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Dienstag, 7. Januar 2020

Gefahren der Psychologie (1)

Das Problem der heutigen Psychologie, so Fr. Ripperger in einem Vortrag vor der Una Voce-Vereinigung, ist ihr empirischer Ansatz. Sie versteht also nicht das eigentliche Objekt ihres Interesses. Denn anders als rein physisch-biologische Vorgänge läßt sich Geistiges nicht messen. Warum wissen wir, daß der Mensch geistig ist? Weil er sich zu sich selbst verhalten kann. Er kann über Vorgänge in seiner Leib-Seele-Einheit nachdenken, sie reflektieren, sie bewerten, sich zu ihnen verhalten. Das sind rein geistige Vorgänge, die außerdem die prinzipielle Freiheit des Menschen beweisen. Diese Freiheit unterscheidet ihn vom Tier (und allen anderen irdischen Lebewesen, auch von den Pflanzen somit), das nur (wenn auch manchmal hoch komplex, so daß es, etwa bei Haustieren, wie ein eigenständiges, reflexives Seelenleben aussieht) auf Reize reagiert.

Die heutige Psychologie als Naturwissenschaft geht aber von einer Sicht des Menschen aus, die diesen Unterschied zwischen Tier und Mensch nicht kennt. Entsprechend dem naturwissenschaftlichen Status und "Fortschritt" hat sich vor etwa hundertfünfzig Jahren ein Verständnis von geistiger Gesundheit breitgemacht, das diese Geistigkeit aus ihrem eigentlichen Bereich - der Philosophie, in ihrer vorbereitenden Nähe zur Theologie als dem Stehen vor dem Absoluten, das nur geistig beziehungsweise als Geist zu begreifen ist, und das eigentliche Problem des Menschen ist - losgelöst und zu einer naturwissenschaftlich-empirischen "Wissenschaft" entwickelt. Das heißt, daß die Methode (sowie die diese untergreifende Theorie) dem untersuchten Gegenstand gar nicht mehr entspricht. 

Das hatte zwar nicht die Folge, daß alles, was die heutige Psychologie sagt, in jedem Fall falsch ist, aber es ist wenn nur teilrichtig. Denn die heutige Psychologie versteht die Natur des Menschen nicht mehr. Die meisten sind deshalb auch simple Materialisten, selbst wenn sie (wie heute enorm verbreitet) mit allen möglichen "Geistheil-Methoden" vorgehen, die in ihrem letzten Grund aber immer (wie die gesamte Esoterik auch) materialistisch-mechanistisch sind. Diese Vorentscheidung wirkt sich bereits auf die Auswahl jener aus, die überhaupt noch Psychologie studieren. (Wie der VdZ aus eigener Erfahrung weiß, der einige Semester Psychologie studiert hat, ehe er sich gelangweilt und angewidert davon abwandte.) 

Entsprechend wird auch das Vokabular der Menschen selbst auf naturwissenschaftliche Begrifflichkeiten heruntergebrochen, in den allergünstigsten (!) Fällen als "Recht auf Subjektivismus" (aber ohne objektive Wahrheit) gelten gelassen. Der Mensch, selbst eine Einheit aus Leib-Seele-Geist, wird nicht mehr einer objektiven geistigen Welt gegenüber (beziehungsweise in ihr sich bewegend) gesehen. Das führt natürlich auch zu einer Relativierung von Gott. Auch den "läßt man gelten", aber nur als subjektiven Faktor. Und nur als solcher wird diese Frage auch "untersucht". 

Woher der Wind seit den Anfängen der Psychologie heutigen Zuschnitts kommt, zeigt sich in einem Studium der Biographie der maßgeblichen Figuren der Psychologie (vor allem in ihrer Ausprägung als Psychoanalyse) wie Sigmund Freud oder Carl Gustav Jung. Beide waren tief in die Problematik des Sechsten Gebots (Sexualität) involviert, und ihr Forschen drehte sich über weite Teile nur noch darum, diese Schuldproblematik (die einen ontologischen, also objektiv-geistigen Grund hat) aufzulösen. Und was eignet sich dafür besser als die Relativierung, die die Evolutionslehre (die den Menschen als Tier sieht, also keine absolute Moral und Ethik kennt) anbietet? Sünde wird dann nur zum subjektiven Gefühl der Nicht-Entsprechung einer gesellschaftlich verankerten und über positivistische Gebote implementierten Gebotswelt gegenüber.

E. Michael Jones hat das in einigen seiner Bücher sehr präzise aufgezeigt, "Libido Dominandi" und "Degenerate Modern" seien als Beispiel genannt. Die Gründerväter der modernen Psychologie hatten massive persönliche Probleme, die sie auf eine Weise aufarbeiten wollten, die ihnen die Auseinandersetzung mit deren objektivem Grund erspart. Die noch dazu Verhaltensänderungen verlangt hätte. Freud hatte eine inzestuöse Beziehung mit seiner Schwester, Jung war ein notorischer Ehebrecher und Bigamist. 

Dieses Patentrezept, man könnte es auf diesen einfachen Punkt bringen, das solches Fehlverhalten rein aus "psychologischen Matrizen aus der individuellen Geschichte", also auf Unfreiheit zurückführte, wurde bald zu einem beliebten Mittel der "Entschuldung" vor allem unter reichen, betuchten "Patienten". Die von überall her kamen, um sich um viel Geld ihre Schuld ausreden und ihre Fehlverhalten als gut und sogar für ihre Gesundheit notwendig einreden zu lassen. Gott wurde zur rein psychologischen Ersatzfunktion, noch dazu mit der nunmehr generell problematischen Vaterfigur identifiziert. Das wurde zu Mechanismen erklärt, die (siehe Freuds Theorie über die Entstehung von Kultur) aus der Evolutionsgeschichte des Menschen heraufgekommen ist, wo sie über Sublimation und die vatergestützte Gewalt gewisse Funktion hatte und hat. Die rein weltimmanente, für eine vaterbasierte Gesellschaft essentielle Moral als Verhaltensnorm war nichts als eine Objektivierung des Nützlichen (und nur Vatergewollten) in der Verschiebung in eine objektive Gestalt "Gott", die zur Drohgestalt aufgebaut worden war.

Seit beziehungsweise mit der Aufklärung aber "ist klar", daß dieser "Gott" nicht objektiv existiert, sondern lediglich eine Rationalisierung psycho-sozialer Vorgänge und Strukturen (in der Tradition, im Konservativismus eingefroren) ist. Der freie, vernunftbasierte Mensch braucht aber diese "Krücke" nicht mehr, er befreit sich von dieser psychologischen Schattengestalt "Gott". 

Das ist natürlich nicht wahr. Denn man kommt zur sicheren Erkenntnis eines Gottes gerade durch und über die Vernunft. Gott ist keine Projektion psychischer Probleme. Damit ist auch begreifbar, warum die moderne Psychologie das nicht und nie produziert hat, was sie für sich beansprucht: Geistige Gesundheit! Sie vermag nur lähmende Ersatzkonstrukte zu implementieren, die das Seelenleben in gewisse Bahnen und Lösungsschlaufen einfängt, ohne irgendein Problem objektiv zu lösen. Was so nebenbei einen positiven Effekt für die Psychologen hat, denn sie haben damit Dauerpatienten, Dauerkunden, Dauerzahler, denn diese Gerüste zerschellen immer wieder und wieder im Alltag an den Realitäten, und müssen wieder und wieder neu aufgerichtet und gestützt werden. Sie finden in der Natur des Indivduums keine wirkliche Entsprechung, diese innere Verfaßtheit, die wieder und wieder auftaucht und sich zu Wort meldet, wird selbst zum Widerspruch (an dem natürlich die sozialen Verhältnisse etc. etc. schuld sind) und sogar zum Feind des "Wohlgefühls" (mit dem geistige Gesundheit identifiziert wird.)


Morgen Teil 2) Eine Heilmethode ohne Heilung