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Donnerstag, 22. November 2012

Entwicklung zur Starrheit

Gerade das, was dem Internet als größtem Verdienst zugesprochen wird, ist sein eigentliches Verhängnis - die "freie Wahl". Denn es ist gar keine freie Wahl, es ist eine notwendige Wahl.

Weil aber nur auf vorhandener Urteilsfähigkeit bewertet (und gesucht) werden kann, verhindert genau diese "Freiheit" das eigentliche Lernen, das eine Erweiterung ist. 

Und das ist real zu beobachten, wenn man z. B. die Entwicklung der Leserforen in Zeitungen beobachtet. Die über die Jahre die deutlich sichtbare Tendenz zeigen, daß sich Meinungen mehr und mehr festigen, und - im "Streit", in der notwendigen Behauptung - verfestigt polarisieren. Die Menschen verwenden auch egal welche Dinge, die an sie herantreten, nur noch zur Bestätigung ihrer Positionen, suchen sie ab wie man in Büschen Früchte sucht, die man bereits kennt. Während der Busch selbst verworfen wird.

Man liest und sucht immer mehr, und mit immer mehr von demselben. Der Verfasser dieser Zeilen kennt deshalb kein Internet-Forum, das über die Jahre nicht immer eintöniger, immer gleichbleibender geworden ist, beherrscht von einer immer eingeschränkteren und immer gleichen Gruppe von Teilnehmern, denen nicht mehr auffällt, daß sie irgendwann permanent immer wieder dasselbe sagen. Innovation wird so unmöglich, wird zur bloßen Variabilität des immer selben, "Neues" bestenfalls noch in der Verfremdung dieses Selben zum Schein möglich.

So, wie jedes Bewerten von Begegnendem nur auf der Grundlage des bereits vorhandenen Wertbildes passiert, man also immer sieht, was man selbst ist, kann der Mensch, auf sich gestellt, nur Information suchen, die er als solche überhaupt erkennt, bleibt er damit innerhalb einer Informationswelt auf sein Sosein beschränkt. Alles Denken dient nur noch der Absicherung seiner Position.

Nur das reale, fleischliche Leben selbst vermag diese Erweiterungen zu geben, über den Schmerz, über den Glauben "an" jemanden, über fleischliches Erfahren eines "anderen". Als Offenheit für Wirklichkeit, der man die Macht einräumt, sich von ihr bewegen zu lassen. 

Kognitive Prozesse aber, die ja immer in sich verlaufen, als sprachliche Denkprozesse, führen nie über sich hinaus. Selbst, wenn sie widerspruchsfrei sind, wie Gödel ja zeigte, können sie sich prinzipiell aber nie aus sich selbst heraus begründen. Wird die Weltpositionierung also zunehmend auf Sprache, auf kognitiv-logische Prozesse verlagert, damit identitätsbestimmend, wird der Einzelne zwangsläufig enger und starrer, und zugleich "von Information" abhängiger. Mit dem Pendant zur verfehlten Öffnung, der Hörigkeit*.




*Wo ein Selbst sich seiner Existentialität gerade im Erfahren der Bedrohung - der Grunderfahrung des "Anderen" - in der Abhängigkeit erfährt und versichert. Die Hörigkeit ist also die vermeint kontrollierbare Simulation der verweigerten Wirklichkeitsbeziehung - kein Höriger, der nicht meint, in Wahrheit sei der "dem" man hörig ist unter seiner Kontrolle, über eine Schwäche: der Hörige will den "Herrn" schwach halten. Indem das Internet als Exerzierfeld dieser Beherrschbarkeit - das Können-können als Lebensgrunderfahrung, in der sich das Leben erfahrbar macht - erkannt wird, wird der direkte Zusammenhang deutlich. In der zugleich das wirklich andere - das sich dieser Struktur Verweigernde - zum Todfeind wird. Hierin liegt die wirkliche, auch heute absehbare, im übrigen immer gleiche Wurzel einer Christenverfolgung, die ganz anders aussieht, als so mancher - wenn - meint. Weil Christsein in diesen Bezügen der Erstarrung zur anarchischen Bedrohung wird.




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