Dieses Blog durchsuchen

Montag, 12. November 2012

Kein freies Wirtschaftssystem

aus 2007) Die allermeisten Industriellen lehnten die Nationalsozialisten ab. Nicht nur wegen deren Antisemitismus, wobei der damals so salonfähig war, daß man ihn nur am Rande ernstnahm, oder den sehr realen und konkreten Ideen einer "Re-Verlandwirtschaftlichung" des Landes. Thyssen scheiterte immer wieder, unter seinen Kollegen mehr Unterstützung für Hitler zu finden. (Und verließ im übrigen selbst 1939 aufgrund schwerwiegender Differenzen mit Hitler das Land.)

Aber deren Konzeption eines autarken Etatismus - der Vorherrschaft des Staates vor allen übrigen gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Bereichen, sowie dessen Unabhängigkeit von außen - war keineswegs das, was der "Kapitalismus" sich wünschte. Dem ein internationalistischer Liberalismus eindeutig am meisten entgegenkam. Aus diesem Grunde hat Hitler v. a. ab 1932 verboten bzw. sich darin sehr zurückgehalten, nationalsozialistische Wirtschaftskonzepte zu präsentieren.

Dabei waren die kaum da. Es ist ja bemerkenswert, wie ungefähr und vage Hitler in seinen vielen Reden gerne blieb! (Man darf deshalb durchaus davon ausgehen, daß der Nationalsozialismus ein alles andere als ausgebackenes Konglomerat anstelle einer glatten, stringenten Ideologie war, der gut von Schlagworten lebte, aber nicht von klaren Ideen.) Erst als 1932 absehbar war, daß eine Regierungsbeteiligung der NsDAP wahrscheinlich wurde, begann man, konkrete Konzepte zu entwickeln. Hitler wußte, daß er unter enormem Erfolgsdruck stand: er hatte versprochen, sofort alles zu ändern, und die Menschen maßen ihn daran.

Um die Industrie zu beschwichtigen - die nachweislich alle übrigen Parteien Deutschlands in gleichem, wenn nicht bevorzugterem Maße finanziell gefördert hatten - wurden jene Aspekte betont, die die Industrie als Nutznießung der geplanten Staatsmaßnahmen (staatliche Aufträge im Bereich Siedlungsbau - Straßenbau - Landwirtschaft) gute Gewinne versprach.

Ein freies kapitalistisches System aber war Deutschland unter Hitler ganz sicher nicht. Was immer sich noch so präsentierte, war eindeutig von Hitler als eine pragmatische, vorübergehende Konzession verstanden.

Aber in jedem Fall bediente sich der Nationalsozialismus sehr gewagter, moderner Theorien - wie sie Keynes vertrat, der auch in Hamburg Vorträge hielt und es durchaus gerne sah, wenn Parallelen zu seinen Lehren der staatlichen Intervention und Geldpolitik ("deficit spending") gezogen wurden. Und setzte sie konsequent um - konsequenter, als dies Roosevelt mit seinem "New Deal" in den USA gelang. Keynes betonte selbst, daß seine Theorien einen autoritäten, diktatorischen Staat benötigten.


***