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Samstag, 23. April 2011

Von der Vorläufigkeit

Menschengerechtheit ist sehr wohl ein maßgebliches Kriterium der Haltung dem Leben gegenüber - zu sagen, daß die heutige Zeit eben nur viele "Herausforderungen" bedeute, die es zu bewältigen gelte, reduziert diese Frage auf eine Frage technischer Ablaufbewältigung, während aber die Grundsatzfragen ungeklärt bleiben müssen.

Weil diese nur vom Einzelnen zu beantworten bleiben, und dazu braucht es Muße, Rückzug, Nachdenken, um Stellungnahme und Urteil entwickeln zu können. Heutiges Leben bedeute oft nicht mehr als Bereitschaft, sich überrumpeln zu lassen. Das positiv darzustellen ist blanker Zynismus jener, die stumpf (oder kalt) genug sind, nicht mehr auf die Welt antworten zu wollen.

Die leeren Gesichter der Menschen auf den Straßen sind Notwehr. Würden sie mit offenen Sinnen durch die Welt gehen, würden sie entweder durchdrehen, oder sich völlig zurückziehen, um die Eindrucksfülle zu bewältigen. So aber schieben wie, wie Schneepflüge, die unbewältigten, ungeordneten, auf ihre Eigentlichkeiten zurückgeführten, begriffenen Erfahrungen auf einen immer größeren Haufen, den aufzuarbeiten sie aufschieben (man siehe die Bedeutung der Pension!) müssen. Stattdessen wird das Unbehagen immer größer, weil sie täglich neue Verknüpfungen bewerkstelligen müssen, deren Sinn und Ziel immer spezifischer wird, während der große, eigene Lebenssinn, auf den hin alles zu ordnen wäre, immer weiter im Dunkel verschwindet. Damit wird selbstverständlich alles Alltägliche immer vorläufiger.

Das Tempo und die Fülle der Gegenwart ist nicht menschengerecht. Sie ist eine bloße Forderung der Technik, die unser Leben niederzwingt, und der wir uns aus Angst ausgeliefert haben - weil wir uns des großen Ganzen nicht mehr gewiß sind.

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