Teil 4)
Aber
die Medien verändern auch die innere Struktur der Probleme, ja sie
schaffen sie regelrecht, und prägen der Bewältigung des Lebens eine
technisch-organisatorische Struktur auf. Die immer auf Kosten der
persönlichen Freiheit geht. Gerade an ökologischen Fragen sieht man
deutlich, wie Probleme von der persönlichen Ebene weg hin zu
statistisch-organisatorischen Fragen verlagert wird. Das hat mit der
Natur der Medien zu tun, die die Botschaften verändern, und damit auch
die Art, wie Probleme gesehen und behandelt werden, weil unsere gesamte
Rezeption der Welt verändert wird. Auch in der Rangordnung sieht man
genau das: Ökologische Fragen werden höher bewertet als Fragen der
individuellen Freiheit, weil sie durch die Medien und der Art, wie sie
Botschaften transformieren, zu einem technisch-statistischen Problem
werden.
Die
Technisierung und Entwurzelung der Individuen (social engineering) hat
über das Zerreißen ethnisch-religiöser, geschlossener Räume in den
Innenstädten zur Entwicklung des Vororteproblems geführt, das bewirkt,
daß die Menschen immer weiter von der Natur und ihren Vorgängen als
Lebensraum entfernt werden, während sich ihre Weltrezeption schon rein
quantitativ auf Technik verlegt. Man kann nicht einmal mehr ohne Auto
irgendwohin kommen. Damit zerreißt der unmittelbare existentielle
Zusammenhang mit der Natur, die ständig wechselt und wechseln kann, aber
keine direkte Verbindlichkeit mehr hat. Diese kann nur noch konstruiert
werden.
Ja,
das gesamte Leben wird immer mehr zu einer Unterwerfung unter
technische, organisierte Prozeduren. Diese verändern uns, und sie
verändern die Natur der Lebensfragen, die wir damit zu lösen versuchen.
Wir müssen immer mehr die Art der Technik annehmen, integrieren, die Art
wie sie denkt. Was als "Verbesserung" beginnt, breitet sich damit
zwangsläufig über unser gesamtes Leben aus, das adaptiert werden muß,
und weil alles zusammenhängt, alles zu verändern beginnt. Das ist ein
Prozeß, der sich spiralenartig mehr und mehr beschleunigt.
Haben wir deshalb unsere gesamten Lebensräume (Städte) nach dem Auto
ausgerichtet, so bringt die Handy-Kultur eine noch totalere Anpassung an
die Technik mit sich. Wir werden durch das Handy (iPhone) zu einem Teil
eines Netzes, in das wir uns integrieren, und dem wir alles anpassen.
Unser gesamtes Wahrnehmen von Raum und Zeit verändert sich dramatisch,
weil wir wie mit einem Netz verdrahtet sind. Man sieht es etwa daran,
daß niemand mehr auskommt, ohne alle zwei Minuten sein Handy zu
konsultieren, ob das Netz Aufträge oder Stimuli für ihn hat. Das ist
eine Sucht! Mehr noch aber: Während wir selbst (durch Verlust des
Selbstbesitzes) ins Chaos versinken, wird das System mehr und mehr
notwendig, um uns wieder Ordnung zu geben. Unsere heutige Gesellschaft
ist deshalb von diesen beiden Extremen gekennzeichnet: Extremes Chaos -
und extreme Systemunterordnung. Jacques Ellul hat genau darauf
hingewiesen: Das eine füttert jeweils das andere. Wer sich nicht selbst ordnen kann, schreit nach Ordnung von außen.
Wo
immer Medien und Technik auftauchen, beginnen sie, das soziale Leben um
sich herum zu gruppieren. Wird eine Straße gebaut, ordnet sich das
gesamte soziale Leben darum herum. Als der Fernseher auftauchte hat sich
das Leben der Menschen gesamter sozialer Umgebungen, mit allen Bräuchen
und jahrhundertelangen Traditionen, über Nacht ausgelöscht. Wenn man
heute am Abend durch ein altes Dorf geht sieht man die Straßen, die
früher voller Menschen waren, menschenleer, aber überall hinter den
Fenstern das Flackern von Bildschirmen.
Auch
die Sprache hat sich völlig verändert. Früher hat jeder Ort, jeder
Landstrich quasi seine eigene Sprache gesprochen. Heute ist die Sprache
überall gleich weil angepaßt. Kein Wunder, daß sich niemand mehr
ausdrücken kann! Bei der Gelegenheit muß man auf den verheerenden
Effekt einer Standard-Sprache in Deutschland hinweisen, die von der
Zentralmacht eingeführt wurde, und nun alle Menschen gleich machte und
gleich (oder gar nicht mehr) denken ließ. Da konnte es gar nicht
ausbleiben, daß sich faschistische, nationalistische Strömungen in allen
Weltanschauungen bildeten.
Die
Gesamtkultur wurde eliminiert (und zur Ideologie), weil sämtliche
Partikularkulturen (durch die technischen Netze, durch verordnete
Einheitssprachen) verschwanden. Es mag manchem seltsam klingen, aber es
war der Nationalstaat, der den Boden für einen globalen Staat
vorbereitete, wie er sich heute anschickt zu bilden! Nur macht es die
Globalisierung mehr mit Verführung, nicht so deutlich mit Gewalt, wie es
im 19. und 20. Jahrhundert praktisch überall in Europa geschehen ist. Aber
auch diese neue Zentralsprache, die überall und als angebliches
Staatsmerkmal eingeführt wurde, ist ein Medium, das eine Art von
Wahrnehmung und Denken aufprägt.
Morgen Teil 5)
*250819*