Es ist kein Kavaliersdelikt, sondern
geht über die Sprache ins Denken, das in seiner Begrifflichkeit - die
auf das Erfahren der Wirklichkeiten zurückgeht, sich in der Tradition,
in den "gesellschaftlichen Konstrukten" lediglich seine historische
Gestalt sucht: das "Genederisieren" von Texten. Wie bei der
Polioimpfung, die mit einem Stück Zucker vor sich geht, wird
universitäre Autorität längst dazu mißbraucht, diese in seinen
Auswirkungen auf die Vitalität der Menschen völlig unterschätzte
Ideologie unter Zwang zu realisieren.
Andreas Untersberger
bringt ein konkretes Beispiel, wie an einer Fachhochschule eine
Seminararbeit nicht angenommen wurde, weil die Verfasserin ihre Arbeit
nicht "genderisiert" hat (was im übrigen den Umfang um 20 Prozent aufgeblasen
hat, ohne daß auch nur ein zusätzlicher Gedanke darin enthalten wäre.)
Die
meisten Studenten, heißt das zusätzlich, haben sich in den Zwang längst
eingefügt, ihnen erscheint diese Sprachzerstörung nicht einmal mehr
störend, sie sind es aus ihrer bisherigen Schulkarriere wohl längst
gewöhnt. Die meisten Lehrer und Dozenten sind also längst Handlanger des
Totalitären. Was ohnehin - bei zentralistischen Schulsystemen - kaum je
anders war. (Ja, gerade die, die dann "nie wieder Faschismus" rufen,
und jährlich Gedenkveranstaltungen in Mauthausen als Schulexkursion
abführen.) Und gehirngewaschen verlassen sie bereits die
Ausbildungsstätten und Universitäten.
Und
da diskutiert man gelegentlich, wo denn der Totalitarismus zu finden
sein solle? Er ist schon so alltäglich, so internalisiert, daß er gar
niemandem mehr auffällt. Befragt, meinen weit über 90 Prozent der Jugendlichen
heute, daß sie "frei von Ideologie" in ihren Ansichten wären, ja
Ideologie ablehnten ... Da kann man schon in Bitterkeit fallen, solches
zu hören.
Wobei die Rechtschreibreform vor 15, 20 Jahren diesen Ideologisierungsschub in der Sprache vorbereitet hat, das muß man in seinen Zusammenhängen sehen. Denn in ihr wurde Sprache erstmals zur Regierungsangelegenheit, zur Angelegenheit einer positivistischen Verordnung, entrissen der Verwurzelung in der Wahrnehmung - sondern beliebig. Damit wurde die Schule mit ihrer eigenen Waffe geschlagen: denn wenn Sprache auch entgegengenommen und in Besitz genommen werden muß, darin die Haltung der Demut braucht, so macht das dem Totalitarismus dann kein Problem, wenn die Lehrer bereits seine Handlanger sind. Die sie einerseits mit dem Versprechen der (autonomistischen) Beliebigkeit aus der Tradition herausbrechen und Sprache schon im Kind gar nicht verfestigen läßt, anderseits genau damit radikal Schluß machen, wenn es um die Verfestigung in der Darstellung dieser Ideologie geht. Womit das Sprachempfinden doppelt düpiert wird.
Wobei die Rechtschreibreform vor 15, 20 Jahren diesen Ideologisierungsschub in der Sprache vorbereitet hat, das muß man in seinen Zusammenhängen sehen. Denn in ihr wurde Sprache erstmals zur Regierungsangelegenheit, zur Angelegenheit einer positivistischen Verordnung, entrissen der Verwurzelung in der Wahrnehmung - sondern beliebig. Damit wurde die Schule mit ihrer eigenen Waffe geschlagen: denn wenn Sprache auch entgegengenommen und in Besitz genommen werden muß, darin die Haltung der Demut braucht, so macht das dem Totalitarismus dann kein Problem, wenn die Lehrer bereits seine Handlanger sind. Die sie einerseits mit dem Versprechen der (autonomistischen) Beliebigkeit aus der Tradition herausbrechen und Sprache schon im Kind gar nicht verfestigen läßt, anderseits genau damit radikal Schluß machen, wenn es um die Verfestigung in der Darstellung dieser Ideologie geht. Womit das Sprachempfinden doppelt düpiert wird.
Es
ist die reale Lebenspraxis, die den Geist bildet und verändert, so wie
jede Erkenntnis persönlicher Akt ist (rein rationales Ineinanderfallen
unabhängiger Inhalte). Selbst noch so rationale Kritik kann daran nichts
ändern, sie kann nur auf die Veränderung der Praxis abzielen. Der
Totalitarismus zielt eben auf die Lebenspraxis ab, nicht auf Diskurse.
Er ist ein Problem der Macht, nicht der Wahrheit.
Wirkliche,
nachhaltige Propaganda, zeigt Jacques Ellul in "Propaganda", zielt auf
die Entstehungsstrukturen der Weltanschauungen ab, nicht auf Inhalte.
Sie überläßt die Einpflanzung von geistigen Haltungen den Ergebnissen
des Alltags selbst, und zielt deshalb auf die Veränderung der
Lebensgewohnheiten ab, um so einen "Charakter der Propaganda" zu
schaffen. Dem das Leben selbst (im wahrsten Sinn) Todfeind ist, das sie
ausschalten, fernhalten muß. Mit dem sie dann aber machen kann, was sie
will. Denn Inhalte sind austauschbar. Nichts aber ist so überzeugend,
wie die Einübung in Abläufe und die Sprache der Technik. In der
Genderisierung aber wird die Sprache dem subjektiven
Wirklichkeitsempfinden entrissen, und ein Weltbild geprägt, das diesem
originären Empfinden sui generis widerspricht: weil die Ideologisierung
des Sprechens die Durchblutung der Sprache selbst verhindert. Der Mensch
wird damit als Individuum orientierungslos, ihm bleibt nur noch der
voluntaristische Akt, einer "Überzeugung" beizutreten, um diesen Halt zu
finden, ohne den er nicht leben kann. Weil sein Denken seine Aufgabe
nicht mehr erfüllt: Die Erscheinungen der Welt in der Wahrheit
zusammenzuführen, im Logos, der in allen Dingen steckt, den aber nur der
Hörende vernimmt.
Die Genderisierung der Sprache - wie
es letztlich auch Untersberger macht - mit utilitaristischen Argumenten
zu verweigern, ist deshalb nicht nur ungeistig-primitiv (und selbst
objektivistisch), sondern völlig ungeeignet, weil die Umständlichkeit
des "Genderns" nur als Ausdruck seiner Wesensfremdheit zur Sprache
selbst von aussagender Bedeutung ist. (Und Beispiele gibt es ja
genügend, daß die Gendersprache das gesamte Sprachgefüge, ihre
Aussagekraft, entscheidend deformiert und auflöst.) Künstliche Begriffe wie das Gendern einfordert, zerreißen nur das Gewebe der Sprache, und daß die "Ökonomie" der Sprache verloren geht, zeigt das nur an: sie lösen die Sprache generell auf.
Es
stimmt auch keineswegs zu behaupten, daß die maskulinen Formen für
allgemeine Begriffe (genauso aber, wie feminine!) aussagelose, neutrale
Plurale wären. Das sind sie nicht, sie sind sehr wohl Aussagen über die
Natur und das Wesen ("ousia", "essentia", am besten mit "wesen",
kleingeschrieben, übersetzt) des mit einem Wort Bezeichneten (Scheler
nennt Worte einmal "Zeigestäbe auf Wesenheiten"), der Idee die in einem
Ding steckt. Und der Haltung, die eine Kultur dieser Idee und seiner im
Konkreten vorgefundenen Wirklichkeit (die nur durch die Idee überhaupt
erkennbar wird) gegenüber einnimmt, wie sie ihr begegnet, wie sie sie
rezipiert, und vor allem: über gar nicht absehbare Zeiten begegnet IST.
Bis zum letzten Grund der Worte, als Symbolon, als Bild, als Wirkbild, das für sich steht, und von der Menschheit als Ganzes wieder und wieder gebraucht, angeschmiegt, verwendet und für zutreffend befunden wurde. Diesen Bildern haben wir zuzuhören, sie gehen uns voraus - nicht wir "machen" sie. Wer die Welt im Geist erfassen will, der gehe den Worten nach! Sie sind das Fundament, auf dem wir auch heute stehen.
Bis zum letzten Grund der Worte, als Symbolon, als Bild, als Wirkbild, das für sich steht, und von der Menschheit als Ganzes wieder und wieder gebraucht, angeschmiegt, verwendet und für zutreffend befunden wurde. Diesen Bildern haben wir zuzuhören, sie gehen uns voraus - nicht wir "machen" sie. Wer die Welt im Geist erfassen will, der gehe den Worten nach! Sie sind das Fundament, auf dem wir auch heute stehen.
In
der Sprachtradition - einem dicht gewobenen Netz vergleichbar, in dem ein Faden den anderen trägt und quert - also erhält sich die Weisheit, ja die Welt der Menschheit, die
zu ergründen jedem auferlegt ist. Zahllose Generationen und historische
Epochen haben an diesen Wortwerden mitgewirkt, und immer waren es die
Menschen selbst, die auch diese komplexe Wirklichkeit der Worte
verwendeten, in ihrem Erkennen wandelten, und neuerlich weitergaben. Wer
die Sprache willkürlich ändert, behauptet also von sich, daß diese
Weisheit nicht nur obsolet ist (und die Vorvorderen dumm und unmündig
waren), sondern daß er sie endgültig übertrifft. Und schon diese hochmütige, ja dumme
Haltung alleine ist an sich weisheitsfeindlich, konkret stammt sie aus
dem objektivistischen Denken der Gegenwart, und nicht zufällig ist
solches Sprachdekretieren typisches Merkmal von Diktaturen.
2. Teil in einer Woche: Sprache und Erkenntnis
*Ohne diese allgemeine Idee hinter den Dingen, ohne allgemeines
Wesensbild, wäre kein Ding erkennbar, gäbe es kein Erkennen, und keine sinnvolle
Sprache.
*041112*