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Freitag, 31. Januar 2020

Eine Welt im Etikettenrausch (2)

Teil 2)



*Die viel tiefer liegende Frage ist deshalb die nach dem Erkennen an sich, das ein Erkennen des Wesens eines Dings ist. Das macht eine biologistische Diskussion über Gender (oder Rasse) so problematisch. Denn es reicht nicht. Es braucht vielmehr einen Bezug zu einem Wesensbild in der ontologischen Ordnung, sodaß sich "Wesen" als "Beziehungsdynamik an einem Ort" erweist, die in der Sebsttranszendenz auf dieses Bild hin die Konkretion in einer historischen Zeit bewirkt. Dies wiederum wird erst begreifbar, wenn man die Dinge als schöpferische Emanationen in einer Analogie (Ähnlichkeit) erfaßt, die in sich (spurenhaft) bzw. als ihre Daseins- und Existenzgrundlage die Dynamik der Trinität tragen. Man kommt also um die Frage nach Gott und Schöpfung nicht herum, wie es die biologistische, "evidenzbasierte" Betrachtungsweise versucht.

**Hinter dieser Verwirrung, die den Westen mittlerweile voll erfaßt hat und damit die christlich-abendländische Kultur restlos vernichtet, steckt wiederum persönliche Schwäche, also Sünde. Die das eigene Nicht-Erfüllen bzw. die Verweigerung der Selbstüberschreitung in der Hingabe (als Sterben) - mangels Vertrauens; also auch hier: Grundlegung des Weltverhältnisses in der Familie - insofern zu verbergen versucht, indem es "ein X für ein U" erklärt. 

Das können wir nicht zuletzt in unserer Warenwelt beobachten, ja in allen Definitionen von Wohlstand, Erfolg (als Ausweis der Erfüllung der absoluten Existenzkriterien; auch hier also der unbedingte Gottesbezug), also als Entwicklung aus dem Kapitalismus heraus (der selbst eine gewaltsam implementierte Täuschung ist: Die über die Fertilität von Geld). Wo fast alle Dinge, die uns mittlerweile umgeben, nur noch dem Etikett nach sind, was sie sein sollten. Und wir unser gesamtes reales, konkretes Leben nur noch nach Etiketten und im Etikettentausch orientieren, nicht mehr an Werten (Gut) und Wertverhältnissen. 

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Aber die Freuung an den Dingen - also der Sinn der Welt und Welthaftigkeit - wird über das Wesen zugängig, sonst durch nichts. Selbst die Wahrnehmung über die Sinne ist lediglich eine untere Stufe der Teilhabe am Wesen des Begegnenden. Was wir zum Beispiel an den geistigen Begriffen für sinnliche Erfassung sehen. Nur vom Geist her, nur vom Wesen her ist also die Welt überhaupt "wertvoll". Bestreiten wir den Dingen diesen ihren eigentlichen Sinn, verankern wir die Begriffe nicht im Wissen Gottes, im logos, zerfällt uns die Welt, lösen wir uns "in der Welt" auf (verschwinden also sozusagen aus ihr), und buchstäblich nichts bleibt.

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Es bleibt aber interessant zu sehen, wie in der Welt im Etikettenrausch die psychische Mechanik der ontologischen Verhangenheit der Seele ähnelt. Und an der Tatsache angreift, daß der Mensch tatsächlich das ist, worauf hin er sich transzendiert. Der fundamentale Unterschied liegt aber woanders: Er liegt darin, WOHER diese Ideen, diese Bilder, diese Wesensbilder, auf die hin sich der Mensch transzendiert - wie er sich also definiert, selbst wenn seine faktische Verfaßtheit diesem Idealbild nicht ganz entspricht (GANZ kann sie nicht abweichen) - stammen. Aus der Übernatur des Geistes (Gottes), oder aus der rein innerweltlich reduktiven, bloß menschengemachten Gedankenwelt. So daß die Welt der Etiketten Ausdruck einer Selbstvergöttlichung des Menschen ist, der sich selbst (und damit der Welt) die Ideen gibt, nach denen sie "ist" (als: "immer neu wird").

Dies kann nur geschehen, indem die Wesensschau des Menschen (als Beheimatung und ständig neu zu vollziehende, nur in der Haltung, Tugend halbwegs "in der Welt stabile" Rückkehr in diese Heimat im Geist) von außen her tot-, in den Menschen "hinein-" geschrien wird. Deshalb der Zwang einer solchen Welt zu (schon quantitativ) immer mehr Etiketten - deshalb die social media (am besten mit Ohrhörern) als deren ideales Werkzeug.*** Eine ontologisch nur im Menschen verankerte Welt wird unausweichlich zu einer Welt der Gesetzes-Zwänge.

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Warum aber diese Zwänge, warum der Zwangscharakter? Weil der wirkliche Vorgang in den Menschen eine Auseinandersetzung mit dem Archetypischen des Vaters ist - der heute fehlt, auf den als Autorität nichts hinweist. Also braucht man eine andere Quelle der absoluten Autorität. Und die wird durch Omnipräsenz, Dichte, Frequenz ersetzt. Diese Quellen werden zwar so weit es geht dem Absoluten angenähert - deshalb die Bedeutung der "Mehrheit" bei Aussagen, also Mainstream - aber sie können diesen absoluten Bezug nie ersetzen, wie ihn das Kind nur über die frühkindliche elterliche Umgebung erfährt. WENN denn dort diese Mann-Frau-Beziehung diese trinitarische Matrix noch abbildet. Denn wenn nicht, bleibt die Suche nach einer der kindlichen Zugefallenheit ähnlichen Autorität bestimmend, bis sie gesättigt wird, endet meist aber in einem Guru-ähnlichen Verhältnis zu einer (neu gefundenen) Autorität.



***So erklärt sich auch die Notwendigkeit, die "Transformation von Gesellschaften" (höre der Leser dazu eine Aussage von Angela Merkel zur "Bildung und Digitalisierung" als "Chance für Afrika") mit totaler Digitalisierung (social media) zu koppeln. Anders kann diese Transformation, die eine "Umgründung" ist, gar nicht stattfinden, weil die Menschen von ihrer Wesensschau anders nicht "weg-zutäuschen" sind. 



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