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Dienstag, 12. April 2011

Von der Gewißheit

Im 6. Buch seiner "Bekenntnisse" macht sich Augustinus über sich selbst wehmütig klar, daß er in seinem blinden Eifer gegen die Kirche argumentierte, vor allem in seiner Zeit bei den Manichäern, denen er übrigens schlimme Heuchelei vorwirft, ohne zu verstehen, was die Kirche überhaupt sagte. Was immer er ihr vorgeworfen hatte, war gar nicht das, was sie lehrte und meinte. "So habe ich viele Jahre lang nicht gegen den katholischen Glauben, sondern nur gegen die Einbildungen fleischlicher Gedanken angebellt." (Denn wäre es so, daß man der Kirche vorwerfen müßte, was ihr - auch heute - vorgeworfen wird, so müßte man den Kritikern ja allzu oft einfach zustimmen. Meist - auch heute - wissen aber die Kritiker der Kirche gar nicht, was sie sagt, haben es nicht verstanden.)

Wieviel habe er, Augustinus, an der Kirche gescholten, wie vielem widersprochen, das er für geglaubt hielt - und es gar nicht war. Weil er die Wahrheit des Katholischen nicht verstanden hatte. In Wirklichkeit hatte er damit ja den Heiligen vorgeworfen, daß sie die Schrift nicht verstanden hätten.

Erst in der Auseinandersetzung mit dem predigenden Ambrosius wurde ihm klar, daß sie das gar nicht lehrte, dessentwegen er all diese Attacken geführt hatte. Und da wurde ihm auch klar, daß die Glaubwürdigkeit einer Lehre von ihren Vertretern verbürgt wird. Denn das Geglaubte ist zuerst, das für gewiß Gehaltene. Wenn er davon ausging, daß das was er für wahr halten wolle von ihm selbst gedacht und auf reiner Verstandesebene bewiesen sein mußte, so begriff er, daß sein ganzes Leben in den größten Gewißheiten nur zu glauben war. Selbst, wer seine Eltern waren, und das war ihm die wohl größte Gewißheit, war nur zu glauben, weil es ihm glaubwürdig vermittelt worden war. Es mußt also einen anderen Zugang zu den Gewißheiten geben, als den bloßen Verstand.

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