Auch in Zukunft wird die Gewalt ein Teil unseres Lebens sein. Davon wissen Menschen, die mit der Gewalt leben müssen, mehr als Menschen, die nur den Frieden kennen. Der Glaube an die heilende Kraft der Zivilisation ist eine Illusion.
Nicht aus Friedfertigkeit, sondern aus Furcht sehnen sich die Menschen nach Sicherheit und Ordnung. Denn der Tod ist das Ende von allem. Der Mensch aber will überleben, und deshalb ist die Gewalt eine Erfahrung, die Ordnung stiftet. Jeder weiß um die Präsenz der Gewalt und die Verletzungsoffenheit des Menschen.
Deshalb kommt die Ordnung aus der Einsicht, daß die Gewalt niemals verschwinden wird und dennoch gebannt werden muß. Eine deprimierende Einsicht, zweifellos, aber wenn man begriffen hat, daß Gewalt nicht aus der Welt zu schaffen ist, wird man auch Vorkehrungen treffen können, sie einzuhegen. Für den Träumer, der den ewigen Frieden herbeisehnt, ist die Erkenntnis enttäuschend, für den Realisten ist sie ein Trost.
Jörg Baberowski in "Räume der Gewalt"
*030418*