Die Frage, warum sich die Menschheit so und so entwickelte, und wie sie sich weiter entwickeln wird, ist natürlich in höchstem Maß eine Frage der Anthropologie selbst: eine Frage, woher der Mensch kommt, und wohin er geht, welchen Sinn sein Leben hat - Sinn, der ihm vorangeht, nicht einfach, den er "sich gibt". Das als schöpferischer Prozeß ist bereits ein zweites Thema, in dem Sinn, daß es der ersten Frage nur folgen, diese aber nicht ersetzen kann. Und alleine daraus ist schon viel, wenn nicht alle Geschichte erklärbar.
Wenn die Menschheit an sich aber ein Ziel hat, und die Weltgeschichte eine Frage der Auseinandersetzung damit ist, ist es müßig darüber zu diskutieren, ob es die Energieversorgung war, oder die Demographie, die Rom zusammenbrechen und China aufsteigen ließ. Das alles sind Faktoren, gewiß, aber sie sind gewiß nicht die entscheidenden Prinzipien einer Gesamtentwicklung.
Nur dort, wo der Mensch sich (und sein Ziel) zu verfehlen beginnt, dort werden solche Faktoren tragend, ja sogar in mancher Hinsicht entscheidend. Denn dort fällt der Mensch auf eine untere, ungeistige, unfreie Stufe zurück. Und insofern ist natürlich das Buch von Ian Morris - "Wer regiert die Welt?" - gewiß spannend und interessant. Denn er befaßt sich letztlich mit solcher Sekundärebene.
Morris vertritt (vereinfacht) die These, daß eine Kultur dann zusammenbricht, wenn ihre Entwicklung die Fähigkeit, Energie zu erzeugen, überholt. Ja, die Frage der Energie ist überhaupt die entscheidende Frage einer Kulturentwicklung. Um das zu zeigen, reduziert er die Welt auf einen Hauptkonflikt: auf ein Wettrennen Ost gegen West, China gegen Europa. Und Europa (wollen wir den Bogen von der USA bis nach Persien so definieren) hatte letztlich immer die Nase vorn, vor allem in den letzten dreihundert Jahren.
Das Buch enthält gewiß sehr viele interessante Fakten, neue Gesichtspunkte, die durchaus das eine oder andere erhellen, vor allem, wenn es um die Geschichte des Niedergangs einer Kultur geht. Denn, wie gesagt: dort finden sich mechanistische Prozesse, weil das Leben entweicht. Weil sich lange tradierte Vorgänge als nicht lebensfähig erweisen, die durch andere zivilisatorische Faktoren immer wieder zu Scheinleben aufgeblasen wurden, aber nie für sich stehen konnten.
So generell das Thema "Energieverbrauch und Technik", das defizitär ist, ein Kernproblem ist. Weil Technizismus - als aus dem Ganzen gerissene Beherrschung von Teilprozessen, insofern als (naturverfehlende) Wunde, die zum Tod des gesamten Organismus führen MUSZ - immer Energiezufuhr benötigt. Stellt sich eine Zivilisation zu sehr darauf ab, schneidet es sich irgendwann von seinen eigenen Wurzeln ab, schon gar, wenn diese Entwicklung zu weit greift - wie in der Globalisierung, wenn zu viele Staaten in der Entwicklung nachziehen. Und das ist ein systemimmanenter Vorgang, er ist für solch eine Zivilisation - die das Fazit einer Fehlentwicklung ist, zu der der Mensch eben aufgrund seiner erbsündlichen Verfaßtet neigt, ja der Mensch ist wie er ist ein "leckendes Wesen", das nicht zur Kenntnis zu nehmen, ist der Grundfehler der Utopie - unausweichlich.
Es gibt ja nicht wenige Versuche, ein Schema zu finden, das die Geschichte der Menschen erklärt. Morris ist nicht der erste, und gewiß nicht der letzte. Generalschema wurde bislang keines gefunden, nicht auf der phänomenologischen Ebene. Sehr wohl aber was die Prinzipien anbelangt, was Morris gefließentlich vom Tisch wischt. Aber die Welt beginnt sich aufzuhellen, wenn man seine prinzipielle Auseinandersetzung begreift - als Kampf zwischen Sein und Nichtsein, zwischen Irrtum und Wahrheit, zwischen Leben und Tod. Wenn man begreift, daß es allem um Entfaltung seiner Natur geht. Wenn man begreift, daß die konkrete Gestalt ein Spiel der Form ist, niemals für sich gesehen entscheidend.
Deshalb gibt es keine determiniert konkreten Vorgänge und Prozesse, keine verhängt unveränderlichen Schicksale, und keine Entwicklungslogik ist die bloße Erfüllung seit je unabänderlicher Verhängnisse, wie es gerade zu Anfang des 20. Jahrhunderts so gerne als Weltdeutung gesehen wurde - Spengler sei nur als Beispiel genannt, für ihn gilt sinngemäß, was über Morris zu sagen ist - wo eine Kultur als Organismus gesehen wurde, der sein Leben führte, komme was da wolle, und unweigerlich auch zu enden.
Es ist erhellender, wenn man die gesamte Menschheitsgeschichte als Geschichte einer einzigen Kulturentwicklung als Entfaltung des Menschen sehen, mit nur lokalen Besonderheiten und Spielformen, aber immer denselben Fragen, und immer denselben Grundzügen im Rahmen einer Gesamtentwicklung, die nicht zwangsläufig, aber wahrscheinlich ist - weil diese Welt eben leckt, um es salopp zu formulieren. Das Christentum IST solch eine Sinndeutung. Und es ist die ultimative Sinndeutung, die alle anderen Versuche (wollen wir die Weltreligionen so subsummieren) qualitativ entscheidend übertrifft, nicht einfach nur enthält.
Insofern ist der Bedarf gedeckt. Es braucht keine neue Deutung der Welt, und es braucht auch keine neue Horizontausleuchtung, wie Europa sich gegen China (mehr gibt es für Morris nicht als Gegenpart) behaupten könnte.
Den Amerikanern fehlt einfach der Rucksack der Erfahrung, weshalb Geschichtswerke von Amerikanern praktisch immer interessant und spannend weil oft von völlig neuer Warte aus gesehen, aber so gut wie nie substantiell richtig, viel zuwenig prinzipiell gesehen sind. Auch Morris klittert sein Faktengewimmele, das er zur Stützung seiner Behauptungen zu neuen "Fakten" gruppiert, mit so manchen hanebüchenen Flickthesen. Er erinnert da sehr an Kennedy's "Aufstieg und Fall der großen Mächte", ein ähnlicher Fall. Und immer wieder zieht es die Amerikaner zu solchen Metaversuchen.
Aber es tut manchmal den Alten gut, auf ihre Kinder ein wenig zu hören (und die USA sind ja eine Art "Klon" Europas - ich verwende das Wort bewußt). Was deshalb durchaus von Morris zu übernehmen ist, ist die Aufforderung, nicht einfach resigniert den Kopf in den Sand zu stecken, und diese Entwicklungen wie ein verhängtes Schicksal zu sehen. Es ist nie zu Ende, und Europa ist nicht automatisch als "global player" auch Verlierer.
Es kann nur sein, daß wir uns von Vielem verabschieden müssen, und genau von dieser Fähigkeit uns von vielem zu trennen wird es sogar abhängen. Denn immer ist es möglich, ein menschenwürdiges, gutes Leben zu führen, wenn wir es gestalten, wenn wir es wollen. Kein weltlicher Faktor kann dies letztlich verhindern oder garantieren, keiner ist so bedeutend. Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn Europa begreift, daß seine Kriterien gefährlich falsch geworden sind, nach denen es sein Schicksal gestaltet. Das zu sehen wird entscheidend sein. Mechanistische Weltmodelle wie jenes von Morris werden dazu wenig beitragen können, soviel ist sicher.
Sieht man von dem Aspekt ab, daß Morris auf rein phänomenologischer Ebene verblüffend auf den Punkt bringt, was Europa derzeit mehr beherrscht, als zugegeben wird: es ist schlichte Tatsache, vor der wir noch die Augen verschließen, daß wir die Energiemengen, die unsere Lebensweise benötigt, nicht mehr verantwortlich (das betrifft nicht nur Atomkraft, sondern z. B. die ihr Zerstörungspotential betreffend völlig unterschätzte Windkraft) produzieren können, ohne das, worum es eigentlich geht, zugleich zu zerstören. Es ist schlicht Tatsache, daß wir uns unsere Lebensweise, an der wir nun so zäh hängen, an die wir uns so gewöhnt haben (und Gewohnheit formt sich eine zweite Natur, wir wissen es) nie wirklich leisten konnten!
Solche Thesenmodelle wie jenes von Morris bergen dabei die Gefahr, daß sie - über die Bewertung von Faktoren - einen Ernst hinsichtlich einer Systemkonservativität, gleichzeitig ein Verkennen der wirklich substantiellen Faktoren, in die Diskussion bringen, die sehr schnell zur Tragödie wird. Der rasche "Aufstieg" Chinas - der ein rein technischer Prozeß der Wohlstandsoptimierung unter gewissen Wertvorstellungen ist - könnte ja genau solche Prämissenproblematik anzeigen. Mal sehen, ob sie lernfähiger, wirklichkeitsoffener, also selbstvergessener, sterbebereiter sind, als Europa es noch zu sein scheint. Oder ob ihr Konfuzianismus nicht die geistige Waffe eines Technizismus ist, der von innen heraus einen Brennpunkt der Geschichte bildet, in dem das Energieproblem Chinas (das nur durch Expansion "behebbar" ist) zum entscheidenden Faktor wird.
Wenn die Menschheit an sich aber ein Ziel hat, und die Weltgeschichte eine Frage der Auseinandersetzung damit ist, ist es müßig darüber zu diskutieren, ob es die Energieversorgung war, oder die Demographie, die Rom zusammenbrechen und China aufsteigen ließ. Das alles sind Faktoren, gewiß, aber sie sind gewiß nicht die entscheidenden Prinzipien einer Gesamtentwicklung.
Nur dort, wo der Mensch sich (und sein Ziel) zu verfehlen beginnt, dort werden solche Faktoren tragend, ja sogar in mancher Hinsicht entscheidend. Denn dort fällt der Mensch auf eine untere, ungeistige, unfreie Stufe zurück. Und insofern ist natürlich das Buch von Ian Morris - "Wer regiert die Welt?" - gewiß spannend und interessant. Denn er befaßt sich letztlich mit solcher Sekundärebene.
Morris vertritt (vereinfacht) die These, daß eine Kultur dann zusammenbricht, wenn ihre Entwicklung die Fähigkeit, Energie zu erzeugen, überholt. Ja, die Frage der Energie ist überhaupt die entscheidende Frage einer Kulturentwicklung. Um das zu zeigen, reduziert er die Welt auf einen Hauptkonflikt: auf ein Wettrennen Ost gegen West, China gegen Europa. Und Europa (wollen wir den Bogen von der USA bis nach Persien so definieren) hatte letztlich immer die Nase vorn, vor allem in den letzten dreihundert Jahren.
Das Buch enthält gewiß sehr viele interessante Fakten, neue Gesichtspunkte, die durchaus das eine oder andere erhellen, vor allem, wenn es um die Geschichte des Niedergangs einer Kultur geht. Denn, wie gesagt: dort finden sich mechanistische Prozesse, weil das Leben entweicht. Weil sich lange tradierte Vorgänge als nicht lebensfähig erweisen, die durch andere zivilisatorische Faktoren immer wieder zu Scheinleben aufgeblasen wurden, aber nie für sich stehen konnten.
So generell das Thema "Energieverbrauch und Technik", das defizitär ist, ein Kernproblem ist. Weil Technizismus - als aus dem Ganzen gerissene Beherrschung von Teilprozessen, insofern als (naturverfehlende) Wunde, die zum Tod des gesamten Organismus führen MUSZ - immer Energiezufuhr benötigt. Stellt sich eine Zivilisation zu sehr darauf ab, schneidet es sich irgendwann von seinen eigenen Wurzeln ab, schon gar, wenn diese Entwicklung zu weit greift - wie in der Globalisierung, wenn zu viele Staaten in der Entwicklung nachziehen. Und das ist ein systemimmanenter Vorgang, er ist für solch eine Zivilisation - die das Fazit einer Fehlentwicklung ist, zu der der Mensch eben aufgrund seiner erbsündlichen Verfaßtet neigt, ja der Mensch ist wie er ist ein "leckendes Wesen", das nicht zur Kenntnis zu nehmen, ist der Grundfehler der Utopie - unausweichlich.
Es gibt ja nicht wenige Versuche, ein Schema zu finden, das die Geschichte der Menschen erklärt. Morris ist nicht der erste, und gewiß nicht der letzte. Generalschema wurde bislang keines gefunden, nicht auf der phänomenologischen Ebene. Sehr wohl aber was die Prinzipien anbelangt, was Morris gefließentlich vom Tisch wischt. Aber die Welt beginnt sich aufzuhellen, wenn man seine prinzipielle Auseinandersetzung begreift - als Kampf zwischen Sein und Nichtsein, zwischen Irrtum und Wahrheit, zwischen Leben und Tod. Wenn man begreift, daß es allem um Entfaltung seiner Natur geht. Wenn man begreift, daß die konkrete Gestalt ein Spiel der Form ist, niemals für sich gesehen entscheidend.
Deshalb gibt es keine determiniert konkreten Vorgänge und Prozesse, keine verhängt unveränderlichen Schicksale, und keine Entwicklungslogik ist die bloße Erfüllung seit je unabänderlicher Verhängnisse, wie es gerade zu Anfang des 20. Jahrhunderts so gerne als Weltdeutung gesehen wurde - Spengler sei nur als Beispiel genannt, für ihn gilt sinngemäß, was über Morris zu sagen ist - wo eine Kultur als Organismus gesehen wurde, der sein Leben führte, komme was da wolle, und unweigerlich auch zu enden.
Es ist erhellender, wenn man die gesamte Menschheitsgeschichte als Geschichte einer einzigen Kulturentwicklung als Entfaltung des Menschen sehen, mit nur lokalen Besonderheiten und Spielformen, aber immer denselben Fragen, und immer denselben Grundzügen im Rahmen einer Gesamtentwicklung, die nicht zwangsläufig, aber wahrscheinlich ist - weil diese Welt eben leckt, um es salopp zu formulieren. Das Christentum IST solch eine Sinndeutung. Und es ist die ultimative Sinndeutung, die alle anderen Versuche (wollen wir die Weltreligionen so subsummieren) qualitativ entscheidend übertrifft, nicht einfach nur enthält.
Insofern ist der Bedarf gedeckt. Es braucht keine neue Deutung der Welt, und es braucht auch keine neue Horizontausleuchtung, wie Europa sich gegen China (mehr gibt es für Morris nicht als Gegenpart) behaupten könnte.
Den Amerikanern fehlt einfach der Rucksack der Erfahrung, weshalb Geschichtswerke von Amerikanern praktisch immer interessant und spannend weil oft von völlig neuer Warte aus gesehen, aber so gut wie nie substantiell richtig, viel zuwenig prinzipiell gesehen sind. Auch Morris klittert sein Faktengewimmele, das er zur Stützung seiner Behauptungen zu neuen "Fakten" gruppiert, mit so manchen hanebüchenen Flickthesen. Er erinnert da sehr an Kennedy's "Aufstieg und Fall der großen Mächte", ein ähnlicher Fall. Und immer wieder zieht es die Amerikaner zu solchen Metaversuchen.
Aber es tut manchmal den Alten gut, auf ihre Kinder ein wenig zu hören (und die USA sind ja eine Art "Klon" Europas - ich verwende das Wort bewußt). Was deshalb durchaus von Morris zu übernehmen ist, ist die Aufforderung, nicht einfach resigniert den Kopf in den Sand zu stecken, und diese Entwicklungen wie ein verhängtes Schicksal zu sehen. Es ist nie zu Ende, und Europa ist nicht automatisch als "global player" auch Verlierer.
Es kann nur sein, daß wir uns von Vielem verabschieden müssen, und genau von dieser Fähigkeit uns von vielem zu trennen wird es sogar abhängen. Denn immer ist es möglich, ein menschenwürdiges, gutes Leben zu führen, wenn wir es gestalten, wenn wir es wollen. Kein weltlicher Faktor kann dies letztlich verhindern oder garantieren, keiner ist so bedeutend. Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn Europa begreift, daß seine Kriterien gefährlich falsch geworden sind, nach denen es sein Schicksal gestaltet. Das zu sehen wird entscheidend sein. Mechanistische Weltmodelle wie jenes von Morris werden dazu wenig beitragen können, soviel ist sicher.
Sieht man von dem Aspekt ab, daß Morris auf rein phänomenologischer Ebene verblüffend auf den Punkt bringt, was Europa derzeit mehr beherrscht, als zugegeben wird: es ist schlichte Tatsache, vor der wir noch die Augen verschließen, daß wir die Energiemengen, die unsere Lebensweise benötigt, nicht mehr verantwortlich (das betrifft nicht nur Atomkraft, sondern z. B. die ihr Zerstörungspotential betreffend völlig unterschätzte Windkraft) produzieren können, ohne das, worum es eigentlich geht, zugleich zu zerstören. Es ist schlicht Tatsache, daß wir uns unsere Lebensweise, an der wir nun so zäh hängen, an die wir uns so gewöhnt haben (und Gewohnheit formt sich eine zweite Natur, wir wissen es) nie wirklich leisten konnten!
Solche Thesenmodelle wie jenes von Morris bergen dabei die Gefahr, daß sie - über die Bewertung von Faktoren - einen Ernst hinsichtlich einer Systemkonservativität, gleichzeitig ein Verkennen der wirklich substantiellen Faktoren, in die Diskussion bringen, die sehr schnell zur Tragödie wird. Der rasche "Aufstieg" Chinas - der ein rein technischer Prozeß der Wohlstandsoptimierung unter gewissen Wertvorstellungen ist - könnte ja genau solche Prämissenproblematik anzeigen. Mal sehen, ob sie lernfähiger, wirklichkeitsoffener, also selbstvergessener, sterbebereiter sind, als Europa es noch zu sein scheint. Oder ob ihr Konfuzianismus nicht die geistige Waffe eines Technizismus ist, der von innen heraus einen Brennpunkt der Geschichte bildet, in dem das Energieproblem Chinas (das nur durch Expansion "behebbar" ist) zum entscheidenden Faktor wird.
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