Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 11. Oktober 2019

Kritik, die dasselbe tut wie das, was sie kritisiert (1)

Gerade rechte, anti-revolutionäre (d. h. anti-linke) Bewegungen bedienen sich in ihrer Vorgangsweise gerne traditioneller Bilder. Dabei übersehen sie, daß die Zielrichtung - Mobilisierung der Menschen - in sich ein Teil der Moderne ist. Das heißt, daß sie (wie die meisten revolutionären Bewegungen) im Endeffekt in einem Konzept der Moderne verfangen sind, und nur ein Perpetuieren der Moderne bewirken. Jener Moderne, die zu bekämpfen sie vorgeben.

Man kann es also als abgehandelt sehen, wenn hier zuletzt in der Form "gewettert" wurde, daß auch die sogenannte rechte Kritik wie ein trojanisches Pferd nichts anders tut als die Agenden der Linken, nämlich der Liberalen, zu betreiben. Denn was man tut ist nicht das, was man redet. Es hat eine ontologische Struktur, und um die geht es in jedem Sehen des Wirklichen. Von Nicht-Wirklichem zu reden ist aber doch pure Zeitverschwendung, Ablenkung vom Wesentlichen?

Große Teile der heutigen Kritik tun dasselbe wie jene, die sie kritisiert. Sie haben nur andere Etiketten auf ihrem Tun. Aber Information ist eben nicht ein oberflächliches Ding von Datentransfer. Information ist eine TransFORMATION von Daten, die sie erst zur Information macht. Und insofern auch völlig anders wirkt als ihr "rationaler Nettoinhalt" vorgibt. Alles kommunizieren hat also mehr als bloßen Datenaustausch zum Inhalt, sondern ist eine Wirkung der Informationsträger selbst. 

Die wirklich weitergegebene Information liegt an diesen, nicht an den "rational reduzierten, mathematischen Daten". Insofern ist sie immer das Beitreten von Informationsgeber wie -nehmer an ein- und demselben Ort. Oder die Verweigerung dieses Beitretens. Information ist also ein "Ding dazwischen", beiden gemeinsam. Oder sie ist nicht.

Wir sehen hier Jonathan Pageau in einem interessanten Gespräch mit dem französischen Medienkritiker Christian Roy. In dem letztlich die Gedanken von Jacques Ellul diskutiert werden, von dem an dieser Stelle vor (tatsächlich muß man das so sagen) vielen Jahren bereits eingehend die Rede war, der Leser kann es nachlesen. Ebenso wie die kanadische medienkritische Schule (so muß man das fast nennen) mit der Gallionsfigur Marshall McLuhan, von dem ebenfalls hier bereits viel die Rede war. Wie gesagt: Schon vor vielen Jahren. 

Wobei McLuhan im Grunde seine Ideen seinem Vorläufer, Harold Innis, zu verdanken hat. Der die grundlegenden Überlegungen der Medientheorie beziehungsweise deren Phänomenologie lange vor McLuhan bereits publiziert hatte. McLuhan war freilich mehr Popularität beschieden. Beide aber (wobei McLuhan konvertierte) sind dennoch als tiefe Denker eines damals noch katholischen (französischen) Kanada zu sehen. Nur aus diesem Fundament läßt sich ihre Arbeit überhaupt erst verstehen. McLuhan wird deshalb heute zwar oft zitiert, aber so gut wie nie verstanden, weil der moderne Mensch Herkunft wie Hintergrund prinzipiell nicht mehr versteht und blöd ist.

Von jemandem, der sich Gewinn von diesem Blog erhofft, muß aber ein für alle Mal und wieder verlangt werden, daß er die gegenwärtigen Ausführungen vor dem Hintergrund des umfassenden Gedankenweges sieht, der bereits zurückgelegt wurde und von dem dieses Blog nur Zeugnis ablegt. Stattdessen hat man es heute aber oft genug mit der Unverfrorenheit zu tun, in der stets neue Generationen an Fragestellungen herantreten, ohne die Vergangenheit zu besitzen, auf der diese Fragen und Antworten aufbauen und überhaupt erst Sinn ergeben. Gerade "kritische", systemkritische Internetmeldungen stehen somit oft auf einem Grund, den man nur als - real, sehr real - völlig geschichtsvergessen bezeichnen muß. Denn Ideologie liefert keine Geschichte, sie liefert nur ein vorinterpretiertes Bild.

Darum herrscht auch in "kritischen" (alternativen") Medien eine oft genug erschreckende Blindheit für Wirkliches in ihrem Tun. Sie tun, um es salopp zu formulieren, Falsches, um nun aber doch Richtiges zu erreichen. Und nur darin unterscheiden sie sich von dem, was sie kritisieren. So wie es G. B. Shaw einmal formulierte: Ja, ich sage dasselbe wie meine Kritiker. Aber nur ich habe Recht.


 Morgen Teil 2)





*250819*