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Montag, 8. November 2021

Internet und Business - Das Sterben am Geburtsfehler (1)

Die Paketlieferanten verkünden es, die Marketingseiten der Gazetten erzählen davon, und der Hausverstand verlängert das eigene Verhalten in Zeiten der Corona-Gefängnisse: Das Internet als technische Basis von Wirtschaft und Geschäften expandiert scheinbar ohne Ende, und man könnte den Eindruck bekommen, es wird nicht zum Stillstand kommen, bis es das gesamte Wirtschaften überschwemmt und aufgesogen hat.

Aber ist das so? Ich bezweifle es, und zuletzt sogar immer mehr. Denn es gibt ausgerechnet in einer Zeit, in der auch mein Kaufverhalten notwendigerweise aufs Internet ausgewichen ist. Das zeigt mir, daß es keine Bewegung gibt, die das Internet in einen menschlichen Prozeß - Kauf und Verkauf, Auftrag und Zahlung - einbinden würde. Vielmehr zeigt sich eine immer sturere, nacktere Reduktion des Geschäftsverkehrs im Internet auf einen technischen Vorgang, dessen Erledigungen, dessen Kompetenz zwangsläufig jedes Humane verdrängt, vertrocknen läßt und vermeidet. Bestenfalls wird das Technische kaschiert weil von zutiefst lächerlichen (und ohnehin gelogenen) "Personalisierungsmomenten" begleitet. Und sei es über Bewertungstabellen. 

Das Problem hat zum einen mit dem Wesen des Internet selbst zu tun. Das in seiner Simulationskraft dazu geführt hat, viele, ja allzu viele zu täuschen. Der Leser findet dazu umfassende Analysen, die schon vor zehn und mehr Jahren hier zu lesen standen und immer noch abrufbar sind. Sie erklären, warum das Medium Internet (mit seiner Eskalation in den social media) in Wirklichkeit zwei Ebenen hat. 

Von denen die eine meist (oder zumindest von den Nutzern sprich Kunden, Zielpersonen, Publikum etc.) unerkannt bleibt (während sie von Datenhaien oft sehr gut erkannt werden).

Während die andere eine nur über das bewußte Denken funktionierende Zweitwirklichkeit ist, die ein Geschehen vortäuscht (und als "Gedanken" aussintert) und unbedingten Glauben braucht, daß diese behauptete "Wirklichkeit" (die zugleich Ausdruck einer materialistischen, a-moralischen Weltanschauung ist, die sie zumindest implizit vertritt und verbreitet) auch die für den Menschen relevante Wirklichkeit sei, also DIE (wirkliche) Wirklichkeit.

Niemand traut den technischen Strukturen zu, daß sie die Wirklichkeit überhaupt abbilden können, das ist das wahrlich Seltsame am Internet-Business, vor allem dort, wo es sich als Versandhandel geriert. Niemand vertraut, daß die Informationen tatsächlich "stimmen". Es ist als fehlte dem gesamten Bereich, der somit zu einem Simulations-, zu einem Pseudobereich wird, eine Schockerfahrung, vor der sie aber alle bewahren wollen. Dem Schock des Einbruchs des wirklichen Wirklichen. 
Zu leicht ist alles manipulierbar, und im Umgang mit dem Internet selbst liegt diese Erfahrung grundgelegt: Man erfährt den Bildschirm als transient, als vorübergehend und vor allem extrem leicht manipulierbar und flüchtig. Worüber ich aber Macht habe, ist mir untertan. Und in dem Maß wahrhaftig, als man selbst mit sich wahrhaftig umgeht. In einem völlig instabilen, jederzeit änderbaren Netz ist eine Art der Behandlung, die es nicht ernst nimmt, also zwangsläufige Folge. Sprich: Das Internet als Ebene des Zwischenmenschlichen KANN der Mensch gar nicht ernst nehmen. 
Somit stehen wir vor dem Paradoxon, daß je mehr die Menschen mit dem Internet umgehen, je mehr Bereiche sie dorthin verlagern und je existentieller diese sind, desto stärker wächst das Mißtrauen in eben diese Vorgänge. Und damit zum Gegenüber, das ich nur "als" Bildschirmflackern wahrnehme, und zunehmend (mit der Perfektionierung der Abläufe) darauf reduziere. 
Das Internet schafft sich also in dem Maß ab, in dem es benutzt wird. Und wenn es als Einrichtung bleibt - weil bereits so viele Lebensbereiche darauf verlagert wurden, daß es fast kein ZURÜCK gibt - dann unter gleichzeitigem Aufbau einer Sicherungshaltung. Das Anwachsen der Art und des Umfangs von Versicherungen in diesem Bereich ist deshalb folgerichtig und unabwendbar. Die "Garantien" wachsen entsprechend überall. Was doch schon alleine jedem seltsam erscheinen muß, der sich bereits länger auf Internet-Vorgänge verläßt, also Geschäftsbeziehungen pflegt. 
Nicht zuletzt wird der funktionale Analphabetismus schlagend, der mit der Art und Weise der Bildungsprozesse eher anwächst anstatt weniger wird. Was bedeutet, daß sich 99 Prozent (und es sind in Wahrheit fast 100 Prozent) der Internet- und social media-Benützer in keiner Sprache ausreichend ausdrücken können. Also gar nicht in der Lage sind, etwa rechtlich einwandfreie Beziehungen zu unterhalten, wie sie das Wirtschaftsleben erfordern würde. 
Die aber und bemerkenswerterweise im persönlichen Umgang, der auf einer Moral steht, die ohnehin nie ausreichend in Worte zu fassen ist, aber auf dem Insgesamt der Begegnung von Gestalten völlig ausreichende Rechtssicherheit gibt (oder: gäbe), stillschweigend vorhanden sind, und den Geschäftsvorgang - bei Einheit der Kulturzugehörigkeit bei allen Beteiligten - in der größten Selbstverständlichkeit tragen. 
Wirtschaftsbeziehungen über das Internet sind somit ihrer Natur nach unberechenbar, und deshalb mit der Zunahme des Umfangs immer instabiler und unsicherer. 

Eine Zweitwirklichkeit, die ohne solche Bewußtheit, ohne solchen unbedingt dicht und lückenlos zu haltendem Netz aus Worten nicht nur nicht funktionieren würde, sondern schlagartig zerstieben, sich auflösen würde. Wie sehr zeigt sich, sobald dieser Behauptungszusammenhang mit der (diesmal wirklich) wirklichen Wirklichkeit zusammentrifft. 

Ach, geschätzter Leser, machen wir es einfach, wenn auch damit angreifbarer, und lassen wir die Abstraktion zugunsten einer Anschaulichkeit des Alltäglichen: Das Vertrauen im Internet wird in dem Maß ausgehöhlt, als es benutzt wird. Je mehr man sich seiner bedient, desto hohler, brüchiger und substanzloser wird die Mit- und Zwischenmenschlichkeit. Das hat weitreichende Konsequenzen, die wir an einigen Beispiel erkennen können, die es bereits seit zum Teil vielen Jahren gibt, und die an der Entwicklung mancher Branchen ablesbar ist. So sind die Bankenprobleme, die wir haben, und die zu einer im "public-private-partnership" erfolgten Monopolisierung und Zentralisierung des Geldwesens geführt haben. 

Morgen Teil 2) Die Zeit muß sein: Das Große ist im Kleinen, das Leben ist Philosophie, Philosophie aber Spiel des Geistes im Wind, der zwischen den Ruinen pfeift



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