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Samstag, 9. April 2011

Ein weiterer Dreh im Reigen

Die Aufregung ist nicht wirklich verständlich, denn seit langem war klar, daß Portugal im April 2011 - jetzt - seinen Kollaps haben wird. 35 Milliarden Anleihen waren rückzuzahlen, und das bei fast 10 Prozent Defizit pro Jahr, bei Verweigerung wirklich einschneidender Sparmaßnahmen, bei längst ausgetrockneter Wirtschaft, bei auf gleichfalls 10 Prozent gestiegenen Zinsen für weitere Kredite, um umzuschulden, um weitere Schulden machen zu können. Nun ist es soweit, Portugal wird 80, manche sprechen von 100 Milliarden Euro benötigen, um nicht den Staatskonkurs anmelden zu müssen. Und die EZB wird einspringen, wie es ohnehin beabsichtigt war. Rette man Portugal nicht, fällt nämlich Spanien, wie man sich ausrechnen kann, denn Spaniens Banken würden um Kredite von bis zu 40 Milliarden fallen.

Und ihr Fall würde die nationale Wirtschaft mitreißen, denn Spaniens Bürger sind traditionell hoch verschuldet - in Immobilien, denn der Spanier wohnt nicht in Miete, wie man sagt, der stolze Iberer logiert in einem Eigenheim. Fein, soll er ruhig. Aber fallen die Banken, stellen sie die Kredite fällig, und er verliert sein Eigenheim, die Preise werden ins Bodenlose stürzen, die Kreditwirtschaft und damit die Wirtschaft selbst total zusammenbrechen, etc. etc.

Erst vor wenigen Tagen hat Portugals Premierminister verzweifelt bekanntgegeben, daß er drastische Sparmaßnahmen politisch nicht durchbringe. Die Gewerkschaft droht mit Streiks, und gutmeinende Münder meinen, man könne doch die Portugiesen nicht auf "Wasser und Brot" setzen. Das ist damit gemeint:

... Stopp für Pensionssteigerungen, empfindliche Steuererhöhungen, Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst, weniger soziale Leistungen, Mautgebühren auf den Autobahnen, höhere Preise im öffentlichen Transport, Einsparungen im ohnehin lahmenden Bildungs-, Gesundheits- und Justizwesen, Baustopp öffentlicher Infrastruktur. 

Was bei dieser Liste auffällt? Es ist die "to-do-Liste" der Politik seit den 1970er Jahren, und im Grunde schon seit 1945, und im noch tieferen Grunde seit dem 17., 18. Jhd., seit die Nationalökonomie, wie es so schön heißt, als Instrument für die Wunschträume der Politik zu arbeiten begann. Seit man die Volkswirtschaften als Maschinen zu betrachten begann, die bestimmten Ausstoß erzeugen konnten und vor allem sollten, der die Politik mit Macht und Geld belohnte.

Es ist so einfach, es ist tatsächlich so einfach, und kompliziertere "Entwicklungen" dafür verantwortlich zu machen ist Sophisterei. Die Fürsten brauchten Geld, wollten Geld, und entdeckten endgültig, wie die Bevölkerung dafür nutzbar zu machen ist, um ein "Staatsgebilde" zu erzeugen, das den Utopien, die damals wie Kroketten aus dem Frühlingsboden austrieben. Die Geschichte der europäischen Staaten ist seither eine Geschichte der staatlichen Willkür, politischen Ehrgeizes und Wahnes, und der Kompetenzüberschreitung.

Wer alleine die obige Liste hernimmt sieht es auf den erste Blick: Bereiche und Dinge, die in der gesamten Menschheitsgeschichte von den kleinen sozialen Einheiten, allen voran die Familie, das Dorf, die Region geregelt waren, sind nun direkte Staatsangelegenheit. Die Kleinstrukturen sind ruiniert, die sozialen Zusammenhalte zerstört, die Ehen aufgelöst (erst unlängst war sogar eine Studie zu lesen: Ehe existiert im Bewußtsein der Jugend in Europa gar nicht mehr) und die Bevölkerungen in ihre Einzelteile zerlegt, alle mit direktem Konnex zum "Staat", zur Maschine. Da fällt mir Richelieu ein, und seine Politik des Zentralismus, mit der auf den ersten Blick seltsamen Koinzidenz von Absolutismus und Auslöschung der Zwischenstände: der absolute Herrscher steht dem Bürger 1:1 gegenüber. Bürger, die kaum noch das Notwendigste zum Leben hatten.

Sie stöhnten unter der höchsten Steuerlast, die je in Frankreich geherrscht hatte, und die sogar in Hungersnöte ausschlug. Dafür mußte Frankreich erst spät im 30jährigen Krieg seine Söhne direkt aufs Schlachtfeld schicken, weil man zuvor andere - Deutschland, das Reich - um Geld bluten ließ. Preis des Friedens? Richelieu wollte in Wahrheit ein starkes Frankreich in Europa, und das ging nur zentralistisch. Damit ebnete er den Weg zu Frankreichs Glanz und Glorie, in der langen und ruhmreichen Regentschaft Ludwig XIV.

Was das mit Portugal zu tun hat? Weiß das der Teufel ... Ach ja, Österreichs Anteil? 2 oder 3 Milliarden sind wohl an die Algarve zu überweisen. Und kein Mensch mit einem Funken Verstand, sondern nur ahnungslose Politiker gehen davon aus, daß dieser weitere "Kredit zur Rettung der übrigen Kredite" je zurückgezahlt wird. Siehe Griechenland.

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