch in Zusammenhang mit dem Selbsterleben der Amerikaner in und nach dem Zweiten Weltkrieg sehen, wo ihr "Amerikaner-Sein" von einer nachgerade göttlichen Sendung beflügelt wurde, der Welt das Gute zu bringen, und das Böse zu bekämpfen.

Auch dieses Sendungsbewußtsein, übrigens, hat fatale Analogie zum Selbstverständnis der Protestanten und ... der Juden. Und diese beiden Religionen haben nach 1945 auch gezielt zusammengearbeitet, denn beide verstanden sich in einer Situation der Bedrohung durch eine schon rein demographisch bedingt entstehende Überlegenheit der Katholiken. Während die Fertilitätsraten der Juden und der Protestanten schon sehr niedrig waren, galt es immer als Teil des Katholischen, keine Empfängnisverhütung zu betreiben. Deshalb war der Kampf gegen Humanae Vitae so massiv geführt, und so massiv von den Medien unterstützt worden.

Wir erleben Ähnliches gerade in jüngster Zeit auf Plattformen, die natürlich allesamt privat gegründet und unterhalten wurden. Die Sperrorgien auf Youtube und Twitter können kaum noch übersehen werden. Und sie wenden sich gegen jeden und alles, was der gesollten Ideologie (die in sich eine Kampfideologie gegen den Katholizismus ist, auch wenn das viele nicht glauben wollen weil nicht sehen, und es auch weite Kreise der Kirche nicht mehr wissen) widerspricht. Wer immer eine nicht genehme Meinung äußert, wird verbannt. Und das in einer Situation, in der diese Plattformen quasi öffentliches Gut geworden sind! Zumindest hat man das der Welt vorgetäuscht, um so das Vertrauen von Milliarden Menschen zu erschleichen. Jetzt zeigt sich, welcher Natur das aber wirklich war. Die social media sind mittlerweile zu einem Instrument geworden, mit dem Menschen regelrecht und ganz real in unerwünscht und erwünscht (weil konform) unterteilt werden.


Morgen Teil 2) Der heilige Stammtisch