Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 20. Oktober 2019

Die Menschen wollen mehr als Kinderspielplätze

Warum kollabieren Gesellschaften? Die Geschichte lehrt, sagt Jared Diamond, daß Gesellschaften dann zusammenbrechen, auseinanderfallen, und ihre umfassenden Ordnungseinheit auflösen, weil sie sich nicht um die Probleme kümmern, die sie wirklich haben. Am Beispiel Australien etwa zeigt sich, was eine der Hauptursachen dafür ist, daß eine Gesellschaft ihre noch vorhandene Energie auf falsche Ziele richtet. Die Australier halten an ihrer britischen Identität fest, werden aber damit den Herausforderungen in ihrem geographischen Raum nicht mehr ausreichend gewahr. Sie betreiben britische Politik, anstelle gewahr zu werden, daß sie sich im pazifischen Raum, in einer Randlage zu asiatischen Völkern, zu verorten haben. Damit schotten sie sich ab, während die große Musik draußen spielt, die die Welt umwälzt.

Man nehme zum historischen Vergleich etwa die Kulturen aus Yucatán (Mexiko), oder in Zimbabwe (Afrika). Man hat dort alle möglichen Probleme versucht zu lösen, aber die eigentlichen nicht gesehen. Etwa die der Bodenerosion, die die Versorgung mit Lebensmitteln zusammenbrechen ließ.

Wir wollen das nicht weiter ausführen, denn hier genügt uns der hinweisende Charakter dieser Feststellung.

***

An einer Haltestelle wurde der VdZ erst jüngst Zeugnis eines Telephonats, das eine junge, sehr attraktive Frau führte, während er auf die Straßenbahn wartete. Dabei ging sie sichtlich aufgeregt hin und her, sprach heftig in ihr Handtelephon, und in Fetzen bekam der VdZ einen Eindruck, worum es ging. Offenbar war ihre "Beziehung" auf einem Gleis angelangt, wo es nicht mehr weiterging. Die Vorstellungen der beiden Beteiligten schienen weit auseinander zu liegen. Sie wollte Beständigkeit, und das schien ihr Partner zwar vielleicht auch zu wollen, aber er wandte dafür ihrer Ansicht nach die falschen Mittel an. Der Eindruck entstand, daß diese "Beziehung" nicht funktionierte und am Ende war. "Er versteht nicht, daß es um Kontinuität geht!" Während er scheinbar das Wesen einer Beziehung mehr in augenblicklichen Erfüllungen aller Art suchte, soweit erschloß sich das Problem der beiden im Zuhören. 

Die Frau hatte offenbar zwar das richtige Gespür, aber ihr - und beiden - fehlte ein Rezept. Nicht nur das, beiden fehlte das Denkgerüst, das Ursache und Lösung ihrer Probleme bedeuten konnte. Denn das, was sie richtig als "Kontinuitätsproblem" ortete, hätte mit aller Wahrscheinlichkeit ein völlig anderes Verhalten verlangt. Doch das entspricht nicht dem heute gängigen Verhalten, wo ohne vorausgehenden Gründungsakt - Ehe, denn nur das Wort vermag Kontinuität zu stiften, weil Kontinuität gleichbedeutend ist mit dem Herausheben einer Sache aus der Zufälligkeit der Zeit; Kontinuität bedeutet nämlich, einem Ziel zu folgen, das zwar in der Zeit besteht und wirkt, aber nicht aus ihr kommt, braucht also Geistigkeit - "Beziehungen" in einem Geschwafel der Irrationalität untergeht. Und die Menschen hilflos dabei macht, wenn es um ihre Ziele geht. Die ihnen oft gar nicht so bewußt sind, auf die sie aber letztlich ausgerichtet sind. Das heutige Allgemeindenken und Meinen, die heutigen sozialen Bedingungen und Setzungen entsprechen nicht mehr dem, was der Mensch eigentlich will.

***

So wie jedes Jahr seit 1958 hat auch heuer die "Shell-Jugendstudie" die Wertelandschaft der jungen Menschen weltweit untersucht. Und so wie jedes Jahr ist das erste Ziel der jungen Menschen dasselbe: Ein stabiles soziales Umfeld (97%), und eine stabile Partnerschaft (94%). Diese Zahlen sind Jahr für Jahr in etwa gleich, seit vielen Jahrzehnten. 

Seit Jahrzehnten passiert aber weltweit das Gegenteil. Seit Jahrzehnten haben wir es mit politischen, ideologischen Landschaften zu tun, die sozialen Bindungen jede Stabilität rauben. Mittlerweile wird sogar die letzte Festung der Identität, das Geschlecht, aufgelöst. Wie soll sich ein stabiles, belastbares soziales Beziehungsnetz aufbauen, wenn der andere morgen wieder ein anderer sein könnte, weil er sich gedrängt fühlt, alle vier Monde das Geschlecht zu wechseln? Weil sich im unmittelbaren Umfeld mehr und mehr und ständig wechselnd Fremde niederlassen, aus anderen Kulturen, mit anderen Sprachen, Religionen und Lebensweisen, sodaß jeder Begriff von Heimat - der Ort, wo ich verstanden werde, ohne darum ständig ringen oder mich verstellen zu müssen - verschwimmt? So betreibt man social engineering, als das Auflösen von sozialen Netzen, nicht das Aufbauen "neuer", wie es so dumm (oder böse) heißt.

Wie will jemand eine stabile, stärkende, schützende und gar generationenübergreifende Familie aufbauen, wenn die Gesetze deren Fundament, den Ehen, jenen Halt rauben, den sie unbedingt braucht, um gelingen zu können (denn die Ehe ist nicht einfach ein subjektives Ding, sondern hat ihr zweites Bein in der Gesellschaft, die beide einander brauchen, und die beide nicht ohne das andere bestehen können). Ehe wiederum ist jenes integrale Beziehungsfeld, jener Ort, dem zwei Menschen beitreten, die zueinander in einer bestimmten Beziehungscharakteristik stehen, als Mann, als Frau, und das noch dazu in einer bestimmten Hierarchie. 

Auch hier aber - das kommt in der Shell-Studie nicht so klar zum Ausdruck, läßt sich heraus interpretieren - kollidiert die übrige Wertelandschaft mit den Zielen, die von der Bedeutung her viel wichtiger sind. Das Gedankenrüstzeug, die wirklichen Ziele zu erreichen, ist nicht mehr da. Damit wird die Energie in sinnlose Sub-Ziele investiert, und am Ende stellen sich alle die Frage, warum die wichtigsten Ziele nicht erreichbar sind.  

Die Jugend interessiert sich gar nicht für das, was man ihr vorgibt, daß sie denken soll. Während ihre eigentlichen Ziele in der Skala der offiziellen Politik kaum vorkommen. Denn die sind so "altmodisch", daß sich die Jugend das selber gar nicht einzugestehen wagt. Aber zugleich niemanden in den offiziellen Strukturen findet, der sie darin bestätigt. Darum fliehen sie in "neue" Strukturen ... Neuheidentum etwa.

***

An sich ist das aktuelle Video auf "Tichys Einblick" nicht so gehaltvoll, daß es eine Erwähnung wert wäre. Das ist es deshalb, weil das Fazit der beiden sympathischen (liberalen) Blödelottos dasselbe ist: Während sich Deutschland um Klima, Autoverbot, Kohleverbot, Toleranz und Staatsauflösung als humanes Ziel (und weiß der Deibel worum noch) kümmert, bricht überall auf der Welt das Chaos aus. Die Türkei marschiert in Syrien ein, die USA ziehen sich offenbar endgültig aus der Imperiumspolitik der letzten hundert Jahre zurück, und vor den Türen Europas braut sich eine nächste Stufe einer Problemlawine auf, der die europäischen Staaten völlig hilflos gegenüberstehen.

Denn die Milliarden, die man Erdogan in den Rachen geworfen hat, haben Europa nur noch erpreßbarer gemacht, aber kein Problem gelöst. Man muß auch hier sagen, daß sich Deutschland mit "Klimawandel" oder dem "Kampf gegen rechts" befaßt, die aber der Welt sowas von egal sind, weil dort noch Substantielles oberste Priorität hat. Wie immer. Wo Staaten ganz "altmodisch" Macht, Interessen und Einfluß suchen. Was hierzulande als verpönt gilt. Sodaß man meint es reiche, mit den Schmuddelkindern gar nicht zu spielen.

Die aber sind es, die die Welt bewegen. Wer soll so eine Gesellschaft noch ernst nehmen, die eine Party der Scheinhysterie feiert, damit sich "viel tut", während draußen der Sturm losbricht, der das Haus wegfegen wird?

***

In der sogenannten "Amazonas-Synode" der Kirche findet in Rom derzeit ein Theaterstück statt, das so absurd wirkt, daß man nur den Kopf schütteln kann. Und ein Spektakel der Sonderklasse liefert, das umso grotesker wirkt, als es dem Großteil der Menschen völlig gleichgültig ist. Sowohl der Papst, die Bischöfe die an der Synode teilnehmen und täglich wichtige Reden und Konferenzen halten, dabei lächerliche Vorschläge unterbreiten, die allesamt so Schnee von vorgestern sind, und dennoch ihre Vertreter meinen, "zeitgemäß" zu sein, als auch die (konservativen) Kritiker, die die Kirche retten wollen (wie Steve Skojac), und sich täglich neu an eben diesen völlig uninteressanten Vorschlägen entrüsten. Die doch seit fünfzig Jahren wieder und wieder am Tisch liegen, und mittlerweile niemanden mehr interessieren. 

Außer ... die Funktionäre. Außer die, die von den bestehenden Strukturen ihre Bäuche füllen. Auch die Kirche hat nicht gemerkt, daß ihre Diskussionen heute keine Sau mehr interessieren. Weil die wirklichen Probleme der Kirche nicht das sind, was vor fünfzig Jahren aktuell schien (wenn es nicht schon damals überholt war). Die Menschen heute suchen Halt, nicht weitere Auflösung, suchen den festen Gehalt der Katholischen Doktrin, nicht noch mehr Subjektivismus und Relativismus, der allen längst beim Halse raushängt, weil sich damit die Welt und das ganz konkrete Leben nicht bewältigen läßt. Wer soll sich für so eine Kirche noch interessieren? Wen kann da wundern, daß die Menschen in Massen zum Neuheidentum strömen, wie Irland beweist?

***

Es gibt am Theater einen Grundsatz. Es darf alles sein, nur nicht langweilig. Unsere Kultur demonstriert eindrucksvoll den am Anfang vorgestellten Satz. Sie zeigt, daß sie nicht mehr in der Lage ist, die Welt zu erfassen. Während sie sich mit Kinkerlitzchen beschäftigt, damit die Zeit vergeht, treiben die Kontinentalschollen das Ganze in so grundlegend neue Situationen, daß die allergrößten Teile der gegenwärtigen Führungsschichten wie welkes Laub abfallen werden. Die Musik spielt nämlich völlig woanders.

***

In einem recht guten Gespräch stellt der jüdische Podcaster Charles Moscowitz an David Wemhoff die Frage, wie es so weit habe kommen können. Wie es habe kommen können, daß die Kirche im Zweiten Vatikanum zwar offiziell ihre Lehre nie geändert hat, doch über diesen unsinnigen Spruch vom "Geist des Vatikanums" eine völlig andere Interpretation - die auf eine Änderung der Lehre hinausläuft - die Köpfe und Herzen der Menschen besetzt hat. Das sei, antwortet Wemhoff, keine Verschwörungstheorie, das habe ganz offen in den USA stattgefunden und wurde als Teil des Amerikanismus-Konzepts begriffen.

Der auch die Kirche erfaßt hat (der jetzige Papst ist das beste Beispiel - Amerikanist durch und durch). Mittlerweile verkünden auch kirchliche Universitäten nicht mehr die Lehre der Kirche, sondern "den Geist des Zweiten Vatikanums", eine irrationale Interpretation, der aber die eigentliche Lehrautorität zugeschoben wird.

Damit hat auch die falsche Behauptung, daß die Kirche für eine Trennung von Staat und Kirche eintrete, um sich greifen können, die aber nur eine vom CIA (offiziell) durchgesetzte und über die von ihm beherrschten Medien ("Time life"-Magazin) als autoritatives Statement von maßgeblichen Katholiken selbst verbreitet wurde. 

Von Katholiken, nickt Moscowitz. Ja, und sämtliche katholischen Bischöfe haben dem nicht widersprochen, vielmehr zugelassen, daß sich dieser liberalistische Unsinn - und mit ihm so viele weitere Häresien - breitgemacht hat. Denn es war halt so bequem. 

Es fehlen heute (und haben damals gefehlt) in der Kirche Bischöfe die bereit waren, für den Glauben zu leiden. Lieber genießen sie die fetten Gelder, die sie bekommen, wenn sie zu allem Ja und Amen sagen, und die vermeintlich öffentliche Meinung nachbeten. 

Das hat aber dazu geführt, daß sie heute niemand mehr ernst nimmt. Kein Mensch glaubt noch, daß die Kirche eine Wahrheit zu geben hätte, die ganz konkrete Relevanz, ja die wirkliche Relevanz für das individuelle, eigene Leben der Menschen hätte.