Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 5. August 2022

Der (morgige) Samstag Nachmittag-Film (1)

Den Film "Good Bye my Lady" (1956), Regie: William Wellman, auf dne mich jemand (Thanks, Anthony Esolen!) hingewiesen hat, habe ich nur in der unten angefügten Form im Netz gefunden. Und was ich von Schauspielerkollegen gehört habe, dürfte wirklich so sein: Man dreht immer schon in den USA Filme gerne im Originaldialekt jener Landschaft und jenes Gebietes, in dem er spielt. 

Und das ist hier nicht nur der tiefste Süden von Misissippi, sondern es ist auch eine soziale Schichte, die das Schönsprechen nicht gerade kultiviert hat. Aber ich darf Ihnen versichern - er ist die kleine Mühe wert. 

Auch wenn man das eine oder andere Wort nicht versteht weil es so extrem (in der Sprechweise, die der Figur gehört, natürlich, nicht aus Schlamperei) genuschelt ist (auch mir ist es so gegangen) - man bekommt noch genug mit, um die Schönhiet dieses Filmes zu erkennen und sich daran zu freuen. 

So nebenbei: Ich war überrascht, in einer (vielsagenden) Nebenrolle einen noch ganz jungen Sidney Poitier zu sehen! Dem ich mit "Lilies of the field - Lilien auf dem Felde" eines meiner schönsten Filmerlebnisse verdanke. Das war in der Zeit, in der man bei jemandem alle paar Tage oder Wochen mal zusammenkam, weil der einen Fernsehkasten hatte, und einen berühmten Film oder einen der legendären Talk Show-Master (etwa Peter Frankenfeld oder Hans-Joachim Kulenkampff) zu sehen. Wobei das Beisammensein wichtiger war als der Film. Poitier, der für die Rolle des Homer im Film einen Golden Globe sowie einen Oscar bekommen hatte, ist übrigens erst im Jänner 2022 verstorben (r.i.p.)

Auch an den Dialogen, auch an der Spielfreude, die in so vielen dieser alten Hollywood-Filme (wir erinnern uns: die noch dem PRODUCTION CODE; also dem Moralcodex unterlagen, den die Kirche Hollywood bei ansonstigem Produktboykottaufrug abgefunden hatte, und der unter anderem NO NUDITY  verlangt hatte) noch zu bewundern ist, und die der Schauspieler der Gegenwart voller Sehnsucht und einem gewissen Neid, weil einem der Beruf so verunmöglicht, weil man nur noch als Material und Illustration ausgebeutet wird, zur Kenntnis nimmt. Und sich längst zweifelnd fragt: Knnte ihc das noch? Könnte ich überhaupt noch so richtig spielen?

An diesem Film hat mich vor allem aber das Erleben von menschlicher Größe begeistert. Der Film ist davon wie bestens geräuchteter Schinken aromatisch und bewegend durchzogen. Selbst in diesen einfachsten, ja ärmlichsten Verhältnissen ist es Größe, die den Wert des Lebens definiert, alles andere ist ja gar nciht lebensewert. In machen Szenen scheint es sogar, als wäre diese kleine Welt dort in Mississippi ein Stück Paradies. So könnte gelebt weden, wenn ALLE sich mühten, zu lieben!

In den Szenen mit dem Hund (ich will aber nicht zu viel verraten) wird zudem die Einheit von Schönheit, Würde und Größe erfahrbar, in der ein Tier ganz auf seine Aufgabe fokussiert zu einer wahren Skulptur seiner selbst wird. Das kann eben nur das Leben, nein, mehr noch: Das kann nur das durch den Menschen gebündelte, konzentrierte und in die Form erhobene Leben der Kreatur, die so zu einem lebendigen Kunstwerk wird. 
Dabei ist ein Thema noch herauszuheben, und das ist etwas, das ich als Verteidigung der Bubenschaft bezeichnen möchte. Denn mir ist aufgefallen, daß ich seit Jahrzehnten das Bub-sein als Thema in der Öffentlichkeit vermisse. Das aber in meiner Kindheit noch so präsent war. 
Es hat diese Zeit des Jungen hin zum Mann-werden umfaßt, und sich in Literatur und Film damit befaßt, welcher Ethos für Buben es ist, der sie in die Welt trägt, der sie reifen läßt. Das aber ist in "Goog Bye my Lady" sogar das eigentliche Leitthema, je länger ich darüber nachdachte. Es ist ein innerer Prozeß, ein Prozeß des Entscheidens für geistige Werte, und weg von der simplen, kindlichen Begierdensstruktur des Träumens. 
Nun wird GEWOLLT, und dazu muß der Bub lernen, sich zu transzendieren - zu verzichten, zu entsagen, sein handeln nach einem geistigen Plan zu ordnen, ja sogar Leiden auf sich zu nehmen, um diese innere Struktur zu stärken, ohne die die Welt zu einem unerträglichen Platz würde. 
Eine menschliche, eine humane Welt ist deshalb nur als Welt der Selbstüberschreitung möglich. Erst in Sittlichkeit kann jeder gut leben. Und im Begriff der "Ehre", der eine Entscheidung zum besseren weil geistig strukturierten Ich ist, dem man die Oberhand gewinnen will, wird das begreifbar. Bub sein heißt zu lernen, ehrenhaft zu handeln. 
So wird man zum Mann. Denn die männliche Welt ist eben die Welt der Ehre. Erst diese gibt der Welt ihr Rückgrat, und führt aus der Niedrigkeit heraus, die eine der A-Moral ist, keine Frage des Grades an materiellem Reichtum. 
Insofern läßt sich mit feinen Sinnen sogar der ehrenhafte Umgang mit Geld aus dem Film ablesen. Der hier kein Sieg des Mammon ist, sondern schlicht die Frage aufwirft: Wozu dient Geld? Um es gierig zu horten? Oder nicht doch einfach als Mittel im Fluß der Dinge, die durch die Ehre aus dem Ewigen in die Gegenwart hinein geschöpft werden, sodaß die Ehre auch die Frage beanwortet, wieviel auszugeben, was also der buchstäbliche Preis von Dingen ist. 
Man begreift da mit einem mal sogar, wie diese kleinkrämerische Art der Rechnerei das große Humane verletzt, wie wir es aber schon so gewöhnt sind. (Wenn die speziell gemeinte Stelle im Film kommt, werden Sie das Gesagte erkennen.) 
So öffnet sich auch das Verständnis für diese schwierige Stelle der Bibel, in der es heißt "Macht Euch Freunde mit dem ungerechten - weil immer geschenkhaften - Mammon."
Aber das fordert keinen sauertöpfischen Moralismus, im Gegenteil. Herrlich der feine, unbeschwerte Humor im Spielerischen, wie er an so manchen kleinen, für die Handlung scheinbar unbedeutenden Szenen sichtbar wird. Die nur illustrieren, der Guckfreude wegen da, wie im Album gesammelte Miniaturen des Lebens sind, voller Heiterkeit und mit einer Spielfreude, die in modernen Filmen ganz ganz selten geworden ist. Achteen Sie nur auf so manhche Details an dne Figuren! Die Art zu gehen, dies oder das zu tun, zu lassen, die Bewegungen, die Austattung .... aber ich will wie gesagt nicht zu viel verrraten. 

Es isst einfach so viel, nach dem ein Schauspielerherz sehnt, das aber vergessen ist. Und wo heute das Publikum meist völlig aus dem Häuschen gerät, weil es etwas sieht, was es gar nicht mehr gewöhnt ist: SCHAUSPIEL! Ich denke an die lange Anfangssezen von "Inglorious Bastards", in denen Tarantino Christoph Waltz eine glatte Viertelstunde gibt, in der Waltz EINFACH SPIELEN kann - wo kriegt man heute noch iese Chance!? Für Waltz hat sich durch eine einzige Dreheinheit mit einem Schlag das gesamte Leben voller unbefriedigender Schauspielstttereien zum Positiven geändert. Heute darf er sogar Opern inszenieren.

Statt der heute üblichen, eine atemlose Handlung effizient illustrieren sollender Bilder, in denen ein Schauspieler fast nur versagen, aber keine Kunst mehr bieten kann. Österreich und Deutschland sind in diesen Hinsichten ganz besonders zur kunstlosen, banalen, ja bansusichen Wüste geworden, und die fest mit der Politik verbandelte Industrie sorgt dafür,d aßsich das auch die ncähsten fünfzig Jahre nciht merh ändern wird, jede Wette. Denn wir in Hollywood, sind es auch bei usn längst die altgewordenen 68er, die sich hier das Geld, und dort ihre eigenen Denkmäler des Ewigen Verbleibs zuschieben. Während das Publikum keine Ahnung mehr hat und auch aufgehört hat danach zu suchen, was Kusnt für den Mehsce sein könnte.

Aber hier gibt es diese Szenen und Bilder. In denen nichts "treibt", kein Redakteur die Sekunden zählt, die das Zeitfenster zwischen Werbe-Belastung und Nachrichten-Gehirnwäsche erlaubt, und nicht alle zwanzig Sekunden eine Blindblende hereinflappt, weil nun die Spanne erreicht ist, nach der der Zuseher den Sender wechselt, wenn nicht gleich wieder etwas passiert. 

Wäre so ein Film heute noch herstellbar? Gibt es die Schauspieler auch noch, die mit einer von innen kommenne Dichte spielen, die diese Persnlichkeit sind, die durch das Licht dann aufblitzen kann? Die ohne große dramatische Handlung auskommen, und dennoch nie Langeweile erzeugen? 

Ich habe es nicht gemessen, aber ich bin nachträglich sicher, daß auch die seit Billy Wilder so üblichen, auf die Sekunde getakteten 5-Akte-Einheiten hier NICHT eingehalten sind. Denn ich hatte im Film die überraschende Erfahrung gemacht, wie spannend es sein kann, wenn die dramturgischen Einheiten NICHT die Länge haben, die man kennt, oder länger sind, als man sie heute machen würde. Das Ganze ist aber dennoch so spannend, man sieht die üppigen Figuren so gerne, daß man nach eineinhalb Stunden verwundert die Ende-Einblendung sieht, so kurzweilig ist alles.

Atem, ja, Atem hat er, der Film, und war mir vor allem aufgefallen ist, als jemand der quasi berufsnotorisch Filme ansieht, daß wir längst eine Gewohnheit entwickelt haben, die plötzlich ins Leere greift - und das tut so gut. Wir sind schon so gewöhnt, daß die Regie uns mit Angst zu binden versucht. Mit der Angst, daß das kliene Glück, mit dem wir usn so gerne identifizieren, mit einem Schlag wieder zerstört ist. Angst vor dem Schmerz, der mir allmählich das Filmegucken zur Folger gemacht hat, weil es so wehtun kann, daß ich immer öfter Filme ausschalte, um dem zu entgehen. 

Morgen Teil 2 (mit dem Film) Der Film, das Kunstwerk, und seine Bedingungen 


Erstellung 28. Juli 2022 - Ein Beitrag zur