Dieses Blog durchsuchen

Samstag, 11. Januar 2020

Warum es den einfachen Laien vielleicht etwas angeht (1)

Indem die kirchliche Hierarchie, sogar von der obersten Stelle des Papstamtes aus, die Organizität der Hierarchie außer Kraft setzt (weil ihren natürlichen Aufbau überspringt, und damit die gesamte Hierarchie eliminiert), profaniert sie einerseits ihre Stellungnahmen und Taten, und zieht sie anderseits Personen "nach oben", in ein ungewisses, amorphes Etwas einer undefinierten, aber mit der obersten Hierarchie gewissermaßen gleichgeschalteten Stelle.

Diese Frage wird bis heute schwer sträflich unterschätzt. Und der Grund dafür liegt nicht einfach darin, weil man sich mit Medienkritik á la Marshall McLuhan zu wenig auseinandergesetzt hat, sondern weil die Sichtweise der Welt protestantisch-manichäisch auseinandergerissen ist. Damit wird auch "Information" spiritualistisch reduktiv gedeutet, und die Kirche befindet sich auf Schienen des Rationalismus, die nur bedauerlich sind. Vielleicht hat der Anlaß dieses Beitrages, die "Symbolik der Pachamama", auch genau damit zu tun. Man nimmt die leibliche, körperliche Erscheinung nicht mehr in dem Maß ernst, wie es der Wirklichkeit entspricht.

Schon aus diesem Grund kann es sehr wohl eine Angelegenheit eines Wiener Laien gewesen sein, was die Amazonas-Synode in ihren Teilvollzügen realisierte. Hier hieß das für den Lebensrechts-Aktivisten Alexander Tschugguel, kurzentschlossen nach Rom zu fliegen, die die Amazonas-Synode doch recht kennzeichnenden Pachamama-Statuen aus der Kirche zu holen, wo sie aufgestellt waren, und sie in den Tiber zu werfen. Tschugguel hat das gefilmt, und der Film wurde dann ins Netz gestellt. Wo es (vom Ausführenden unerwartet, wie er sagt) binnen weniger Tage weltweit gut 30 bis 40 Millionen Mal abgerufen wurde.

Eine Geste, gewiß, die ihren Anknüpfungspunkt in der Äußerung des Wiener "Täters", Alexander Tschugguel, hat, daß die Anbetungszeremonie in den Gärten des Vatikan, noch mehr aber die Äußerung des Papstes, es handele sich bei der Statue um "die Pachamama", und das ist eine heidnische Fruchtbarkeitsgöttin, also eine Götze, kein "neutrales Symbol", den Deutungsrahmen gaben, aus dem heraus er sich angeregt fühlte, zu reagieren. Wäre das nicht so, würde man das nicht in gewisser wohlwollender Weise so sehen, bliebe nur eine Reaktion: Steht dem jungen Mann das überhaupt zu? Ist es katholisch, sich dafür und auf diese Weise zuständig zu sehen? Denn die Frage "Ist es richtig, WAS geschehen ist?" ist hier irrelevant. Die Frage ist nämmlich nicht, ob wir nach der Maxime, was ist abstrakt gesehen richtig, handeln, sondern ob wir an unserem Ort tun, was zu tun ist. Nur über diese Medienkritik also kann man das mit "ja, vielleicht, oder gar wahrscheinlich" beantworten. Nur über diese funktionalistische Denkschiene, wie sie auch dem Rationalisten und Protestanten eigen ist. Und die social media sind rationalistischer und nominalistischer Natur.
 
Wenn auch der VdZ eine Tatsache nicht ganz ausblenden kann, sie schließt an die oben angedeutete Wirklichkeit der social media und der gesamten Wirklichkeitsrezeption an: Tschugguel ist hoch aktiv, auch in irgendwie als "Renovations-Initiativen" bezeichenbaren "Instituten", und er zeigt damit eine Typik des Eifers, die dem Konvertiten sehr gerne eignet. 

Was mittlerweile mit Tschugguel getrieben wird, und dieser selbst treibt - in jugendlicher Unverfrorenheit, in typischem Konvertitenrausch, die jeden gestandenen Katholiken eigentlich düpiert und beleidigt, aber sein unerwachsenes Publikum leider findet -  ist freilich entsetztlich. Er gliedert sich in seiner Respektlosigkeit in ein Zeitphänomen: Tschugguel wird zur Greta Thunberg des Konservativismus in der Kirche, wo es offenbar keine Erwachsenen mehr gibt, und die mit glänzenden Augen darauf wartet, daß ein jugendlicher Erlöser kommt.

Tschugguel, in seinen Zwanzigern, war bis zu seinem 15. Lebensjahr als Protestant aufgewachsen, und hat dann einen rigorosen Weg des (sagen wir es so:) sehr traditionsbewußten Katholizismus gewählt. Darf man es sagen? Solche Konvertiten, ja Konvertiten allgemein, neigen dazu, ihre von früher eingeprägten Verhaltenscharakteristiken auf die nunmehr neuen Inhalte zu richten. Das ergibt sehr oft eine Gestalt, die dem Wesen der social media - in ihrer letztlich anarchischen Dichotomie - sehr entgegenkommt.

 Morgen Teil 2)



*051119*