Teil 2) Einfügen in die Lebenswelt
Dabei
stellte Jean de Brébeuf fest, daß die Sprache der Huronen viele Begriffe nicht
kannte, die aber für ein Verständnis des Glaubens unumgänglich waren.
Die Franziskaner zuvor hatten dies dadurch "gelöst", also sie die
fehlenden Begriffe durch englische oder lateinische Wörter einführen
wollten, was natürlich ohne jeden Erfolg blieb. Brébeuf verfaßte
hingegen nicht nur in jahrelanger Arbeit eine Grammatik des Huronischen,
sondern versuchte, das in diesen notwendigen Begriffen erfaßte in
Huronisch zu umschreiben.
So
kannten die Huronen die Begriffe Vater oder Mutter oder Bruder etc.
nicht. Obwohl ihre Sprache in vielerlei Hinsicht durchaus komplex und
vollständig war (Fälle, Geschlecht etc.) kannten sie diese Beziehungen
nur, wenn sie in Verbindung mit einem Possessivpronomen vorkamen, also:
Mein, Dein, etc. So konnten sie aber schon mit dem Kreuzzeichen "Im
Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes" nichts anfangen!
Brébeuf dachte lange nach, und suchte schließlich bei den Ordensoberen
in Frankreich um die Genehmigung der Formel "Im Namen unseres Vaters und
seines Sohnes und ihres Heiligen Geistes" an. Was theologisch subtil
und wahr ist, und ihm auch gewährt wurde.
Die
Jesuiten in der Mission waren intellektuelle Giganten, hoch gebildet
und kultiviert. Doch sie nahmen auf sich, sich in primitivste
Gesellschaften zu integrieren, und die Wahrheit des Glaubens vollgültig
und wahr in die einfachen Verhältnisse zu transformieren. Brébeuf erhält
bald unter den Huronen den Spitznamen "Der Mann, der alles trägt". Sie
akzeptieren und mögen ihn, aber dennoch muß er ständig damit rechnen,
daß sie ihn umbringen.
Das Martyrium
Mitte
der 1640er Jahre bricht der "Biberkrieg" aus. Die südlichen
Irokesenstämme dringen in die Bibergründe der großen Seen im Norden ein,
und machen den Huronen eine ihrer Lebensgrundlagen streitig. Am 16. März
1649 haben Pater Brébeuf und sein junger Mitbruder Lalement gerade die Messe
fertig gelesen, als die Irokesen auch das Huronendorf überfallen, in dem
die Jesuiten leben. Und deren Bewohner großteils bereits christianisiert
sind. Alle werden gefangen genommen. Die meisten Huronenchristen werden auf der
Stelle abgeschlachtet, ihre Schädel mit Tomahawks gespalten, ihre Kehlen
durchgeschnitten. Alte, Kranke, Kinder, Frauen werden in Langhäuser
getrieben und diese angezündet, sie verbrennen bei lebendigem Leib.
Brébeuf
und Lalement werden wie die noch verbliebenen Huronenchristen gefesselt
und in das Nachbardorf St. Ignatius (alles in Ontario, an der Ostseite
des Lake Huron/Huronsees) getrieben, das die Irokesen bereits zuvor geplündert
und niedergemacht hatten.
Es
gibt Berichte von den nun folgenden Ereignissen durch später entflohene Huronen, die es
bis zur Jesuitenmission schafften. Der Jesuit Christophe
Regnault ging daraufhin an den Ort des Todes der beiden Mitbrüder
zurück, und fand deren Überreste und die Spuren der Ereignisse so, wie
es berichtet worden war. Sein Bericht geht wie so viele andere Berichte sofort nach Frankreich.
Die
Jesuitenpater werden zwar als das besondere Objekt der Folter angesehen, gemartert werden aber alle gefangenen Huronenchristen.
Die mit dem rituellen "Gassenlauf" beginnt. Einem Spießrutenlauf, wo die Opfer von den eine Gasse bildenden Indianern (in der Mehrheit Mohawks, aber
auch andere Stämme aus der "Allianz der sechs") mit allem geschlagen
werden, was denen in die Hände kommt. Bleiben sie stehen, werden sie
totgeschlagen. Zusammen mit den Huronenchristen, reißt man den Patres
die Kleider vom Leibe und schickt sie in die Gasse. Mit Müh und Not
überstehen die Jesuiten diesen ersten Durchgang.
Währenddessen
haben andere Mohawks und Algonkins und Seneca bereits Wälle aus
Feuerholz und Ästen rund um die Marterpfähle aufgerichtet und entzündet.
Zunächst aber werden die Jesuiten mit den Huronenchristen gemeinsam in
eine kleine Hütte gesperrt, die einmal als Kapelle hergerichtet hätte
werden sollen. Die Christen trösten einander, die Priester erteilen
allen nacheinander die Absolution. Schließlich holt man Brébeuf und die Huronen zur Marter.
Im nun beginnenden nächsten Durchgang
(die Irokesen sind berühmt dafür, daß sie Marteropfer nur soweit
quälen, als sich diese wieder erholen, so daß die Qualen über Tage
gestreckt werden können) werden den Gefangenen
die Finger gebrochen. Dann werden alle Fingernägel herausgezogen, und alte
Frauen und Kinder kommen und nagen an den Enden der Finger. Dann wird Brébeuf allen voran an den Marterpfahl
gestellt und daran gefesselt. Als der Pater an seinem Pfahl herantritt,
küßt er ihn.
Zunächst
legen die Indianer Glutnester um seine Füße, und fahren ihm mit
brennenden Fackeln am Körper langsam hinauf und hinunter. Besonders
langsam sind sie zwischen seinen Beinen, in den Achselhöhlen, und um den Hals. Das Fleisch des Heiligen beginnt
bereits Blasen zu bilden. Aber er gibt keinen Laut von sich. Das
beeindruckt sichtlich die Peiniger. Deshalb beginnen sie, ihm mit ihren
Messern tiefe Fleischwunden zuzufügen.
Während
aller dieser Torturen wendet sich Brébeuf immer wieder an seine
Mitbrüder, die mit ihm gemartert werden, und tröstet sie: Meine Söhne,
sagt er, meine lieben Brüder, laßt uns in unserer Bedrängnis die Augen
zum Himmel heben! Laßt uns nicht vergessen, daß Gott Zeuge unserer
Leiden ist, und schon bald wird er unsere alles übertreffende Belohnung
sein. Laßt uns im Glauben sterben, laßt uns auf ihn und auf die
Erfüllung seiner Verheißungen hoffen. Ich habe um euch mehr Sorge als um
mich. Bleibt fest, am Ende unserer Leiden erwartet uns die Fülle der
Gnade, und die Glückseligkeit wird ewig währen.
Morgen Teil 3)
*190418*