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Montag, 18. April 2011

Vielleicht kommt alles ganz anders

News.de bringt ein Interview mit dem Herausgeber der deutschen Zeitung "Die Welt", Thomas Schmid, und was der so zu sagen hat, ist doch überraschend. Schmid meint nämlich, daß die Leute keineswegs nur kurze Nachrichten wollen, und die Meinungsseiten, die man nach dem Relaunch der "Welt" ganz nach vor geholt hat, weil es ja so wichtig sei, die Leute "zu beteiligen" - die werden wohl bald wieder ganz nach hinten wandern, wo sie waren. Die Leser wollen das nicht, und beschweren sich - was interessiert sie die Meinung anderer Leser? Sie wollen lieber vorne kompetente und umfangreiche Information. Dafür zahlen sie ja.

Keine Spur auch, meint Schmid, daß das Internet die Print-Ausgabe ablöse. Beide liefern auf ihre Art Information, und ergänzen sich eher - das Internet-Angebot der "Welt" weise z. B. zunehmend etwas wie "Bibliotheks-Funktion" für die Print-Ausgabe auf: das Internet habe viel mehr Platz (und andere mediale Möglichkeiten), um die Information auf Papier zu vervollständigen. Außerdem sei das Internet viel schneller und aktueller - reine Tageszeitungen würden da unweigerlich im Nachteil sein. Deshalb würde sich jede Zeitung zu einer Art Wochenzeitung entwickeln (müssen), denn wer gebe schon 1,80 Euro aus, um Meldungen zu lesen, die er längst aus anderen Medien kenne.

Etwas Gedrucktes in der Hand zu halten habe aber etwas "Endgültiges", etwas Definitives, Seriöses, und werde schon deshalb nach wie vor, ja zunehmend wieder geschätzt. Schmid meint sogar, daß es zu einer regelrechten Renaissance der gedruckten Zeitung kommen könnte. Denn er sei nicht sicher ob es stimme, daß die Menschen weniger Zeit zum Lesen hätten. Es gehe eher um Wertprioritäten. Denn man habe erfahren, daß erstaunlich viele Leser selbst sehr lange Artikel von Anfang bis zum Ende durchlesen.

Das würde sich mit der Einschätzung des Autors dieser Zeilen decken, der immer wieder darauf hinwies, daß das Verhalten der Menschen den Medien gegenüber auch mit der Autorität und würde zu tun habe, die man dem jeweiligen Medium beimesse. Und da ist das Internet - gerade aufgrund seiner "Vorteile", der leichten Verfügbarkeit etc. - sehr sehr weit unten gereiht. Das sogenannte Web 2.0, wo der Medienkonsument sogar selbst mitgestalten und -bestimmen könne, ist in dieser Hinsicht sogar das schlechteste, was dem Netz passieren kann: denn nun ist es überhaupt nichts mehr wert. Das wird bei Facebook und Konsorten noch zu erstaunlichen Entwicklungen führen - denn man wird es verachten. Dazu kommt, daß das Umbrechen von Dargestelltem auf "Information" (auf bestimmte Art) für manche "Information", für sogar die meiste Kommunikation, gar nicht geeignet ist. Weil auch das Medium Teil der Botschaft ist. Was aber etwas ist, hat Form, hat Autorität, hat Differenziertheit, hat "Preis". Die Formlosigkeit des Internet ist ein direkter Hinweis auf seine extrem niedrige Werthaltigkeit im Rahmen menschlicher Kultur. Je leichter verfügbar es noch dazu wird, desto weniger wird es geschätzt. Die Tatsache, daß das IPad "Porno-Pad" heißt (bei Insidern, denn schon über 60 % der Tätigkeit damit ist Pornokonsum) sagt alles. Wer aber möchte (auf Dauer) etwas haben, das keinen Wert hat? Wer schätzt auf Dauer etwas, daß ihm nur in den dunkelen Kellern seiner Schwäche und Verzweiflung "Dienste" leistet?


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