Das Wesentliche an der Darstellung des Laokoon ist nicht die Darstellung des Endes, sondern zum Gegenteil: es ist die Darstellung des entscheidenden Moments, des wirklich "poetischen" Moments, in dem sich sein Schicksal (und das der Söhne) besiegelt, wo es an der Scheide steht. Seine Hüfte ist zurückgezogen, im Schmerz, weil ihn die Schlange soeben zu beißen ansetzt, er versucht noch zurückzuweichen, und darin zeigt sich am deutlichsten die Bewegung des Geschehens, ihr Ausgang. Auch die Söhne kämpfen noch, versuchen zu entkommen, der eine hebt das Bein, um der Schlange zu entkommen. Aber ihr Schicksal hängt an dem ihres Vaters.
Deshalb aber - eine alte Diskussion der Kunstgeschichte - "schreit" dieser nicht. Sein Mund ist stumm. Denn würde er schreien, wäre die Figur ewig schreiend. Aber der Schrei des Entsetzens kommt erst am Ende. Die Bewegung der Gruppe (in der aufgefundenen antiken Skulptur, die von Bernini ergänzt wurde) würde also im nächsten Moment enden. Das tut sie aber nicht. (In der Literatur wäre es über die Zeit, die abzubilden ihr möglich ist, anders darzustellen.)
Das Ende ist niemandem erfahrbar, deshalb ist der Tod kein Gegenstand der Erfahrung.
Nur in einer Offenheit in die Zukunft hinein wird Mitleid für den Betrachter möglich. Und so kann die Skulptur den Betrachter bewegen, und schafft einen poeitischen Moment.
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