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Mittwoch, 7. September 2022

Wás Kultur von Anti-Kultur scheidet (1)

Was Kultur ist und was sie nicht ist, ja was sogar Anti-Kultur ist, entscheidet keine Marotte, und es ist auch nciht Angelegenheit irgendeines überholten Konservativismus, der - conservare - einfachnur möchte, daß alles so bleibt wie es ist oder war. Sondern es gibt klare Kriterien dafür, die nicht im Konkreten liegen - in der Verwendung dieses oder jenes Neuen oder Alten - sondern in der Haltung, die darin liegt, die darin verpackt ist und sich deshalb im Gebrauch auch als Weltgestalt zeigt.

Damit haben wir auch hier das Kriterium, das überhaupt den Sinn von Kultur (und jedes Menschsein ist auf irgendeine Weise ein Kulturhandeln, also ein handeln am Gemeinwesen, an der Gesellschaft, ob man ihr nun angehört, in ihr also eine Vertrauensstellung besitzt, oder nicht) bestimmt oder aussagt. Und das ist die Entwicklung jedes Menschen zu seinem höchsten Möglichen, was für den Menschen letztlich heißt: Zur Inkarnation des Geistigen. 
Kultur bedeutet also die Realisierung des Wesens aller Dinge der Welt, die eine Selbstüberschreitung des Faktischen hin hu einem Idealischen (aber nur im Wissen Gottes gekanten, in seiner Weltgeburt also immer "überraschenden") Idealbild, das aus dem Absoluten (allgemeinen Wesensbild) heraus seine reale Gestalt erst in der Interaktion mit dem historisch Zuhandenen annimmt bzw. das Fleischwerden des Seins im Seienden erkämpft. 
Weder ist Kultur also ein Simulationsvorgang, in dem "Ideales" möglichst perfekt hergestellt werden soll, noch ist alles, was faktisch ist, Kultur, selbst wenn es sich so nennt. Es ist ein Spannungsvorgang hin zum Guten, und das heißt: Zum Besseren, aber darin letztlich dem Sein überlassenen, dieses jedoch ermöglichend.
Denn zwar ist der Mensch nicht NUR Geist (oder Leib, Körper, Materie oder Fleisch, aber weil alles von seinem Höchsten herdefiniert ist (un das Höchste Mögliche für alles, was da ist, vom Ding selbst her angestrebt und sogar ersehnt wird, also die innere Strebugn aller Dinge ist), aber er geht sowohl vom Geist aus (dem Wort, dem Namen im Konkreten), als auch das Geistige die Form bestimmen und damit beherrschen möchte, in die die Materia über alle Störung, die Begegung mit Anderem bedeutet (was dann alles zu einem Erkenntnis- und darin wiederum Verdauungsprozeß macht), immer wieder neu gebracht werden soll. Und soll, weil - gewollt wird. Und gewollt - weil dem Wesen entsprechend immer, als gewissermaßen geschöpfimmanente Neigung, angestrebt wird. Immer. Und das heißt auch dort, wo es scheinbar nicht der Fall ist, weil Form abgebaut, "vereinfacht" (usw.) wird.

Wollen wir uns das an einem konkreten Beispiel ansehen, das uns seit je und heute wieder einmal mehr denn in den vergangenen Jahrhunderten bewegt und verändert. Und das ist die Berührung mit fremden Kulturen, im speziellen mit anderen Sprachen.

Wie sehr uns das tangiert läßt sich am Beispiel der Eingemeindung englischer Worte, Sprachwendungen und überhaupt der englischen Sprache ablesen. Denn besonders bei den Jungen fällt der zunehmende Gebrauch des Englischen auf. Der natürlich mit einer Verdrängung der Muttersprache - wörtlich, der Sprache der Mutter, des ersten Sprachlehrers, und des eizigen, der über unbewußte Identifikation die Sprach- und damit Geankenwelt "möbliert", einrichtet - einhergeht. Das heißt daß während eine Reihe von Anglizismen die Alltagssprache der Jugend zu bestimmen begonnen hat, die Kenntnis der Muttersprache radikal zurückgeht. Das ist durch die schulische Methode des "Schreibens nach Empfindung" noch deutlich verstärkt worden, und nahm seinen autoritativen Charakter ab dem Augenblick an, als vor dreißig Jahren eine von Schulbehörden und Minsiterien verhängte "Rechtschreibreform" los ging. Und los-ging sagt schon den zweiten immanenten Mangel des Vorgehens (das die Politik bestimmt hat) aus, weil dies nun in einen wahren Wirrwarr übergegangen ist, in dem erst verordnet, bestimmt, dann zuurückgenommen, dann erneut verändert und bestimmt, dann wieder nur halbherzig bestimmt oder gleich ad libidum gestellt, also aller Regelung entkleidet  wurde, bis wir an einem Zustand angelangt sind, in dem eigentlich niemand mehr sagen konnte, WIE nun WELCHE deutsche Sprache zu verstehen un das heißt zu schreiben wäre. 

Das hat zu einem fundamentalen Aufweichprozeß geführt, weil damit die Sprache ihren Charakter als dem Menschen vorausliegende Entität verloren hat, und zur bloßen Funktion abgestuft wurde. Womit man der Sprache ihr Sprache genommen hat.

Aber was ist der vielleicht entscheidende Hintergrund dieser Vorgänge, ob seitens der Schulen oder seitens des täglichen realen Gebrauchs? Es ist das Aufbrechen des geschlossenen Hintergrunds und der integren Identität der Menschen durch den Multikulturalismus und den Multilingualismus, der damit zum Alltag wurde. 

Was passiert aber, wenn man mit Menschen zusammenkommt, die eine andere Sprache sprechen, mit denen zu kommunizieren aber notwendig, gewollt oder verpflichtend ist? Man einigt aich auf eine Sprache, die einen kleinsten gemeinsamen Nenner abdeckt. Die Sprache wird simplifiziert. Unweigerlich. Der Versandleiter, der noch eine seriöse Handelsakademie abgeschlossen hat und dessen Maturaarbeit über Goethes "Werther" ging, spricht mit Yussuf vom Lager 15, Abteilung Gipskarton und Betonziegel auf eine sehr "simple" Weise. 

Er sagt nicht "Der langjährige und sehr geschätzte Kunde Ramprechter hat den besonderen Wunsch geäußert, seine Platten mit Gitterfolie zu verpacken, weil sie auf seinen Hof einige Zeit unter freiem Himmel stehen wird, und der Schwund durch Beschädigung und denaufweichenden Regen erfahrungsgemäß einfach zu hoch war. Ws könnten wir im Ablauf verändern, um ihm die Handhabung zu erleichtern?", sondern (der Leser möge ergänzen, ich simplifiziere einfach maßlos, um es zu illustrieren) "Du, mach Folie drum, gut packen, ja? Diese, diese, und diese Palett, o.k?" Und Yussuf lächelt dienstbeflissen, zeigt dann auf eine andere Palette "Da auch Folie?" Und der Versandleiter sagt: "Ah, gut, ja, vergessen, auch die Palett." Um dann auf die Uhr zu zeigen: "Hier, Zeit - halb zehn, ja? Hier ..." und er weist auf den Zeigerstand, bis zu dem die Paletten verpackt sein sollen, um dann geliefert zu werden.

Werter Leser, ich will hier niemanden verarschen oder verhohnepiepeln, wie der Norddeutsche so sagt. Sondern nur symbolisch sagen, was passiert, wenn Menschen unterschiedlicher Sprachräume aufeinandertreffen. Und ich sage offen: Solche bzw. ähnliche, sinngemäß gleiche Szenen kenne ich aus meiner Vergangenheit zur Genüge. 

Und ich erlebe Ähnliches auch in Ungarn, wo ich als Deutschsprachiger die Differenz zu einer fremden Sprache hautnah und täglich erfahre. Erfahre, daß kein Sprachkurs der Welt diese Kulturdifferenz ausgleichen kann. Er macht nur das reduktive Gemeinsame das Spektrum gemeinsamer Handlungen etws breiter. Etwas. Und in den mittlerweile 15 Jahren, die ich hier wohne, ist mit erhebliche kultureller Abbau auf beiden Seiten aufgefallen. Die Art des Umgangs der Kinder mit älterne Erwachsenen (wie mir) hat sich zum Beispiel erheblich geändert, ist salopper, nachlässiger geworden. Das früher so häufige "Csokolom!" etwa, eine fast universal einsetzbare Redewendung des Respekts (als wörtlich "Küßo die Hand!" eine Galanterie, die keineswegs nur auf Frauen angewandt wird), ist in diesen wenigen Jahren fast verschwunden.

Dafür sind auch hier jede Menge, in ihrer sozialen Bezüglichkeit deutlich reduzierte, sozial fast bedeutungslose Anglizismen üblich geworden. Wie fünfzig Kilometer weiter östlich eben, in Österreich, und das ist nur eine winige Kleinigkeit.

Das war freilich noch nie anders. Es zeigt sich besonders dort, wo Zuwanderer aus anderen Sprach- und Kulturräumen in einem gemeinsamen Raum leben: Alles, was bislang Kultur war, also zum institutioanlisierten Ritus wurde, über den niemand mehr nachdenken mußte, der aber eine immense Fülle von Details enthielt und verfleischlichte, um eines zum bestimmten Zweck diminuierten Kommunikationsvorgangs VEREINFACHT wird. 

Und das heißt: Aufgelöst und in einen neuen Ritus verpackt, den nunmehr beide Seiten zum sozialen Umgang miteinander benützen können. Dabei gehen beide Seiten den Handel ein, auf vieles zu verzichten, was sie bisher als Kultur gelebt und erfahren haben, und suchen neue, mehr oder weniger stark reduzierte und meist um Dimensionen abgespeckte Riten des Umgangs miteinaner, in seinen Inhalten aufs Notwendigste bestimmt von dem Ort, an dem sie aufeinandertreffen. Arbeit, Schwimmbad, Supermarkt, Taxi, Feiertagspraxis, Religion, und so weiter und so weiter.

Morgen Teil 2) Am Beispiel des Abbaus der Sprache