Eine Gesellschaft stagniert, schreibt Eric Hoffer in "Der Intellektuelle und die Masse", wenn die Intelligenzia im Dienst der Herrschenden steht, integriert und versorgt ist. Es widerspricht ihrem Wesen, zufrieden zu sein: der Intellektuelle muß ein unzufriedener Mensch sein. Gesellschaften, die auf breitem Boden Intellektueller stehen, mögen große Anfangserfolge haben, fallen aber bald in Stillstand. Es ist auffallend, daß dort, wo es den Intellektuellen gelingt, die Macht in Händen zu haben, es nie gelingt, ein schöpferisches Klima zu schaffen.
Kreativität und Schaffensimpuls braucht die existentielle Spannung, braucht den potenten Reizzustand, der den schöpferischen Fluß auslöst. Ein betriebsames, zweckgebundenes, erfülltes Leben entzieht den schöpferischen Kanälen alle Energien.
So sehr es verständlich sein mag, daß der Intellektuelle nach Anerkennung und Platz in der Gesellschaft sucht. "Dem schöpferischen Menschen," schreibt Hoffer sogar, "fehlt in der Regel die zur Ergreifung, Ausübung und vor allem zur Aufrechterhaltung der Macht erforderlichen Charakteranlage. Wenn Intellektuelle an die Macht gelangen, ist es deshalb meist der Pseudo-Intellektuelle, der den Ton angibt, und er hat dann auch die besseren Chancen, jeder Phase des kulturellen Geschehens den Stempel seiner Mediokrität und Ideenarmut aufzuprägen. Darüber hinaus braut sich in ihm wegen seiner schöpferischen Unfähigkeit ein mörderischer Haß auf jede Form von geistiger Brillanz zusammen, und er mag - wie etwa Stalin - versucht sein, eine grobe Nivellierung jeder Art von geistiger Tätigkeit zu erzwingen."
Der erste Schritt zur Wiederbelebung einer stagnierenden Gesellschaft kommt deshalb aus jenen Schichten, die den Herrschenden entfremdet sind, von den Rändern her, mit dem Auslöser des Fremden, Ungewohnten.
Es mag paradox erscheinen, aber weil die erste Wurzel des Schöpferischen in der Unzufriedenheit liegt, ist der Fortschritt einer Gesellschaft die Frucht der Unzufriedenheit und Ausgegrenztheit ihrer Eliten, "die den Mangel an Anerkennung durch die Verwirklichung und Entfaltung ihrer Anlagen und Talente kompensieren müssen."
Nachsatz 1: Es zählt wohl zu den bedrückendsten, zugleich unfruchtbarsten Mythen der Gegenwart, daß die Intelligenzia der Gegenwart - die Intellektuellen in obigem Sinn - sich als oppositionell versteht, obwohl sie Impulsgeber der herrschenden Moral und Handlungsimperative ist, und damit Herrschaft, nicht Opposition ist. Sogar für die Tatsache herrscht Blindheit, daß die (elitäre) Intellektualisierung des öffentlichen Diskurses auf der Ebene von Universität und Wissenschaft AN SICH eine Tradierung bestehender Sichtweisen bedeutet. Denn universitäre Wissenschaftlichkeit bedeutet ja an sich: den festgelegten, herrschenden Kriterien entsprechend.
Nachsatz 2: Man muß angesichts der Diskrepanz der Realitäten und obiger Analysen schmunzeln, denn Untersuchungen haben ergeben, daß über 90 Prozent (!) der Universitätsabsolventen einen "sicheren Beschäftigungshafen" suchen - also Integration, also Beteiligung an der Herrschaft der Elite, an deren Anerkennung, auch in Lohnschemata.
Kreativität und Schaffensimpuls braucht die existentielle Spannung, braucht den potenten Reizzustand, der den schöpferischen Fluß auslöst. Ein betriebsames, zweckgebundenes, erfülltes Leben entzieht den schöpferischen Kanälen alle Energien.
So sehr es verständlich sein mag, daß der Intellektuelle nach Anerkennung und Platz in der Gesellschaft sucht. "Dem schöpferischen Menschen," schreibt Hoffer sogar, "fehlt in der Regel die zur Ergreifung, Ausübung und vor allem zur Aufrechterhaltung der Macht erforderlichen Charakteranlage. Wenn Intellektuelle an die Macht gelangen, ist es deshalb meist der Pseudo-Intellektuelle, der den Ton angibt, und er hat dann auch die besseren Chancen, jeder Phase des kulturellen Geschehens den Stempel seiner Mediokrität und Ideenarmut aufzuprägen. Darüber hinaus braut sich in ihm wegen seiner schöpferischen Unfähigkeit ein mörderischer Haß auf jede Form von geistiger Brillanz zusammen, und er mag - wie etwa Stalin - versucht sein, eine grobe Nivellierung jeder Art von geistiger Tätigkeit zu erzwingen."
Der erste Schritt zur Wiederbelebung einer stagnierenden Gesellschaft kommt deshalb aus jenen Schichten, die den Herrschenden entfremdet sind, von den Rändern her, mit dem Auslöser des Fremden, Ungewohnten.
Es mag paradox erscheinen, aber weil die erste Wurzel des Schöpferischen in der Unzufriedenheit liegt, ist der Fortschritt einer Gesellschaft die Frucht der Unzufriedenheit und Ausgegrenztheit ihrer Eliten, "die den Mangel an Anerkennung durch die Verwirklichung und Entfaltung ihrer Anlagen und Talente kompensieren müssen."
Nachsatz 1: Es zählt wohl zu den bedrückendsten, zugleich unfruchtbarsten Mythen der Gegenwart, daß die Intelligenzia der Gegenwart - die Intellektuellen in obigem Sinn - sich als oppositionell versteht, obwohl sie Impulsgeber der herrschenden Moral und Handlungsimperative ist, und damit Herrschaft, nicht Opposition ist. Sogar für die Tatsache herrscht Blindheit, daß die (elitäre) Intellektualisierung des öffentlichen Diskurses auf der Ebene von Universität und Wissenschaft AN SICH eine Tradierung bestehender Sichtweisen bedeutet. Denn universitäre Wissenschaftlichkeit bedeutet ja an sich: den festgelegten, herrschenden Kriterien entsprechend.
Nachsatz 2: Man muß angesichts der Diskrepanz der Realitäten und obiger Analysen schmunzeln, denn Untersuchungen haben ergeben, daß über 90 Prozent (!) der Universitätsabsolventen einen "sicheren Beschäftigungshafen" suchen - also Integration, also Beteiligung an der Herrschaft der Elite, an deren Anerkennung, auch in Lohnschemata.
*160411*