Am Beispiel des Abbaus der Sprache - Jede Sprache (und an ihr läßt sich im Grunde eine Kultur bereits vollständig auslesen) hat diese Entwicklungen hinter sich. Und man kann in ihrer Geschichte wunderbar nachvollziehen, welche fremden Einflüsse sich mit der Zeit miteinander gemischt haben. In allen Sprachen aber zeigt sich etwas Simultanes: Die neue, die veränderte Sprache, die sich gebildet hat, der Sprachwandel, hatte immer eine simplifizierende Richtung.
Das zeigt sich in dem ausnahmslos überall festzustellenden Verlust von "alten" Worten, die auf eine Sprache weisen, die "früher" weniger durch grammatikalische Stellungsfragen bestimmt war (Wortstellung, um den Ausdruck zu klären), sondern vielleicht sogar überhuapt nur aus Substantiven bestanden hat, die situativ (weil in einer gemeinsamen Kultur auch das Selbstverständnis der Lebensweisen allen gemeinsam ist, man also "nichts erklären" muß, was im übrigen "Heimat" am schönsten Definiert: Der Ort, an dem ich mich nicht erklären muß) verwendet die Kommunikation, also die Teilnahme an einem selben Sachverhalt DURCH DAS JEWEILS GLEICHE SEHEN der Sache, ausmacht.
Dafür, getragen von Guten Willen zum Gemeinsamen, Friktionsfreien, um die Lebensweise für beide wenigstens weitgehend aufrecht zu halten, weicht die Sprache auch gerne auf Worte aus, die für alle Teilnehmer an der Kommunikation am einfachsten zu gebrauchen sind. Und wählt die Form, die nicht weiter verkompliziert.
So hat das Englische, um ein Beispiel zu nennen, in den allermeistne seiner Worte die geschlecthsspezifischen Formen verloren - man sagte nicht mehr "Eber" und "Sau", sondern pig. Das im übrigen (wie an die 900 weitere Worte, Suffixe etc.) aus dem Skandinavischen (Vikinger) stammt. Das das Alt-Englische, das rund ums 10. Jhd. noch weitgehend gesprochen wurde,sieht man vom Antiel der römischen Worte ab, auch das bereits ein bedeutender Einschnitt des Abbaus von Komplexität und Wortreichtum, massivst beeinflußt hat.
Wir wollen das nicht weiter vertiefen, sonder auf den Punkt kommen, den es zu sagen gilt. Daß nämlich auch im heutigen Einströmen von Anglizismen das Wesentliche einer Veränderung zum Vorschein kommt, und sich ein Urteil fassen läßt, ob eine Entwicklung GUT ist, oder SCHLECHT. Denn das gibt es, ja das ist sogar ... die Regel. Denn das gibt es überall dort, wo eine Entwicklung hin zur Simplifizierung geht, und die ist tendentiell überall dort der Fall, wo Menschen einfach miteinander auskommen müssen, also nicht von einem gemeinsamen Kulturwillen bestimmt sind, der seine Ethos wiederum aus dem Religiösen bezieht, und nur von dort.
Weil Kultur als Höherführung des Menschen - hin zu seiner höchsten Sinnerfüllung, also letzltich: Dem Heil, dem Himmel - habenwir es mit KUltru überall dort zu tun, wo eine institutionalisierte Gestalt, also ein Ritus, eine Liturgie, immer mehr Inhalte, inhaltiche Bezüge und damit Spannungen in sich zu intergrieren und weil als Ritus verbindlich, allgemein und üblich zu etablieren vermag. So hangelt sich eine Kultur immer weiter nach oben, und das heißt: Sie wird inhaltsreicher, ihre Formen werden angereicherter, umfassender (was nicht zwangsläufig heißt: Komplizierter, aber gewiß differenzierter in der Anwendung)
Und damit führt sie den Menschen mit sanfter Hand (weil übe rden simplen Weg des Hineinwachsens in die Gewöhnung, das heißt also: Die Tugend als fleischlich gewordene, dauernde Haltung weil Neigung zum Guten, das das Bessere ist) zu seinen höchsten Möglichkeiten. In denen er sich in einem Werk herausstellt, das immer noch sachgerechter (also "tiefer") wird.
Bis alles letztlich in einer göttlichen Liturgie landet. (Denn diese ist dann die höchste, dem Menschen mögliche Erfüllung: Die Göttliche Liturgie, die Divina Commedia, wie Dante es nannte.) Dann ist der Idealzustand erreicht, denn das Paradies ist quasi eine Kultur des höchsten Kunst, die selbst wiederum die Konkretisierung des wirklich Wirklichen bedeutet, das im Fleisch real wird. Das Kunstwerk ist dann, was es darstellt, der Heiligste ist der größte Künstler, mit anderen Worten.
Kutlurabbau geht die andere Richtung. Wo immer eine IN EINER KULTUR auftretende Form den ABBAU von Inhalten bedeutet, wo immer sie den Abbau der Spannungen und Beziehungen in einem Werk bedeutet, wird auch Kultur verloren. Wo immer - und das ist das ameinfachsten Erkennbare an so vielen Gewohnheiten der Jugend - also die Bequemlichkeit, die Simplifizierung - ob gezwunenermaßen oder freiwillig ist hier gleichgültig - den Gebrauch von Riten unmöglich und unerwünsch macht, haben wir es in den Gebräcuehn sogar mit Anti-Kultur zu tun. Also mit einer aktiven Hinprägung zum Abbau von Kultur.
Der Lagerleiter vom obigen Beispiel ist also nicht mehr länger Kulturträger und -repräsentant, sondern er baut Kultur ab, weil es (in dem Fall) für bestimmte Abläufte nicht anders geht. Yussuf würde ihn nicht verstehen, und wenn er doch so irgendwie mitbekäme, was gesollt ist, so würde er nur einen reduzierten Inhalt aufnehmen, und in sein Handeln umsetzen. All die Differenziertheiten, all die möglichen weiteren Gedanken und Ausbaumöglichkeiten der Handlung "Abdecken" (Beigabe eines quasi kostenlosen Schneidemssers, eines Klebebandes, damit die Folie nach Entname einer Platte wieder geschlossen wird, was weiß der Deibel was noch ...) was alles in der eigentlichen Aussage des Lagerleiters enthalten wäre, würde nicht berücksichtigt werden können. Im Gegenteil, die Teilhandlung des Arbeiters muß sogar unter Umständen erneut kontrolliert werden, damit wenigstens diese Teilhandlung der Sache entspricht.
Ich sage das nicht - noch einmal! - um "Yussuf" für blöd zu erklären. Ich verwende das Beispiel, um zu illustrieren. Wo immer also Form abgebaut wird, wo immer ein Ritus das Handeln bestimmt, der weniger Inhalte und Bezüge enthält, als der eigentlich mögliche, haben wir es mit Kulturabbau zu tun.
Und wo immer die Jugend Anglizismen verwendet, weil sieeinfacher weil allgemeiner üblich wurden, als die komplexe, gedrechselte Sprache der Mutter (oder der Großmutter), dort ist ein geistig-seelischer Abbau im Schwange. Es ist deshalb dumm und verantwortungslos, der Jugend idese "Änderungen" einfach zuzusprechen, "weil sich die Zeiten eben ändern". Richti, das tun sie, aber sie sollen es im Interesse der Entfaltung des Menschen nur im Sinne einer Zunahme der Komplexität tun, und nicht weil das Komplexe, Universalere nicht mehr getragen werden kann, weil es die Menschen nicht mehr kennen, wollen, oder aus Bequemlichkeit vermeiden.
Deshalb kann man auch nicht einfach von "Jugendkultur" sprechen. ohne zu prüfen, ob ein gebräuchlicher Ritus dem Aufbau dient - oder eigentlch nur einen Abbau ästhetisiert und unrechtmäig legitimieren soll. Es istnciht dasselbe, ob ein Kind mit Bach und Klavorträgen in schönem Kleid und schicklicher Atmosphäre aufwächst, oder ob es Schlagzeug spielt, irgendein elektronisch geleierte, monoton-katatones Trancegeleiere hört, die neusten Apps bedienen kann, und die Hose als Ausdruck des herausfordernden Desinteresses an der Welt bis zur Kniekehle hängt.
Darin liegen nicht sentimentale, sondern darin liegen kulturelle Höhengrade, und diese wiederum sind für die Sinnerfüllugn des Lebens selbst von entscheidender Bedeutung. Und das wird gerade diese Jugend eines Tages durch eine immer weiter wachsende, aber kaum noch (mangels Sprache) zu identifizierende Sinnleere und sogar -verfehlung auch "spüren". Und wie.
Erstellung 06. September 2022 - Ein Beitrag zur