"Bei der Betrachtung aber gilt es, nicht bloß Begriff und Urteile auf Grund der anschaulich vergegenwärtigten Offenbarungstatsachen zu bilden, sondern größere und letzte Zusammenhänge zu erfassen. Im begründete Wissen vollendet sich das menschliche Erkennen. Es setzt aber viel nachdenken und überlegen voraus, ehe man zu begründeten Einsichten gelangt. Nur begründete Wahrheiten leuchten ein. Nachdenken und überlegen stellen hohe Anforderungen an die seelische Tätigkeit des Denkvermögens. Der Vorgang des Nachdenkens kann aber erst dann als abgeschlossen gelten, wenn er zu klaren, bestimmten Einsichten führt.
Der erste Hauptteil der Betrachtung besteht aus zwei Vorgängen: aus der anschaulichen Vergegenwärtigung eines konkreten Betrachtungsstoffes und aus dem überlegenden Nachdenken über diesen so vergegenwärtigen Gegenstand. Ergebnis des Zusammenwirkens der Vorstellungs- und der Denktätigkeit müßte die allseitige Begründung der Wahrheit sein, die Gegenstand der Betrachtung ist. [...]
Wenn das Kenntnisnehmen in der angegebenen Weise sich vollzieht, führt es gleichsam mit innerer Notwendigkeit zum zweiten Hauptteil der Betrachtung, zur Stellungnahme. Die durch das Kenntnisnehmen gewonnene Einsicht hat etwas für den inneren Menschen zu bedeuten. Die Wahrheit nimmt Wertcharakter an. Sie spricht zum inneren Menschen, der sich in der Anmutung der Werthaftigkeit einer Einsicht bewußt wird. Eine Einsicht, die anmutet, wird verkostet, wird erlebt."
Dieses Verkosten ist eine Durchgangsstation zum Wollen, in welcher Spitze sich das religiöse, sittliche Sein des Menschen verwirklicht. Im Betrachten wird der Mensch also in Beziehung zur abstrakten Wahrheit gesetzt, und löst eine Stellungnahme - und damit eine Wirklichung - aus.
Dieses Verkosten ist eine Durchgangsstation zum Wollen, in welcher Spitze sich das religiöse, sittliche Sein des Menschen verwirklicht. Im Betrachten wird der Mensch also in Beziehung zur abstrakten Wahrheit gesetzt, und löst eine Stellungnahme - und damit eine Wirklichung - aus.
Alois Mager beschreibt in 'Mystik als seelische Wirklichkeit" das
Prinzip der Ignatianischen Exerzitien. Wichtig sei, so schreibt er weiter, daß die Anmutungen klar von irgendwelchen religiösen Gefühlen unterschieden werden, die wegen ihrer Willkürlichkeit, Verschwommenheit, genießerischen Oberflächlichkeit und sehnsüchtigen Anwandlungen mit Recht als Sentimentalität, Schwärmerei, Gefühlsduselei bezeichnet werden. Die Anmutungen der echten Betrachtung seien von Einsichten unterbaut und getragen. Sie geben dem Gefühlsmäßigen bestimmten Inhalt und feste Form.
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Natürlich muß das Nachdenken eigene Leistung werden, darf nicht zum bloßen "Lesen" oder "Kenntnisnehmen" absinken. Bei eingeübter, anfänglich gewiß mühsamer, mündlicher Betrachtung bzw. Gebetsweise passiert es aber dann meist, daß bereits bei kurzen Gedanken die entsprechende Anmutung aufsteigt. Bei ihr ist bereits von innerem Gebet zu sprechen, sie ruht auf einer zur Haltung gewordenen inneren Bereitschaft.
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