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Sonntag, 9. Oktober 2022

Der Traum vom geeinten Volksraum

Wenn auch ich mich zur in Österreich unmittelbar bevorstehenden Wahl des Bundespräsidenten zu Wort melde, so tue ich es in der Form eines frommen Wunsches. Denn was ich als Urbild eines Präsidenten sehe und das sich mit dem Bild vom "idealen König" weitgehend deckt, werde ich nie sehen, dessen bin ich mir gewiß. Das wird auch nie durch eine Volkswahl geschehen können, die in der Art stattfindet, wie sie sich wieder einmal entrollt. Und schon gar nicht in einem Land, das sich durch Parteien strukturiert, die miteinander um die Macht ringen und unter Organgesetzen stehen, die eine Aufsplitterung eines Volkes unvermeidlich machen WEIL SO SIND. 

Wenn man sagt, daß ein Volk "auf einem, alle einenden Fundament" stehen muß, so möchte ich diese Wahrheit aber erweitern oder spezifizieren. Hugo von Hofmannsthal sagte einmal in einer Rede in München, daß der Sprachraum eines Volkes sein geistiger Raum sei. Daß sich also in der Literatur abbilde, was das Volk von innen her trage und bewege. Noch mehr aber, muß sich im Sprachraum auch der Diskurs abspielen, wo ein Volk immer wieder zu seiner Einheit gelangen können muß - in einem Geist der Eiheit, in Worten die diese in sich bergen, 

Denn alles, was als Tagesgeschehen herantritt, stellt eine gewisse Beunruhigung dar. Die muß wieder und wieder in diesem Sprachraum durchgekämmt und auf Wesentiches zurückgeführt werden, das es erst ist, was ein Volk wirklich berühren soll. Denn auch das unterliegt dem Individuum - das was berührt zu beurteilen und gegebenenfalls zuzulassen oder in einem Hygienakt abzulehnen und auszuscheiden. 

Nun hat Hofmannsthal nocheine Zeit erlebt, ind er seine Heimat Österreich ein Reich mit siebenzehn offiziellen und dutzenden, wenn nicht hunderten lokalen Sprachen gewesen ist. Und dennoch hatte die Monarchie so etws wie EIN VOLK. Das mag vielen icht gefallen haben und noch heute gefallen, weshalb sie diese Tatsche gefließentlich in den Geschichtsbüchern verschweigen. Aber dieses Vielvölkerreich Österreich war tief geeint. Die Spaltung, die dann 1918 so tragisch schlagend wurde, ging auch nie von den Völkern selber aus. Sie ging von den Intellektuellen aus, die sich als deren Sprecher aufgeworfen hatten. Also den Sprachraum IHRES Volkes bereits so eingeschränt hatten, daß er an jenem Mangel liett, den ich auch heute so beklage.

Denn was sich in einem alle einenden Monarchen fand und findet ist nicht die universale Macht egal worüber, sondern es ist die Vereinigung, die Konzentration des Geistes seines (und hier ist es dann eines, nicht viele) Volkes. In ihm wird aus den vielen Völkern - eines. Und so ist es auch in einem Sprachreum. Der dann vital und funktionstüchtig ist, wenn sich in ihm alles abklären kann, was in der Sprache aller Einzelnen vorkommt und auftaucht. 

Wenn man von Autorität spricht, dan ist genau das gemient. In dieser einen Autorität, in der alle Tangenten zusammenlaufen, bildet sich ein geeintes Volk ab. Das hatte eimal ein Tscheche gemioent, der mich vor einigen Jahren im ZUg von Prag nach wien angesprochen hatte. Er erzählte, daß er in einer Ausstellung Tonaufnahmen des alten Kaisers gehört habe. Da habe dieser in bestem Teschechisch gesprochen, und gut gesprochen. Dann sah er mich an: Ich wollte manchmal, sagte er dann, wir hätten wieder so einen Kaiser. Man tut der Zeit meist Unrecht. Er war auch der König der Tschechen.

Ich kann von einer Wahl keinen König erwarten, das weiß ich. Und wo und wie ein solcher wieder etabliert werden könnte, kann ich mir beim besten Willen icht vorstellen. Das Volk Israel hat deshalb Gott angefleht. Er möge ihm einen König schenken. (Woraufhin Gott den Hirtenbuben David auswählte, und einen Propheten schickte, der ihn berief und salbte.) 

Aber was in meinen Augen das ist, was uns am allermeisten fehlt, dann ist es eine Figur - und da skann nur eine Person sein - die wirlich die Knotenstelle dieses unseres Sprachraumes bedeutet. Die alles in seine Hand faßt, es von höhererWarte aus wiegt, und in allem das einende Band findet, der über allen Disput hinaus doch alle zusammenhält. 

Der also auch dann Maß und Kriterium findet und hat, das die Sprache selbst - in allen Formen und Medien, in denen sie auftritt - formt und zu "einer" macht (selbst wenn es hier* deutsch, dort kroatisch, hier ungarisch etc. heißt). Um den sich ein Hof bildet, an dem alles, was dort geschieht, so vielfältig wie das Volk, und so maßgebend für alle Künste und Tätigkeiten ist. Ob in den Möbeln für die Einrichtung der Resienzen, in den Sängern an der Staatsoper, in den Schaupsielern und Rgeisseuren an den Hoftheatern, und in der Redlichkeit und Vorbildlichkeit der Hofmedien. Dessen Art zu gehen jedes Kind bewegt, es ihm gleichzutun, dessen Art zu leben für Mann und Frau Telos ist, nach dem sich alle ausstrecken.  

Und der an Gottesdiensten der höchsten religiösen Autoritäten teilnimmt, die die Vollkraft eines Kultes haben, der alleine das Sein ins Actu, ins reale Gestaltgeschehen heben kann, den katholischen Kult. Denn wenn es eine innere, religiöse Kraft gibt, die so eine Einheit formen weil alles zusammenfassen kann, in allem das Gut zu erkennen vermag, wo es dem Sinn der Schöpfung und damit dem Gemeinwohl eines Volkes entspricht oder zumnindest nicht entgegensteht,  

DAS ALLES hebt ein Land, das trägt ein Volk, das treibt seine besten Kräfte aus ihm heraus, auf daß sie sich bewähren können.  Freiwillig. Mit Freude und Lust. Mit Ansporn weil geistiger Strenge. 

Ich weiß, daß wir heute dazu in der Meinung vieler bereits zu viele Fremdeinflüsse haben, um hier eine Art "Sonderkabinettsstimmung" zu schaffen. Aber es reicht mir auch nicht, deshalb die Flinte ins Korn zu werfen und zu vergessen, daß wir diese Einflüsse auf Medien ertragen, die einen fundamentalen Nachteil gegenüber dem realen Geschehen habn: Sie sind auf flackernden, vorübergehenden, flüchtigen Bildschirmen. Sie haben icht das innere, hell leuchtene Siegel des Realen, das ein wirklicher Hof hat und hätte. Der wie das Senfkorn das kleinste unter den Samenkörnern ist, aber ienen mächtigen und großen Baum hervorbringt, wenn mn ihn mit Geduld und Liebe hegt und pflegt.

Wir werden eines Tages nicht gefragt, ob wir Erfolg hatten. Wir werden nur gefragt, ob wir alles getan haben, dessen wir in der Lage waren, weil es in unserer Mächtigkeit lag. Ich bin nicht naiv gneug um zu meinen, ein einziger, einender geistiger Raum wäre eine Angelegenheit eines viertägigen Parlamentsseminars oder einer fünfteiligen Artikelserie in einem Leitmedium. Aber ich bin der sicheren Überzeugung, daß es im Leben auf das ankommt, auf das man sich ausspannt. Der Rest liegt in Gottes Hand. Aber - erst dann.

Die Position des Bundespräsidenten hat in Österreich seit der Schaffung einer Verfassung, die aus den Trümmern des Habsburgerreichs noch so etwas wie eine naturgerechte, gottgefällige Staatsstruktur bilden sollte, eine dem König sehr gut nachgebildete Form, noch mehr als in Deutschland, wiewohl auch dort (nur anders aufgefaßt, weil die Voraussetzungen andere waren.) 

Wenn ich mir also etwas von einer gottgesandten Fee wünschen dürfte, dann wäre es eine Person, die in diesem Sinn das Amt führt. Und begreift, daß sie nicht der Oberschulmeister hier, der Grüßaugust dort ist. Daß ihre Aufgabe aber auch nicht in der Tagespolitik liegen kann, wie manche der Kandidaten zu glauben scheinen, was sich dann "aktiver Präsident" nennt. Er ist auch nicht der Wächter der Verfassung, dazu gibt es Institutionen, Verfassungsrichter und so weiter, also ein Rechtsgebilde. 

Ein Präsident muß vielmehr darauf achten, daß er wie ein König ein Volk zu einer alles übergreifende Einheit** führen und darin halten kann. Sodaß es keine Ausgrenzungen geben KANN, sondern in allen, wirklich allen Kräften, die im Lande umhergehen, das zu suchen und herauszugreifen ist, das dem letzthinnigen Ziel und Gemeinwohl dieses Staatsvolkes dienlich ist.  

Aber dazu bräuchte es eine Person, deren geistiges Format nicht durch fomale Dekrete vorgeschwindelt wird, sondern das diesen Geist als Gnade und Gabe Gottes begreift, um den es sich durch geistige, innere Sittlichkeit ausstrecken muß. Um in einer je erneuerten, zentralen Kultfeier im Namen des Volkes sich selbst als Opfer anzubieten, aus dessen Herz dann jener Geist fließt, der alles Volk umgreift. Oder was meint der Leser, warum ein Königsvolk wie das der Ungarn - das bis heute von der Krone zusammengehalten wird, ob das überall gesehen wird oder nicht - an seiner Wiege nicht nur die Bekehrung zum Christentum hatte, sondern in der Folge eine ganze Reihe von heiligen Königen aufweisen kann? Nur so konnte dieses Land geboren werden.

Wenn es auch sonst weniger Rolle spielt, betrachtet man alle möglichen Strukturen und Institutionen, die in diesem Land bestehen, ob der Innehaber des Amtes fromm ist oder nicht, weil es die Strukturen sein müssen, die tragen. In diesem Fall hat es die entscheidende Bedeutung. Wenn, dann kann eine Wende zum Guten für unser Volk, für unsere Land, nur durch einen König erreicht werden, der die Untrennbarkeit seines Amtes von der Gestalt der Heiligkeit begreift. 

Denn die ist es dann, die er repräsentieren muß, weil in ihr das Volk und seine geistige Einheit über das rein Irdische hinaus bestehen und dann, in der Übergabe an den Nachfolger, fortbestehen kann. Damit aus der Kraft des Amtes heraus alle Zweige des Baumes wieder ergrünen. Denn ihre Lebensenergie kann niemals von außen, sie muß vom Stamme, von den Wurzeln her kommen, die somit auch jedes herantretende Außen zum Eigensein in der Welt anregt.

Es erzählt deshalb viel (und viel Betrübliches), daß es eine solche Person unter all den vielen Kandidaten, die für dieses Amt heute im Rahmen einer Volkswahl kandidieren, nicht gibt. Sodaß ich wenig Hoffnung habe, daß die allmähliche und vielfach bereits weit fortgeschrittene Entfremdung von der eigenen Heimat (so sehr sich noch Gerüste halten, die das Gegenteil behaupten wollen) auch nach diesem Tag nicht noch weiter voranschreiten wird. 

Bis zu jenem Punkt, an dem dieser mein Traum endgültig unmöglich ist. Weil die schon so dünn gewordene, vor hudert Jahren immer noch das Volk einende, geistige Substanz, endgültig verspielt und der dann leere geistige Raum durch neue, fremde Kräfte gefüllt wird. Es gibt aber keine Rechtsgrundlage (und das ist die Religion, alles Recht stammt aus ihr), die diese Anlage zum Universalen, Umfassendenn so hat, wie der Katholiziismus. 

Man bleibt aber nicht in einem Land, das keine Perspektive der Einheit hat, weil ein Körper, der von vielen Geistern beherrscht wird, in zusammenhanglose, bestenfalls durch Gewalt und Sklavenverhältnisse zusammengehaltene Bestandteile zerfällt. Das wird dann erst wirklich das Leben der Menschen beschränken - und (in jeder Hinsicht) klein halten. Denn die Gedanken eines Volkes, sein geistiger Raum, ist nur so groß, wie sein Land ist. Wie klein wird aber der Geist von Menschen, die auf ihr Einzelsein zurückfallen?


*Ich finde deshalb auch die Kritik falsch und kleinbürgerlich, wenn von manchen "Rechten" kritisiert wird, daß der noch amtierende (und vermutl9ich im Amt wiedergewählte) Präsident Österreichs (über den ich sonst liebe rnichgts sagen will) an die türkischen oder türkischstämmigen Minderheiten im Ladd (wir sprchen hier von gut fünf Prozent der Bevölkerung) mit Plakaten herantritt, die in türkischer Sprache verfaßt sind. Über dieses Stadium sind wie weit hinaus. Und mit vielem müssen wir längst leben, das über uns vor Jahren und Jahrzehnten verhängt worden ist. Die Frage ist nur, heben wir diese Fäden auf und tragen wir sie ins Schloß für EIN Land, unser Land, oder lassen wir uns auf einen unrealistischen "Kampf der Kulturen" ein. Das bedeutet aber dan genau KEINEN Synkretismus, KEINE Auslöschung aller Unterschiede, sondern Differenierung in einer neuen Art von "Vielvölkerstaat".

**Wenn man die Augen nicht ganz schließt dann ist das Erschreckendste, für die Zukunft nichts Gutes mehr erwarten Lassende der Verlust jenes einenden Grundes, der auch in er Demokratie Voraussetzung für ein Gemeinwohl und Gemeinwesen ist. Sodaß man sich doch zumindest die Frage gestatten muß, was für Faktoren das bewirkt haben - daß das Treiben und Wirken der Mächte in diesen unseren Ländern diesen Grundkonsens nicht mehr zu beachten zu können glaubt. Sondern eine Spirale in Gang ist, in der jeweils gerade noch Macht erhaltende Kräfte den Gesamtkurs nach ihren, nicht den "allgemeinen Konsens" entsprechenden Kriterien zu ändern versucht, ja, sich dazu sogar berechtigt fühlt.
 
Gehe ich recht in der Annahme, daß es das vielgerühmte und wirklich Neue der Politik war, die wie ein Paukenschlag zu Anfang der 1970er Jahre einsetzte? Die nun aber schon von allen Kräften betrieben wird? Hat sich einmal jemand Gedanken darüber gemacht, warum die Menschen in unseren Ländern so dazu tendieren, "Veränderung" zu wollen? Vieleicht sieht deren Wunschbild so ganz anders aus, als die meisten meinen. Das bloß nominale Einhalten der Verfassungen reicht dazu bei weitem nicht, wie man daraus ersieht. Es brucht vielmehr (in dieserm Fall sogar) die Rückkehr zu einer Werte- und Sinnbasis, die dereinst nochalle einte, aber mehr und mehr verlassen worden ist. Es BRAUCHT also einen König ... auch wenn er Präsident genannt wird, und nur dessen Stuhl - aber in sienem Sinne - "warm hält" Den man 1919 nur nicht Käönig NENNEN konnte, deshalb PRÄSIDENT nannte.