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Donnerstag, 7. April 2011

Hast mi?

Das Entscheidende im Erzählen ist der Punkt, auf den das Leben gebracht wird. Erzählen selbst, als Literatur, als Kunst, ist dabei nichts als das Leben selbst auf seinen Punkt gebracht: als Panorama der Selbstdarstellung des Seins, das sich dem Erkennenden darbietet, um so, im Erkennen, eins zu werden.

Die Entwicklung der Literatur - vorausgesetzt, sie entwickelt sich, denn auch das Gegenteil ist möglich: ein Stoff kann auch von der Darstellung zur Mitteilung degenerieren - von all den Vorformen des Erzählens her, die bereits mehr als bloße Mitteilungen sind, ist damit eine Entwicklung hin zu einem immer pointierteren Herausarbeiten dieses einen Punktes. Über alle Geselligkeitsfunktion hinauszutreten, die diese Vorformen - Mythe, Sage, Märchen, Legende, Kasus, Witz, Memorabile - noch haben. (Was im übrigen - Robert Petsch weist es in "Wesen und Formen der Erzählkunst" so schön auf - in Redewendungen wie "Hast mi?", "Verstehst mich?", "Nicht wahr?" etc. so präsent ist.) Und die ohne die Person des Erzählers noch nicht auskommen: die seine Mimik, Gestik, sein Person- und Beteiligtsein brauchen. Erst wenn der Erzähler beginnt, sich wirklich auf die Form zu konzentrieren, sie mehr und mehr zur Trägerin zu machen, durch Rhythmik, durch Gestaltung, beginnt Kunst: als von einem Zentrum her geordnete, gedeutete, und daraus belebte, geschaffene Welt. Nur so wird Welt verstehbar, wenn auch nicht rationalistisch durchdringbar.

So aber finden wir sie ins Allgemeine aufgestiegen, und losgelöst vom Erzähler, für sich seiend, eben "etwas". Weil das Erzählte in der Darstellung eine abgeschlossene Welt, ein Ding IST, und für den Hörer oder Leser abrufbar macht. Wo die auf ein Medium reduzierte, eingedickte Form den Inhalt wirklich trägt. Ins Allgemeine, wohin überhaupt der Mensch im Geist drängt, denn von dort stammt er. Und das ist Sprechen, das ist Erzählen als Darstellen dieses Prinzipiellen, der Quelle des Lebens.

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