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Freitag, 26. November 2021

Beharren auf dem Geheimnis unserer selbst

Daß das ein Grundsatzfehler ist, ist allgemein gar niemandem mehr bewußt. Aber dahinter steht nicht nur ein materialistisch-technizistisches Menschenbild, dahinter steht nicht nur eine Auflösung von Geist in "Sprechratio" (Verstand nennt man es meist, aber der Begriff ist m. E. nicht angebracht, schon gar nicht, wenn man es "Vernunft" nennt), viel eher ist es "eine Art Sprachgebrauch"), sondern vor allem ein gravierender Mangel an Nächstenliebe, die die Liebe zur Ganzheit einer Person ist, oder sie ist nicht.

Die davon ausgeht, daß jeder Mensch aus seinem direkten Gegenüber - Gott, das Sein, das personale Sein, das Sein das Person bzw. die Beziehungsdynamik von drei Personen mit unterschiedlicher Charakteristik ist - ein Geheimnis ist, und daß deshalb dieses Geheimnis auch eine Ansprache von Gott selbst (in Jesus Christus, den Gott-Menschen, der sich IM MENSCHSEIN als Ähnlichkeit widerspiegelt, was bis zur personalen Dynamik geht) an mich und an die Welt ist. Weshalb jeder dem Gegenüber mit Respekt und Wohlwollen begegnen sollte (wobei es eigentlich ein Müssen wäre, aber es verlangt unbedingt Freiheit), um ihn in Apperzeption aufzunehmen. ("Wer einen von diesen Kleinen in meinem Namen aufnimmt ...") Um ihn dann (nach-leidend, passum, im Erleiden) zu erkennen, das heißt sein Sein zu erfahren (und sich dazu dann zu stellen).

Deshalb reicht es bei weitem nicht, Menschenrechte zu fixieren, die sich aufs nackte Überleben beziehen, sondern es braucht den unbedingten Respekt vor der Ganzheit des Anderen als Begegnenden. Und als Kulturgut schon gar nicht. Denn hier braucht es diese Verankerung des "ertragenden Seinlassens" (soweit es nicht meine sachlichen Verantwortungsbereiche anbelangt, die aber eben einen Sachbezug, ein gemeinsam zu Tuendes brauchen) in dem ich dem anderen sein Geheimnis belasse. 

Ex factis, non ex dictis amici pensandi - Achte auf das, was jemand tut, nicht auf seine Worte. Danach suche dann Deine Freunde, aus Ihrer Gestalt! 
Wer trägt sich schon auf der Zunge? (Antonio della Caraffa, "Sentencas")
Selbst unter den Heiligen sind solche selten. Und manche zeigen es an - indem etwa ihre Zunge nach ihrem Tod und über Jahrhunderte unverwest geblieben ist. Nur in Gott aber ist Wort auch Sein. Nicht im Menschen. 
Und der muß sich nur vor einem - letztendlich - anhand der Grammatik, des Wortes in seinen Gestalten rechtfertigen, und das ist Gott.

Somit ist es ein Teil des Menschseins, das niemandem genommen werden kann, ihn auch in seinem Wollen zu belassen, OHNE daß er sich dafür rechtfertigen muß! Warum jemand also z. B. eine Impfung ablehnt, geht genauso niemanden etwas an wie dessen Impfstatus oder die Größe seines Schniedelwutzes (oder die Weite ihrer Mumbumba, wir wollen ja gendergerecht sein, nicht wahr?) ist.

Warum jemand für sich zu dem Entschluß gekommen ist, ist kein Ding, das er vor der Gesellschaft zu rechtfertigen hat. Diese hat damit zu leben, meinetwegen im Umgang mit ihm von diesem Status auszugehen. Natürlich hat der andere auch damit zu leben, diese Respektforderung ist wechselseitig. Aber niemand darf sich unter Druck fühlen, sein Verhalten rechtfertigen zu MÜSSEN bzw. zu SOLLEN, weil man ihn sonst nicht ernst nimmt. 

Die Impfung abzulehnen muß niemand mit "wissenschaftlichen Gutachten" zu rechtfertigen, und genauso wenig seine sonstigen Meinungen und Ansichten über die Welt. Das ist alles allein seine Sache.

Das Recht auf Schweigen als Grundlage, die Diskretion als Gesetz der Liebe - Deshalb ist in der gesamten derzeitigen Debatte ein tief menschenverachtender Zug explizit geworden, in dem eine Mehrheit, der man genauso gut unterstellen könnte, daß sie nur Mehrheit ist, weil sie mit der Autorität kuscheln will, und nicht weil sie "bessere Argumente" hat, wie behauptet, in der also diese aus Mehrheit zur Autorität angewachsene Menschengruppe sich anmaßt, den übrigen Teil ihrer Mitbürger "zu überzeugen". Zumal in einer Situation, in der man wirklich nicht behaupten könnte, daß jemand nicht zur benötigen Information kommt, so er sich dafür interessiert, also z. B. erwägt, ob er sich impfen lassen wolle, oder nicht. Niemand hat die Pflicht, sein Urteil dem anderen gegenüber rechtfertigen zu sollen. 

Aber es gibt da noch einen Punkt, der fast der wichtigere ist. Denn hinter diesem Erziehungs- und Aufklärungsmodus, dem man ständig begegnet, steht ein viel tiefer wirkender, also tief wirklicherer Gestus. Und das ist der Gestus der Auflösung der sozialen Beziehungen! Der andere steht mir dann nicht mehr als DER oder DER gegenüber, zu dem ich DIESE oder JENE Beziehung habe, die wiederum in einem Kult (einer Liturgie, einer Zeremonie) eigentlich feststeht. 

Gerade das römische Recht, das die Grundlage unseres eigenen Rechtssystems (und damit unseres Staates) ist, ist ein gutes Beispiel für diese anthropologische Konstante des Menschseins, die im römischen Recht sogar als Fundament von Recht überhaupt gesehen werden könnte: Und das ist der Gestus. Das ist die Art und Weise, wie ich dem anderen begegne. Der ist gewissermaßen alles. Die Welt ist, was sie darstellt, das steht (nur wenig überzogen formuliert) dahinter, und das ist ja letztlich auch die Charakteristik der römischen Welt überhaupt (gewesen), die man als "pragmatisch" bezeichnen könnte. Was nicht ist, ist nicht, sozusagen. Und was ist, zeigt sich. Also liegt Recht in dem, was sich zeigt. 

Niemand ist für etwas anzuklagen, was er nicht tut, was er sich nur (oder möglicherweise) denkt oder "wollen könnte". Und wir müssen uns mit aller Vehemenz dagegen zur Wehr setzen, daß passiert, was (über die Datensammlung und vor allem über die KI) bereits versucht wird (siehe China und seine "social compliance"-Liste), daß nämlich ein nur Interpretiertes oder Mögliches (an uns) wie ein bereits Aktuelles und Reales behandelt wird.

Und das ist die Institutionalisierung des menschlichen Zueinander. Das seine Seinsberechtigung nicht darin hat, daß es "argumentiert" ist, also technisch gewissermaßen "funktioniert" und "entspricht", sondern das IST WEIL ES IST.  Punkt. 

Also ist es bereits ein Zerstören dieses Grundsatzes der Menschlichkeit der fatale Kulturgestus, der ein Gestus des Todes, der Zerstörung von Gesellschaft ist. Mit dem die Auflösung der Grundlagen unseres Rechts einhergeht! Und eiderdautz: Erleben wir nicht genau das? Pausenlos? Daß "Moral", die mit "Begründung" daherkommt, daß eine aus irgendwelchen "Erkenntnissen" daherkommende Dringlichkeit jedes Recht, das in der Gestalt real und damit Recht ist, alles überrollt? 

Deshalb sei allen gesagt, die einer bestimmten Meinung sind, die immer (!) aus bestimmten Urteilen über die Welt stammt: SIE DÜRFEN SAGEN, DASZ SIE DAS SO SEHEN, WEIL SIE ES SO SEHEN. Und basta. Niemand hat sie zu fragen, warum. Und niemand hat ihnen einzureden, daß sie sich die Argumente des anderen anhören müßten, oder auch nur sollten. Das obliegt alleine ihrer Entscheidung, wenn sie erleben, daß ihr Urteil nicht ihrer sachlichen Lebenssituation entspricht, sie also "umdenken" sollten, weil "etwas nicht so paßt, wie es (in der Gestalt) sein sollte."

DANN kann man nachzudenken beginnen, und NICHTS SONST ist auch der BEGINN DES DENKENS. Die Philosophie ist immer eine Frucht des Zerfalls, also des Mangels. NIE eine Frucht des Bestehenden, des Ganzen, und des Vollkommenen schon gar nicht. (Siehe Anmerkung*)

Deshalb zeigen die anderen, daß sie ein Problem haben, weil sie meinen, sie müßten ihre Argumente (die in dem Augenblick ohnehin Lügen sind, also lediglich Instrumente, die einem ganz anderen Zweck erfüllen sollen: Den der Herrschaft, der Überlegenheit über den, der von diesem Apfel kostet) wie auf einem Tablett vor sich hertragen, und jeder habe davon zu kosten. 


*171121*