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Samstag, 17. November 2012

Vom Ich in der Welt (III)

3. Teil - Als Replik gefaßte Fußnote - *

(und darum in normaler Schriftgröße)



*Dem Verfasser dieser Zeilen hat es sich aus der bisherigen Beobachtung Kehlmanns längst angekündigt, in der der Erfolgsautor sich mit der Welt der "reinen Idee" - der Mathematik - so explizit befaßt hat. Für sich betrachtet, fehlt der Welt der reinen Idee nämlich die Wirklichkeit, und damit die Überleitung zur Welthaftigkeit hin. (Daß Kehlmann v. a. in Asien so "überraschende" Erfolge feiert, ist also keineswegs überraschend, es trifft dort auf vorhandene Konzepte, wie in bestimmten Formen des Buddhismus , oder im Konfuziamismus.) Edith Stein zeigt das in ihrer hervorragenden Untersuchung "Endliches zum Ewiges Sein". Daß Kehlmann sich nach Gauß nun mit Gödel befaßt zeigt diese Nähe: Kurt Gödel fand gleichfalls aus der einerseits rationalen Erkenntnis, daß die Rationalität sich nicht aus sich selbst heraus begründen und beweisen kann, also eigentlich transzendent, "offen" ist, keinen Ausweg, lehnte aus derselben Rationalität als Menschseins-Postulat aber "Gott" (als Leben/Sein) ab. Sodaß ihm die "Ursache" fehlte, man gestatte es hier "einfach" zu machen, es ist nicht komplizierter. Also fiel er in Spukglaube und Weltverschwörungs-Paranoia. Beides sind Wirklichkeiten in der Gestalt von "Ursachen-Konzepten", die aus den rein lebensimmanenten Ich-Vollzügen steigen. Denn die primäre Erfahrung des Lebens selbst ist ... seine Vorgängigkeit, es weiß sich verdankt, nicht aus sich selbst heraus bestehend. Ja, seine Struktur selbst IST Leben bzw. besteht nur deshalb. Wahrheitskonzepte außerhalb des Lebendigen - als Vorgang des Lebens selbst - funktionieren also nie, enden immer im Nihilismus. Sie kommen bestenfalls zu "Wahrheiten".

Hölderlin schreibt dazu also zwar: "Alles kommt also darauf an, daß das Ich nicht bloß mit seiner subjektiven Natur, von der es nicht abstrahieren kann, ohne sich aufzuheben, in Wechselwirkung bleibe, sondern daß es sich mit Freiheit ein Objekt wähle, von dem es will, wenn es will abstrahieren kann, um von diesem also durchaus angemessen bestimmt zu werden und es zu bestimmen. Hierin liegt die Möglichkeit, daß das Ich in harmonisch entgegengesetzten Lebn als Einheit, und das Harmonisch-Entgegengesetzte, als Einheit erkennbar werde im Ich in reiner (poetischer) Individualität. Zurfreien individualität wird, zur Einheit und Idnetität für sich selbst gelangt das reine subjektive Leben erst durch die Wahl seines Gegenstandes." 

Er schreibt aber genau auch das: daß dieses sich selbst hervorbringende Ich (als Weltgestalt) in einem Gesamtzusammenhang des Lebens "an sich" verbleibt. Sodaß das Leben "im Ich" also nur "erscheint". Das Ich erscheint also "sich" in der Welt, und die Welt erscheint "sich" im Ich. Ihm ist, wie Stefan Nowotny in "Der Fehl der Namen" schreibt, nicht "intellectuale Anschauung" als konstitivem Akt ausreichend, sondern Ich und Welt sind lediglich unlösbar aufeinander bezogen, in wechselweiser Bestimmung und Selbstbestimmung. die Ich-Konstitution kann deshalb weder mit der reinen Selbstanschauung eine Ich noch mit irgendeiner Art von Anschauung der Welt in eins fallen. Vielmehr ist die Sprache bereits selbst, als "schöpferische Reflexion", Hervorgang aus der dem Rationalen vorausgehenden Selbsterfahrung des Ich. Alles liegt in diesem Akt des "schöpferischen Ahnens" - die ursprüngliche, vorausgehende Gegebenheit des Ich ist also ein Akt schöpferischen "Er-findens", ein personaler, vorsprachlicher Akt. "Das Leben," schreibt Walter Benjamin dazu, "liegt [dem Gedichteten] als letzte Einheit zugrunde." Nur von dort kann Sprache [der Dichtung] erstehen, subjektiv, und DARIN transzendent. Der Akt des Sprechens und Denkens IST also die Bedeutung, der man nur staunend gegenübertreten kann, er bedeutet nicht noch rationale "Deutung." 

Alltag aber wunderbar [zu lieb] den Menschen
Gott an hat ein Gewand.
Und Erkenntnissen verberget sich sein Angesicht
Und Luft und Zeit deckt
Den Schröcklichen ... (Hölderlin; Griechenland, 3. Version)

 Das Leben selbst und die Erde berühren sich in liebender Zuneigung. Nicht im Intellekt.

Ein Zeichen sind wir, deutungslos
Schmerzlos sind wir und haben fast
Die Sprache in der Fremde verloren.

"Das Zeichen," schreibt Nowotny dazu, "das wir SIND, ordnet sich nicht ein in einen Horizont von Bedeutsamkeit oder in einen Zusammenhang von Verweisungen. Es ist, wenn man so will, nicht von dieser Welt." 

Und darum ist ... 
... die Sprache dem Menschen
gegeben ...
... damit er zeuge, was
er sei ...    

Das Sein im "Ich-bin" geht dem Menschen in seiner Gestaltwelt voraus. 




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